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"Stand heute": Ist Jack Doohan am Boxenfunk deswegen so ausgeflippt?
Ein Live-Lapsus im argentinischen Fernsehen könnte der wahre Grund sein, warum bei Jack Doohan die Nerven blank liegen und er am Boxenfunk ausgeflippt ist
(Motorsport-Total.com) - Jack Doohan war schon vor seiner letzten Runde im SQ1 des Grand Prix von Miami 2025 stinksauer. Als er gut drei Minuten vor Ende des ersten Segments das Signal erhielt, aus der Box zu fahren, schaffte er den Wendekreis nicht, musste von einem Mechaniker zurückgeschoben werden und verlor deshalb eine vordere Position an der Boxenausfahrt. So sah es zumindest von außen betrachtet aus.

© LAT Images
Jack Doohan steht bei Alpine Medienberichten zufolge auf der Abschussliste Zoom Download
Am Boxenfunk zeichnete der 22-jährige Australier aber ein ganz anderes Bild von der Situation: "Kumpel, ich musste stehenbleiben, weil Pierre gleich nach mir rauskam. Das habt ihr mir nicht gesagt!" Tatsächlich zeigen die Onboard-Replays: Pierre Gasly, dessen Box rechts neben der von Doohan war, fuhr nur Sekundenbruchteile später los, und Doohan musste stehenbleiben, um eine Berührung zu vermeiden.
"Mann, das ist nicht akzeptabel, das ist nicht akzeptabel!", brüllte er in den Boxenfunk. "Ich kann nicht einlenken, wenn er gleich nach mir rausfährt, und ich musste nach außen lenken, weil er mir sonst reingefahren wäre. Ihr Jungs habt dafür gesorgt, dass ich in Q1 ausscheide. Das ist ein Witz."
Was Doohan vor laufender Kamera sagte
Der Renningenieur entschuldigte sich für das Malheur bei Doohan, doch dessen Laune war nicht mehr zu retten: In einem Sprint-Qualifying komme "alles auf die letzte fliegende Runde an. Wir waren gut dabei, das Gefühl war gut - aber dann wurde ich beim Verlassen der Boxengasse blockiert, was alles durcheinandergebracht hat, weil es durch ein anderes Auto verursacht wurde. Dadurch konnte ich die letzte gezeitete Runde nicht mehr fahren. Ich war dann das letzte Auto auf der Strecke und hatte einfach keine Chance mehr, eine zweite schnelle Runde zu fahren."
Interessant: In den TV-Interviews nach der Session riss sich Doohan offensichtlich zusammen, sprach von "einem anderen Auto", ohne Gaslys Namen zu nennen, und nahm so sein Team in Schutz, statt es öffentlich an den Pranger zu stellen. Intern hatte er seiner Wut ohnehin schon freien Lauf gelassen. Kein Wunder, denn mit seiner ersten SQ1-Runde schied er als 17. aus.
"Die erste Runde war wirklich ziemlich chaotisch", sagt Doohan. "Ich habe ein paar Dinge ausprobiert, die wir im Training nicht gemacht haben. Trotzdem war sie nicht allzu schlecht, und ich denke, im Auto steckte noch deutlich mehr Zeit für die zweite Runde. Aber ich schätze, das werden wir jetzt nie erfahren."
Live-Lapsus im argentinischen Fernsehen
Der Ursprung von Doohans Gereiztheit liegt möglicherweise schon ein paar Tage zurück. Horacio Marin, der CEO des argentinischen Mineralölkonzerns YPF, hatte bei einem TV-Auftritt angedeutet, dass der von YPF unterstützte Alpine-Testfahrer Franco Colapinto ab Imola Doohans Renncockpit übernehmen werde. Besonders brisant, weil Marin dachte, er sei nicht mehr auf Sendung, als er die Bombe platzen ließ.
Die argentinischen Medien griffen die Nachricht natürlich sofort auf, und auf Social Media schossen Videos zum Thema "Colapinto fährt ab Imola" wie Pilze aus dem Boden. Auch wenn Marin später zurückruderte: Er hoffe, dass Colapinto fahren werde, könne das aber nicht wissen, weil er ja nicht dessen Manager sei. "Ich habe ein exzellentes Verhältnis zu Franco, aber wir reden auch nicht jeden Tag", relativierte er seinen Live-Lapsus.
Für Doohan muss das alles natürlich ganz anders wirken. Aus seiner Sicht liegt der Verdacht nahe, dass die Entscheidung längst gefallen ist. Kein schönes Gefühl für einen jungen Rennfahrer, wenn man vermutet, dass das Team nicht mehr hinter einem steht.
Ralf Schumacher: "Für den bricht eine Welt zusammen"
Ralf Schumacher zeigt Verständnis dafür, dass angesichts dieser Vorgeschichte Doohans Nerven blank liegen: "Dem wird ja immer versprochen, er muss nur Leistung zeigen, dann bleibt er im Auto. Jetzt wird dem keiner gesagt haben, dass das sein letztes Rennen ist. Wenn dann auch noch sowas passiert, bricht für den eine Welt zusammen. Die Anspannung ist groß, alle Welt redet über ihn. Das ist schon hart für einen jungen Mann", sagt der Sky-Experte.
Und Alpine trägt wenig dazu bei, Doohan ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Teamchef Oliver Oakes war am Freitag zu Gast in der FIA-Pressekonferenz, und natürlich kam das Colapinto-Thema dabei auf. Oakes hätte auch einfach sagen können: Die Gerüchte sind Unsinn und entbehren jeder Grundlage, alles ein Missverständnis, selbstverständlich fährt Doohan für uns in Imola und danach.
Stattdessen sagt er nur: "Ich wusste, dass die Frage kommt. Ich habe die Geschichte auch gelesen, wie alle anderen. Es war ein Sponsor aus Argentinien, der seine Meinung über Franco gesagt hat, wann er im Auto sein könnte. Ich bin mir sicher, in Argentinien würde sich das viele am liebsten schon für Sonntag wünschen. Wir sind als Team immer ganz offen damit umgegangen, dass das nur Störgeräusche sind. Jack muss einen guten Job machen. Es ist natürlich, dass es Spekulationen gibt."
Weil das nicht so klingt, als sei ein Fahrerwechsel während der Saison kategorisch ausgeschlossen, folgt die logische Nachfrage: "Kannst du also bestätigen, dass Jack in Imola im Auto sitzen wird?" Worauf Oakes antwortet: "Ja. Stand heute ist Jack neben Pierre unser Fahrer. Da waren wir immer ganz klar. Wir evaluieren das ständig. Aber Stand heute ist das der Fall, ja."
Das war mindestens ein "Stand heute" zu viel, unkten Kritiker nach der Pressekonferenz. Doch selbst wenn die Entscheidung schon gefallen sein sollte, hat es Doohan jetzt selbst in der Hand, mit einer herausragenden Leistung am Samstag und Sonntag in Miami zu beweisen, dass er eigentlich gut genug wäre und von Alpine unfair behandelt wird. Und dann bleibt abzuwarten, was "Stand heute" in zwei Wochen bedeutet ...