"Hat mich einfach erwischt": Verstappen mit unüblichem Patzer
Max Verstappen kämpfte in Silverstone mit seinem Auto und leistete sich einen unüblichen Fehler - War der Heckflügel die falsche Wahl?
(Motorsport-Total.com) - Das war nicht Max Verstappens Tag. Der viermalige Weltmeister erlebte in Silverstone ein Rennen zum Vergessen, betrieb mit Platz fünf aber noch Schadensbegrenzung. "Rückblickend war das wahrscheinlich das Beste, was wir unter diesen Umständen erreichen konnten, mit all dem, was im Rennen passiert ist", sagt er.
Dabei ging das Rennen für ihn eigentlich gut los. Verstappen münzte seine Poleposition in die Führung um und schien mit den Intermediates auf das richtige Pferd gesetzt zu haben, da die Fahrer, die zum Start mit Slicks gepokert haben, immer weiter zurückfielen.
Dennoch hatte er Probleme, die McLaren hinter ihm in Schach zu halten. "Ab Runde eins war es sehr schwierig", sagt er. "Die Balance im Auto war zwischen High-Speed- und Low-Speed-Kurven einfach extrem schwer zu finden. Ich habe nie ein gutes Gleichgewicht hinbekommen."
"Auch auf den Inters haben wir die Reifen zu stark abgebaut - vor allem im Vergleich zu McLaren, die wieder auf einem ganz anderen Level unterwegs waren", so Verstappen, der sowohl Oscar Piastri als auch Lando Norris ziehen lassen musste, Norris aber zumindest aufgrund eines besseren Boxenstopps wieder überholen konnte.
Heckflügel-Wahl hilft nicht
Es zeigte sich: Red Bulls Wahl des flachen Heckflügels zahlte sich am Sonntag nicht aus. Das Team war am Samstag mit wenig Abtrieb gefahren und musste dafür im Rennen büßen. Je schwieriger die Bedingungen wurden, desto mehr hatte auch Verstappen mit seinem Auto zu kämpfen. Mehrfach rutschte er auf der Strecke und geriet auch einmal neben die Strecke.
"Hier gibt es einige sehr schnelle und mittelschnelle Kurven und wenn du nicht genug Anpressdruck auf dem Auto hast, macht das alles noch komplizierter", sagt Teamchef Christian Horner.
"Der Heckflügel hat die Sache definitiv deutlich komplizierter gemacht", bestätigt auch Verstappen. "Die Wettervorhersage hat sich über Nacht einfach stark geändert. Bis gestern hieß es noch, dass das Wetter besser wird - also vielleicht etwas Regen am Morgen, aber danach trocken. Und dann hat sich das letzte Nacht plötzlich zu stärkerem Regen entwickelt."
Stella: Liegt nicht nur am Heckflügel
McLaren-Teamchef Andrea Stella glaubt hingegen nicht, dass der Heckflügel allein ein Grund ist, ob man im Nassen besser oder schlechter performt. "Es geht auch darum, wie man die Reifen nutzt, wie man die Reifentemperaturen stabil hält."
"Wenn man sich unsere Pace zu bestimmten Zeitpunkten anschaut - wir waren mehr als eine Sekunde schneller -, dann lag das sicher nicht nur am Heckflügel. Das hat viel mehr damit zu tun, wie man die Reifen einsetzt", so der Teamchef.
Doch McLaren war am Sonntag für Verstappen ohnehin kein Gegner. Er glaubt, dass McLaren auch bei einem trockenen Rennen nur schwer zu schlagen gewesen wäre, doch im Nassen habe er mit seinem Set-up überhaupt keine Chance gehabt. "Aber selbst wenn wir etwas mehr Abtrieb gehabt hätten - gegen McLaren hätten wir heute auf keinen Fall kämpfen können."
Verstappen mit Dreher bei Safety-Car-Neustart
Und dann kam der entscheidende Moment, an dem Verstappens Tag komplett den Bach runterging: Beim Safety-Car-Restart in Runde 21 drehte sich der Niederländer ausgangs der Stowe-Kurve, als Piastri gerade das Tempo anzog, und fiel bis auf den neunten Platz zurück.
Verstappen erklärt: "Ich habe einfach versucht, aufs Gas zu gehen, aber das Auto war schon das ganze Rennen über schwer zu fahren. Ich habe versucht, einen guten Rhythmus zu finden, aber es hat mich auf kalten Reifen einfach erwischt."
Kurz zuvor hatte es eine kontroverse Szene mit Piastri gegeben, als dieser auf der Hangar-Geraden gebremst hatte und Verstappen auf dem falschen Fuß erwischt wurde und am McLaren vorbeizog - dafür wurde Piastri auch mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt. Doch damit hatte sein Dreher nichts zu tun, verneint Verstappen.
Danach hing der Weltmeister im Mittelfeld fest und musste mit Autos wie Williams und Aston Martin kämpfen, womit er sich überraschend schwertat. "Ich hatte nicht wirklich die Pace, um nach vorne zu kommen", hadert er. "Das war etwas besorgniserregend."
Doch es gab auch positive Dinge am heutigen Sonntag, betont er: "Wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen, sind ruhig geblieben und so lange wie möglich auf den Inters draußen geblieben." So konnte er am Ende zumindest noch Rang fünf holen.
Verstappen: Schlechter Tag mir mittlerweile egal
Doch der interessiert ihn eigentlich nicht groß. In einem Interview mit Sky nach dem Rennen wurde das deutlich. Wie frustrierend so ein Rennen wie heute sei, wird er gefragt. Seine Antwort: "Es gehört dazu. Wir kämpfen sowieso nicht für die Meisterschaft, sondern es ist egal."
Reporterin Sandra Baumgartner entgegnet, dass es nicht egal ist, doch Verstappen unterbricht: "Für mich jetzt schon."
Ex-Pilot Ralf Schumacher kann das nachvollziehen: "Das Auto war halt einfach für diese Bedingungen nicht optimal", sagt er. "Er muss immer ein Kompromiss gehen und mit seinem Talent schafft er es irgendwie. Aber das Auto ist einfach zu langsam. Und gegen Windmühlen ankämpfen macht als Fahrer keinen Spaß."
"Seine Antworten waren zwar kurz, aber immer noch sehr galant für den mehrfachen Weltmeister, der so enttäuscht ist", so der Deutsche, der glaubt, dass er sich gedanklich "noch ein Stück weit entfernt hat", auch wenn der Samstag gut lief. "Ihm tut es zwar weh, aber ich glaube, er muss mehr und mehr realisieren, dass das Auto einfach nicht da ist, wo es sein soll."
Oder um es mit Verstappens Worten auszudrücken: "Die Upgrades funktionieren, aber das reicht einfach nicht. Und das wissen wir."