Kimi Antonelli selbstkritisch: "Wenn du nicht performst, fressen dich die Haie!"
Hinter Mercedes-Youngster Kimi Antonelli liegen harte Wochen: Der 18-Jährige blieb dreimal punktelos - Wie er die Situation sieht und wer "sein Fels in der Brandung" ist
(Motorsport-Total.com) - Schwierige Zeiten für Kimi Antonelli: Der Mercedes-Youngster hatte in den ersten neun Formel-1-Rennen seiner jungen Karriere zwar einige Höhepunkte erzielt, wie die Sprint-Pole in Miami, musste zuletzt aber auch drei Nullnummern in Folge verkraften. Jetzt zeigt sich der 18-Jährige selbstkritisch.
"In der Formel 1 ist es, als wäre man von Haien umgeben - wenn man nicht liefert, wird man gefressen", weiß Antonelli, der nach seinen ersten Rennen allerdings auch zugibt, dass er bislang keinen Anlass sieht, sich "von den anderen Fahrern einschüchtern zu lassen".
"Natürlich ist es großartig, in der Formel 1 gegen die besten 19 Fahrer der Welt anzutreten. Einige von ihnen haben Motorsport-Geschichte geschrieben. Als Fahrer, auch wenn ich Rookie bin, ist es spannend, gegen solche Kaliber anzutreten. Es ist eine Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten zu testen, sich selbst herauszufordern und zu sehen, was man leisten kann."
Das Problem: Zuletzt konnte der Italiener nur wenig leisten, erzielte dreimal in Folge keine Punkte, allerdings nicht immer selbst verschuldet. In Italien und Spanien musste er seinen Mercedes wegen eines technischen Defekts vorzeitig abstellen.
"Zum ersten Mal wirklich schwierige Momente"
"Es war tatsächlich ein ziemlich schwieriger Triple-Header für mich, vor allem, weil ich leistungsmäßig nicht besonders gut abgeschnitten habe und wir zusätzlich ein paar Probleme hatten", lässt der 18-Jährige die vergangenen Wochen noch einmal Revue passieren.
"Zum ersten Mal habe ich wirklich schwierige Momente erlebt: Die Performance war nicht da, das Vertrauen fehlte, ich hatte Probleme mit dem Reifen", sagt er selbstkritisch. "Das war eine wichtige Lektion, und ich weiß jetzt viel besser, wie ich in Zukunft damit umgehen kann."
Dabei spielt auch eine Rolle, dass er eine hilfreiche Unterstützung an seiner Seite hat: "Mein Vater ist für mich ein Fels in der Brandung. Er ist ein ganz wichtiger Rückhalt", spricht Antonelli über seinen Vater Marco. "Er hat mir von klein auf alles beigebracht, schon im Kartsport."
Sein Vater helfe ihm dabei, fokussiert zu bleiben. "Wir sprechen eigentlich über alles", verrät der 18-Jährige. "Wir schauen gemeinsam Onboard-Aufnahmen an und analysieren vieles, um ein besseres Verständnis zu bekommen und uns gezielt auf die nächste Session vorzubereiten."
Imola-Heimspiel "definitiv nicht optimal gemanagt"
"Ich finde es sehr wichtig, jemanden wie ihn an der Strecke zu haben - gerade jetzt, in meiner ersten Formel-1-Saison, die eine völlig neue Welt ist: extrem intensiv und zugleich auch sehr herausfordernd. Die letzten drei Wochenenden waren mental wirklich nicht leicht."
"Insgesamt war es aber dennoch ein großer Lernprozess für mich, besonders im Hinblick darauf, wie man mit besonders vollen Wochenenden umgeht." Was Antonelli meint: Beim Heimspiel in Imola hatte er Besuch von seiner Schulklasse, besuchte vorher noch ein Fußballspiel seiner Heimmannschaft FC Bologna.
Aber das war etwas zu viel des Ganzen. "Imola war in dieser Hinsicht unglaublich intensiv, und dann noch vor heimischem Publikum - ich habe das definitiv nicht optimal gemanagt", gibt er zu. "Insgesamt war es also ziemlich hart und nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte."
Die Pause zwischen Barcelona und Kanada kam dem Mercedes-Piloten deshalb sehr recht. "In der freien Woche war ich ein paar Tage im Werk, habe Simulatorarbeit gemacht und versucht, den C6-Reifen besser zu analysieren - zu verstehen, wann ich gut mit ihm zurechtkam und warum, und wann es schlecht lief und woran das lag."
Reifen bereiten Antonelli noch Probleme
Der Mercedes-Pilot gibt zu, dass er zuletzt große Schwierigkeiten damit hatte, eine konstante Performance mit dem Reifen zu finden. "Der C6 ist extrem empfindlich, es ist sehr schwierig, ihn schon auf der Outlap ins richtige Fenster zu bringen. Damit habe ich wirklich gekämpft."
Formel-1-Quiz
Welches Team hat in der Formel 1 die höchste Siegquote bei mindestens 20 Starts?
Teste Dich jetzt im Formel-1-Quiz und vergleiche Dich mit anderen Usern
Entsprechend schaffte es Antonelli in Imola, wo der C6-Reifen erstmals in dieser Saison zum Einsatz kam, im Qualifying nur auf den 13. Startplatz. "In FP3 waren wir vorne dabei, und dann habe ich im Qualifying plötzlich fünf oder sechs Zehntel gegenüber FP3 verloren."
Weil es der 18-Jährige nicht geschafft hatte, den Reifen in das richtige Betriebsfenster zu bringen, habe schlussendlich auch das Vertrauen gelitten. Zwar kam der C6-Reifen in Spanien nicht zum Einsatz, doch mit dem sechsten Startplatz erzielte Antonelli dort ein gutes Ergebnis.
"Aber auch dort hat es zu lange gedauert, bis ich im Rhythmus war, was sicher auch daran lag, dass ich in den beiden Rennen zuvor jeweils sehr schwierige Qualifyings hatte", grübelt der Italiener. Und ausgerechnet jetzt, wo Antonelli wieder Vertrauen gefunden hat, folgt Montreal.
Neue Strecke, neue Chance: Montreal als Wendepunkt?
Eine völlig andere Strecke, mit dichtstehenden Mauern, vielen langsamen Kurven und recht kühlen Bedingungen. "Ich habe gezielt daran gearbeitet, ein besseres Verständnis zu entwickeln, um speziell an diesem Wochenende besser reagieren zu können."
"Wir brauchen auf jeden Fall ein konstantes Wochenende, das ist klar", weiß der Mercedes-Youngster. Hoffnung macht ihm zum einen, dass sein Team auch im vergangenen Jahr in Kanada stark war und das Wetter dem W16 entgegenkommen sollte.
Andrea Kimi Antonelli: Sein Weg in die Formel 1
2019 nimmt Mercedes mit Andrea Kimi Antonelli einen Teenager unter Vertrag und in sein Nachwuchsprogramm auf. Der Italiener ist gerade mal 13 Jahre alt und zunächst noch einige Saisons lang im Kartsport aktiv, das aber sehr erfolgreich: Antonelli wird mehrfach Europameister. Erst mit 16 ... Fotostrecke
"Generell funktioniert unser Auto bei kühleren Bedingungen besser", erklärt Antonelli. Nichtsdestotrotz sei es wichtig, das richtige Fenster beim Set-up zu finden, weil die Autos sehr empfindlich sind und das einen riesigen Unterschied machen könne.
"Deshalb wird es entscheidend sein, die richtige Richtung im Set-up zu finden, um sich über das Wochenende hinweg steigern zu können", weiß der Mercedes-Pilot. "Ich habe volles Vertrauen in das Team, denn sie machen einen großartigen Job und sie versuchen wirklich, das bestmögliche Auto auf die Strecke zu bringen."
"Jetzt liegt es an mir, meinen Teil beizutragen", unterstreicht Antonelli, der alles daran setzten wird, nach drei Nullnummern in Folge endlich wieder in die Punkte zu kommen und zu verhindern, ein weiteres Mal von den Haien der Formel 1 gefressen zu werden.