• 08. Oktober 2023 · 12:37 Uhr

Rosberg nach Lance Strolls Schubser: "Wenn das nicht der Sohn wäre ..."

Nach der Aufregung um seinen Ausraster am Freitag in Katar und den klaren Niederlagen gegen Fernando Alonso wächst die Kritik an Lance Stroll

(Motorsport-Total.com) - Lance Stroll steht seit Wochen "im Spotlight", wie sein Teamchef Mike Krack das beschreibt - und sein bisheriger Auftritt beim Grand Prix von Katar trägt wenig dazu bei, die vielen Kritiker mundtot zu machen. Ganz im Gegenteil: Mit einer Verhaltensentgleisung nach dem Qualifying am Freitag provozierte der 24-Jährige regelrecht weitere Negativschlagzeilen.

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Lance Stroll ist angezählt: Wäre er noch da, wenn sein Papa nicht Teambesitzer wäre? Zoom Download

Q1 war gerade gelaufen, Fernando Alonso hatte mit dem Aston Martin Platz 3 belegt, und Stroll war mit 1,122 Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen als 17. ausgeschieden. Sang- und klanglos. Kein Wunder, dass seine Laune nicht gut war. Doch beim Aussteigen aus dem Auto an der Box eskalierte der Kanadier.

Sky-Experte Nico Rosberg schildert: "Er hat das Lenkrad weggeworfen. So ein Lenkrad kostet 25.000 Euro. Er hat den Lack vom Auto verkratzt, weil es da draufgeflogen ist. Er hat seinen Physio dann noch abgeräumt und weggeschubst. Das geht alles gar nicht!"

Besonders die Szene im hinteren Bereich der Box, die von TV-Kameras eingefangen wurde, in der Stroll seinen Physiotherapeuten ruppig zur Seite schiebt, wurde auf Social Media heiß diskutiert. "Ich hoffe, da hat er sich bei allen entschuldigt", sagt Rosberg. "Hat er aber, glaube ich, anscheinend nicht."

Was Aston Martin zu dem Ausraster sagt

Teamintern sieht man die Situation weit weniger kritisch: "Man sieht auch den einen oder anderen Fußballspieler, der mal ein Trikot wirft oder die Flasche hinschmeißt oder den Trainer nicht einklatscht, wenn er ausgewechselt wird. Ich glaube, der Sport lebt von solchen Emotionen", relativiert Mike Krack und ergänzt: "Im Team gibt es kein Problem. Wir haben gesprochen. Alles gut."

Weil es am Freitag nach dem Qualifying keine klassischen Medienrunden gab, bot der Samstagabend für Journalisten die erste Gelegenheit, Stroll mit dem Vorfall an der Aston-Martin-Box zu konfrontieren. Doch kaum wurde die erste Frage zu dem Thema von einem Journalisten aus dem Motorsport Network gestellt, versuchte Aston Martins PR-Personal, das Thema abzuwürgen.

Stroll ließ das aber nicht zu: "Schon okay. Mach weiter. Hast du noch eine Frage?", stellte er sich dem Gespräch, vor das ihm das Team eigentlich beschützen wollte. Also Frage: "Wenn ich meinen Kollegen schubse, stecke ich in Schwierigkeiten. Wie ist das bei dir?" Stroll antwortet geduldig: "Zwischen uns ist alles gut. Er ist ein Bro. Wir machen gemeinsam auch mal Frust durch. Alles cool."

Seine Laune war nach dem F1-Sprint alles andere als gut. Was nicht weiter verwunderlich ist: Nach der Abreibung im Sprint-Shootout lief's auch im Rennen über 19 Runden nicht besser. Stroll wurde als 15. und Letzter gewertet, handelte sich wegen Tracklimits-Verstößen eine Fünfsekundenstrafe ein. Das passierte sonst nur Ferrari-Star Charles Leclerc.

Nach dem F1-Sprint: Stroll im Wortlaut

Im Mediengespräch blieb Stroll kurz angebunden:


Frage: "Ist die Luft zwischen dir und deinem Trainer wieder rein? Haben dich die Reaktionen auf Social Media überrascht?"
Stroll: "Ich schaue nicht auf Social Media. Ich fahre das Auto."


Frage: "Warst du frustriert über die schlechte Session?"
Stroll: "Ja. Frustriert."


Frage: "Was war diesmal schlechter als sonst, dass du so emotional reagiert hast?"
Stroll: "Wir haben keinen guten Lauf, und es wird nicht besser. Der Frust breitet sich in der ganzen Gruppe aus. Wir wollen besser werden, aber es ist im Moment schwierig."


Frage: "Macht dir die Formel 1 noch Spaß?"
Stroll: "Ja, sicher. Ich komme nur mit dem Auto und mit der Balance nicht so gut klar. Ich schaffe es nicht, die Performance zu extrahieren. Das ist schwierig. Frustrierend."


Frage: "Was war am Freitag das Problem?"
Stroll: "Viel Untersteuern, schnappendes Übersteuern, zu wenig Grip. Ich habe nicht das Gefühl, mich auf das Auto verlassen zu können, weil es immer wieder ausbricht und untersteuert. Ich mag diese Balance einfach nicht beim Fahren."


Frage: "Wann hast du dich im Auto zum letzten Mal gut gefühlt?"
Stroll: "Österreich."


Frage: "Wie geht es Fernando mit diesen Limitierungen?"
Stroll: "Er hat einen speziellen Fahrstil. Er fährt anders durch die Kurven als ich. Am Jahresanfang war das Fenster des Autos für verschiedene Fahrstile größer. Jetzt ist das Fenster eingeschränkt, und das mag ich nicht. Er kann das umfahren. Ihn juckt das nicht so wie mich."


Frage: "Wie kriegt ihr das hin? Dieses oder erst nächstes Jahr?"
Stroll: "Wahrscheinlich beides. Wir versuchen, am Set-up zu arbeiten und zu tun, was wir tun können, das Auto zu ändern, damit es angenehmer zu fahren ist. Aber es geht auch um größere Änderungen und die Charakteristik, die sich ändern muss. Wir haben das Auto während dieses Jahres stark verändert, und damit hat sich auch die Charakteristik stark verändert. Damit haben wir uns von dem wegbewegt, was mir am Jahresanfang mehr entgegengekommen ist."


Frage: "Wie gehst du mit diesen Enttäuschungen um?"
Stroll: "Ich hasse es verdammt nochmal, einen schlechten Tag zu haben. Und das wird sich auch nicht ändern."

Zahlen sprechen eine klare Sprache

So könnte man Strolls Ausraster am Freitag auch irgendwie positiv interpretieren: Einer, dem die Formel 1 egal ist, wie ihm das von manchen Kritikern unterstellt wird, würde sich über ein verpatztes Qualifying nicht so ärgern, dass er sogar einen seiner engsten Vertrauten von sich wegschubst.

Doch Strolls Leistungen fallen gegen jene von Alonso immer stärker ab. Die Zahlen wurden schon oft genannt: 47:175 Punkte, 1:15 im Renn- und 2:15 im Qualifyingduell. Alonso war auch in allen drei Sprint-Shootouts 2023 schneller als Stroll. In Katar lag die Differenz, als es drauf ankam, bei einer Sekunde.

Zu viel, finden viele Kritiker. Nico Rosberg streut Salz in die offenen Wunden: "Wenn das jetzt nicht der Sohn vom Vater wäre, der das Team besitzt, dann würde er da nächstes Jahr nicht mehr drinsitzen bei dieser Leistung."

"Es ist eine schwierige Situation, denn der Vater besitzt das Team nun mal, und man darf nicht vergessen: In der Theorie kann er das Auto fahren. Anfang des Jahres ist es akzeptabel, eine Nummer 2 zu sein, nicht zu weit weg von Fernando. Das ist eigentlich okay. Deswegen verstehe ich nicht, was da passiert ist."

Rosberg sucht nach einer Erklärung: "Es ist oft eine mentale Spirale. Es geht einmal was schief, ein zweites Mal. Dann fängst du an zu leiden. Du hast keinen Spaß mehr, hast nur noch Angst, dass du schon wieder versagst. Du setzt dich ins Auto rein und diese Gedanken gehen mit. Du hast nur noch Angst: 'Ich kann es nicht mehr, ich verhaue es schon wieder!' Das zieht dich so richtig runter."

Keine Kritik vom eigenen Team

Immerhin hat Stroll einen großen Vorteil: Während andere Fahrer, die im Vergleich zu ihren Teamkollegen so deutlich abfallen, oft auch vom eigenen Team kritisiert werden, steht Aston Martin hundertprozentig hinter ihm. Von Teamchef Mike Krack gab's trotz der Vielzahl an Fehlern und Pannen noch nicht ein kritisches Wort in der Öffentlichkeit.

Auch in Katar nicht. Krack verteidigt Stroll: "Wir haben neun Zehntel zwischen Hamilton und Russell, und wir haben auch neun Zehntel zwischen Hülkenberg und Magnussen", winkt er ab. "Lance ist ein bisschen im Spotlight im Moment, was das Thema angeht. Aber wir werden da wieder rauskommen. Das ist kein Problem."

"Es ist ein halbes Zehntel da, ein kleines Bisschen hier, ein paar Hundertstel dort. Das summiert sich. Es ist schwierig für ihn, da rauszufinden. Ich will nicht sagen, dass generell mit dem Auto was ist, sondern es ist einfach dieses Selbstvertrauen, das man als Fahrer braucht. Am besten wäre ein Erfolgserlebnis. Da kommt er dann auch wieder raus. Aber das müssen wir halt finden", sagt Krack.

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