Esteban Ocon: Haas' Topspeed-Defizit im Qualifying größer als im Rennen

(Motorsport-Total.com) - Haas konnte beim Formel-1-Rennen in Kanada erneut einen wichtigen Erfolg erzielen und Konkurrent Racing Bulls in der Meisterschaft wieder überholen. Dank des neunten Platzes von Esteban Ocon liegt der amerikanische Rennstall jetzt wieder auf Platz sechs in der Konstrukteurs-WM.

Der Franzose konnte die Strategie von Haas in Montreal perfekt umsetzen und wurde belohnt. Ocon hatte einen langen ersten Stint auf harten Reifen absolviert und war erst in Runde 58 von 70 zum Boxenstopp gekommen.

Dabei hatte er in freier Fahrt so viel Vorsprung herausgefahren, dass er vor dem Alpine von Franco Colapinto auf Rang zehn wieder auf die Strecke kam, bevor er später noch eine Position von Lando Norris geschenkt bekam.

"Das war eine perfekte Ausführung", lobt er das Team. "Ich hatte freie Strecke vor mir. Es war klar, dass es gut aussah - ich konnte konstant gute Rundenzeiten fahren und von Runde zu Runde Kleinigkeiten im Fahrverhalten verbessern. Man weiß nie, wo man nach dem Boxenstopp rauskommt, aber als ich reinkam und sah, wo ich war, dachte ich: Ja, das war ein guter Stint."

Ocon betont, dass er das Potenzial des Autos am Sonntag ausschöpfen konnte, auch wenn er zu Beginn auf den harten Reifen etwas kämpfen musste. "Wir mussten gleichzeitig auch die Reifen im Blick behalten, und das ist nicht leicht", meint er.

"Trotzdem haben wir es geschafft und ich bin sehr zufrieden, dass wir zwei Punkte holen konnten. Was auch sehr positiv ist: Die Rennpace war sehr stark - so stark wie die der Williams oder sogar besser. Wir müssen jetzt noch etwas an unserer Ein-Runden-Pace arbeiten, denn im Rennen sind wir deutlich stärker als im Qualifying."

Das war auch in Kanada der Fall. Zwar hatten Ocon und Teamkollege Oliver Bearman beide Q1 überstanden, in Q2 waren sie jedoch Letzter geworden.

Probleme mit dem Speed

Vor allem auf den langen Geraden würde Haas dort eine Menge verlieren: "Es sieht so aus, als würden die anderen auf den Geraden etwas anderes verwenden. Vor allem im Qualifying sind die anderen auf den Geraden deutlich schneller, und genau dort verlieren wir", sagt Ocon.

"Im Renntrimm verschwindet dieser Unterschied - oder wird zumindest kleiner. Ganz verschwindet er nicht, aber er verringert sich, und wir kommen näher ran. Wir müssen definitiv an der Qualifying-Pace arbeiten, aber im Rennen sind wir deutlich stärker als auf eine Runde."

Ocons Glück: Er war im Rennen nicht darauf angewiesen, Konkurrenten mit seinem schlechten Topspeed zu überholen. Stattdessen fuhr er konstant seine Runden in freier Fahrt und kam nach dem Wechsel auf Mediums vor der Konkurrenz wieder auf die Strecke zurück.

Der Lohn war am Ende Rang neun und zwei wichtige Punkte im Kampf um WM-Platz sechs. Wenig überraschend ist die Stimmung im Team laut Ocon sehr gut. "Alle arbeiten hart, und alle freuen sich sehr, wenn wir ein gutes Ergebnis einfahren wie heute", meint er. "Es macht Spaß, mit dem Team zu arbeiten, und wir bauen eine immer engere Beziehung auf."

"Sie wissen, was ich brauche, und ich weiß, was sie von mir erwarten. Es läuft gut."

Schlechte Trainings etwas beunruhigend

Für den Franzosen war Kanada die vierte Top-10-Platzierung in dieser Saison. Dabei sah es am Freitag noch so aus, als würde Haas starke Probleme in Montreal haben. Doch das ist ein Trend, den man in dieser Saison schon häufiger beobachten konnte.

"Ehrlich gesagt ist es etwas beunruhigend", meint Ocon. "Wenn wir ins Wochenende starten und so weit hinten sind, ist unklar, warum das so ist. Aber was sicher ist: Dieses Wochenende haben wir das Auto Schritt für Schritt in jeder Session verbessert. Wir sind also in die richtige Richtung gegangen."

An den Simulations-Tools soll das übrigens nicht liegen: "Nein, wir haben uns gut im Simulator vorbereitet, auch mit dem Team", winkt er ab. "Das Auto fühlte sich in FT1 ziemlich gut an. Aber je weiter das Wochenende fortschreitet, desto besser wird die Performance. Das müssen wir uns auf jeden Fall noch genauer anschauen."