Wieder Colapinto-Fans: Anfeindungen gegen Tsunoda nach Trainingsvorfall
Franco Colapintos Fans schreiben in Imola wieder Negativschlagzeilen, sodass selbst Alpine und die FIA reagieren müssen - Comeback-Rennen verläuft unglücklich
(Motorsport-Total.com) - Ein Crash, ein taktisch unglücklich verlaufenes Rennen und erneut eine Fan-Kontroverse - das ist die Bilanz von Franco Colapintos erstem Einsatz als Ersatzmann von Jack Doohan bei Alpine. Nachdem der Argentinier im Qualifying seinen Boliden zerlegt hatte und auf Rang 15 starten musste, gab es auch im Rennen für ihn nichts zu holen: Er wurde 16.
"Das Ziel war heute, ins Ziel zu kommen", sagt er nach dem Rennen. "Von da, wo wir gestartet sind, Punkte zu holen, war kompliziert, aber wir haben unser Bestes gegeben."
Punkte waren aber spätestens mit dem unglücklich getimten virtuellen Safety-Car für Alpine außer Reichweite, denn Colapinto war in Runde 22 zum ersten Mal an die Box gekommen - sechs Runden, bevor das Rennen vorübergehend neutralisiert worden war.
Eigentlich hatte der Rückkehrer eine Einstopp-Strategie geplant und wollte auf seinen harten Reifen zu Ende fahren, doch das VSC "hat mir mein Rennen ein bisschen kaputtgemacht", wie er sagt. Bis zu seinem Stopp hatte er auf Rang neun gelegen und einen deutlich längeren ersten Medium-Stint als die meisten Konkurrenten absolviert - damit wollte er sich einen Stopp sparen.
Nach der VSC-Phase lag er jedoch nur noch auf Rang 16 und stoppte wenig später unter dem echten Safety-Car ein weiteres Mal - da war das Rennen aber schon verloren. Die Schlussphase verbrachte er dann hinter Lance Stroll und fand keinen Weg vorbei.
"Ich habe versucht zu überholen, aber er war auf der Geraden sehr schnell. Ich war drei Zehntel hinter ihm auf Start-Ziel und konnte trotzdem nicht näher rankommen. Das ist im Rennen immer ein Problem für uns", hadert Colapinto, der sich dann aufgrund drohender Überhitzung zurückfallen lassen musste.
Zufrieden mit Formel-1-Comeback
Und obwohl Colapinto nichts Zählbares mitnahm, bewertet er den Tag dennoch positiv: "In jeder Session, eigentlich bei jeder Runde, habe ich mich im Auto ein bisschen wohler gefühlt", sagt er. "Ich bin auch ein bisschen näher an Pierre [Gasly] herangekommen, der im Team so ein bisschen die Referenz ist. Genau das war mein Ziel."
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Esteban Ocon (Marc Surer: 5) - "Da lief einfach nichts an diesem Wochenende." Fotostrecke
"Jedes Mal, wenn ich mir die Daten angesehen habe, ging es darum, das Auto besser zu verstehen, wie er fährt. Es ist ein kompliziertes Auto zu fahren - sehr anders als der Williams, an den ich gewöhnt war", meint er und sagt, dass er wie Carlos Sainz und Lewis Hamilton ebenfalls über Eingewöhnungsschwierigkeiten klaren darf.
Aber er sagt: "Ich bin sicher, die Rennen werden besser."
Colapinto-Fans: Hassnachrichten gegen Tsunoda
Abseits des sportlichen Geschehens sorgten aber Fans des Argentiniers erneut für unschöne und unnötige Geschichten. Dass argentinische Fans sehr leidenschaftlich sein können, haben sie im vergangenen Jahr schon gezeigt - doch wieder einmal schossen in Imola einige über das Ziel hinaus.
Erneut wurde ein Fahrerkollege von Colapinto in den sozialen Medien Opfer von Hassnachrichten und Bedrohungen - diesmal waren diese gegen Red-Bull-Pilot Yuki Tsunoda gerichtet.
Ausgangspunkt war dabei eine Szene im ersten Freien Training (!), die eigentlich nicht der Rede wert gewesen wäre. Colapinto hatte im Training mehrfach Konkurrenten im Weg gestanden, so auch Tsunoda, der sich wild gestikulierend beim Alpine-Piloten beschwert hatte.
Das rief Fans des Argentiniers auf den Plan, die auf Tsunodas Instagram-Kanal reichlich Ärger - und rassistische Kommentare - abluden.
Alpine und FIA mit Statement
Colapinto musste seine Anhänger zur Räson bringen und erklärte nach dem Qualifying, dass Tsunoda zurecht verärgert war. Nach dem Wochenende schalteten sich nun auch das Alpine-Team und die FIA ein.
"Als Formel-1-Team sehen wir uns als Teil eines globalen Sports, der große Leidenschaft und Emotionen weckt - mit einer stetig wachsenden Fangemeinde, die jeden Schritt ihrer Lieblingsfahrer mit Begeisterung verfolgt - sei es ein mutiges Überholmanöver auf der Strecke oder der Stil, mit dem sie im Fahrerlager ankommen", heißt es seitens Alpine.
"Dabei sollte jeder bedenken, dass sich hinter dem Visier dieser scheinbar übermenschlichen Athleten ein Mensch verbirgt - mit Gefühlen, Familie, Freunden und geliebten Menschen. Als Team verurteilen wir jede Form von Online-Missbrauch und appellieren an alle Fans dieses großartigen Sports: Seid freundlich und respektvoll."
Unterstützung kommt auch von FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem, der bereits eine Initiative gegen Online-Hass ins Leben gerufen hat. "Motorsport basiert auf Wettbewerb, Leidenschaft und Hingabe. Jede Fahrt auf die Strecke steht für genau diese Werte", so der FIA-Chef.
"Die Leidenschaft und Begeisterung, die wir für unseren Sport empfinden, sollte uns verbinden - und niemals in Hass oder Missbrauch umschlagen. Ich stehe voll hinter Yuki Tsunoda und Franco Colapinto und danke ihnen, dass sie sich offen gegen das zunehmende Problem des Online-Missbrauchs im Motorsport äußern."
Fake-Post bringt Doohan-Familie in Bedrängnis
Tsunoda war aber nicht der einzige Fahrer, der von Colapintos Fans belästigt wurde, auch dessen Vorgänger Jack Doohan sah sich gezwungen, die Fans darum zu bitten, ihn und seine Familie nicht mehr zu belästigen.
Hintergrund war eine vermeintliche Instagram-Story von Doohans Vater Mick, der ein Screenshot von Colapintos Qualifying-Unfall mit dem Kommentar "sehr beeindruckend" mit drei lachenden Emojis gepostet haben soll. Diese wurde über diverse Kanäle verbreitet und sorgte für Anfeindungen aus dem Colapinto-Lager.
"Diese Story, die umherschwirrt, ist komplett falsch", beteuert Jack Doohan. "Sie wurde von argentinischen Fans hergestellt, um mich und meine Familie in ein negatives Licht zu rücken."