• 11. November 2022 · 23:06 Uhr

Kevin Magnussen: "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll"

Der Überraschungsmann im Formel-1-Qualifying in Brasilien: Was Kevin Magnussen zu seiner Poleposition für Haas sagt und wem er dafür dankbar ist

(Motorsport-Total.com) - "Wo stehen wir?", fragte Kevin Magnussen nach seiner ersten Runde in Q3. Die Antwort seines Ingenieurs Mark Slade folgte prompt: "Du bist auf P1, mein Freund." Magnussen wirkte irritiert: "Du machst Scherze!" Doch es war kein Scherz: Magnussen war Erster und er blieb es auch - als die Sensation im Formel-1-Qualifying zum Brasilien-Grand-Prix 2022 in Sao Paulo.

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Kevin Magnussen feiert mit dem Haas-Team nach der Poleposition in Brasilien 2022 Zoom Download

Damit hat es Magnussen glatt die Sprache verschlagen: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll", so der Haas-Fahrer in einer ersten Stellungnahme nach dem Aussteigen.

Dann aber findet Magnussen doch noch Worte, und sie gelten vor allem seiner Crew: "Das Team hat mich genau zum richtigen Zeitpunkt auf die Strecke geschickt. Ich war der Erste vorne in der Boxengasse. Dann ist mir eine ordentliche Runde gelungen. Und jetzt stehen wir auf der Poleposition. Unglaublich!"

Die letzte Box kommt Haas in Brasilien gelegen

Er habe "nicht mal ansatzweise" damit gerechnet, im Qualifying eine Rolle zu spielen, sagt Magnussen weiter. Jetzt aber steht er in der Startaufstellung zum Formel-1-Sprint in Brasilien vor Weltmeister Max Verstappen im Red Bull. Wie gut seine Runde gewesen sei? Die Position von Verstappen "gibt die Antwort auf die Frage", meint Magnussen. "Es war eine gute Runde."

Sie kam im genau richtigen Zeitpunkt für Magnussen: Er hatte sich vor dem Beginn von Q3 bereits am Ende der Boxengasse angestellt und von der letzten Box für Team Haas profitiert.

"Da kann man sagen, er hatte einen Vorteil, aber er hatte auch einen Nachteil, weil er auf sich allein gestellt war, ohne Referenz vor ihm", sagt Haas-Teamchef Günther Steiner. Nachsatz: "Seine Runde war perfekt."

Magnussen vor Verstappen, um zwei Zehntel

Mit 1:11.674 Minuten blieb Magnussen sogar mehr als zwei Zehntel vor Verstappen und fast vier Zehntel vor George Russell im Mercedes. Man dürfe also nicht nur von Glück reden, meint Steiner: "Die anderen Autos waren nur zehn, 15, 20 Sekunden hinter ihm auf der Strecke, aber sie haben nicht das geschafft, was er geschafft hat."

"Man ist seines eigenen Glückes Schmied. Wir hatten hier immer die richtigen Reifen am Auto, waren immer zum richtigen Zeitpunkt auf der Strecke. Ja, wir hatten Glück, dass es geregnet hat, aber die anderen hätten ja auch nur schneller fahren müssen", meint Steiner.

Es fuhr aber niemand schneller als Magnussen. Das konnte Magnussen selbst kaum glauben. Er fragte wiederholt nach am Funk, erhielt die Antwort "kein Witz" ins Cockpit, sagte dann: "Du machst doch Scherze! Mach keine Witze mit mir!"

Haas und Magnussen um Fassung bemüht

Dann dämmerte Magnussen, dass eine Überraschung in der Luft lag. Sein Ingenieur aber versuchte die entstehende Euphorie zu dämpfen: "Es ist immer noch Zeit, aber wir sehen gut aus. Die Einheit wird womöglich fortgesetzt. Bewahren wir also erstmal Ruhe, ja?"

Magnussen war um Fassung bemüht. "Du willst es nicht verschreien", meint er später. "Im Auto war ich abergläubisch und dachte, ich kann nicht feiern, bis es nicht final ist."

Er befand sich aber im Auto schon mittendrin in einer emotionalen Achterbahnfahrt, funkte: "So habe ich mich noch nie im Leben gefühlt, Leute. Aber feiert noch nicht." Kurz davor hatte er schon gesagt: "Es ist zu feucht jetzt, das Qualifying ist gelaufen." Und so war es schließlich auch.

Auf eine solche Gelegenheit wartet jeder im Mittelfeld

Magnussen schwärmt: "Ich hatte nicht von der Pole geträumt. Nach Q2 habe ich auf die Zeiten geschaut und mir gedacht: Das könnte mein geringster Rückstand auf die Poleposition sein. Und ich hatte Recht! Ich hatte ja keine Ahnung, dass wir da mitmischen würden."

Für ein Team wie Haas, das sonst höchstens im Mittelfeld unterwegs ist, sei Mischwetter aber ideal, "damit man als Team den Unterschied machen kann, mit richtigen Entscheidungen und dergleichen", so erklärt er.

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Kevin Magnussen im Haas VF-22 im Formel-1-Qualifying 2022 in Brasilien Zoom Download

Immer wieder fällt das Wort "unglaublich", dann der Satz: "Vergangenes Jahr wusste ich noch nicht mal, dass ich dieses Jahr dabei sein würde!"

"Danke an Gene Haas, Günther und an das gesamte Team, dass sie mir diese Gelegenheit gegeben haben. Ich bin nach einem Jahr wieder in die Formel 1 zurückgekehrt und es war eine tolle Reise."

Steiner: Klarer Höhepunkt bisher in der Formel 1

Mit dem Höhepunkt im Qualifying in Brasilien, zumindest aus der Sicht von Steiner. Welchen Stellenwert dieser Erfolg für ihn persönlich habe, wird der Haas-Teamchef von 'Sky' England gefragt. Antwort: "Ich glaube, das ist die Nummer eins. Vor allem jetzt."

"Man hat ja Angst davor, sich so etwas zu erträumen. Das gesamte Team zieht seit sieben Jahren wirklich alle Register. Und dann machen die Umstände so etwas möglich. Das war kein Glück, sondern wohlverdient, denn wir als Fahrer und Team waren zur richtigen Zeit auf den richtigen Reifen."

"Kevin hat seine Runde erzielt, als es darauf ankam", sagt Steiner. "Er hat eine Chance gekriegt und er hat diese Chance genutzt. Kompliment dafür. Er verdient es sehr, genau wie das gesamte Team."

Was Haas jetzt vom Sprintrennen erwartet

Und jetzt will Steiner nach Möglichkeit "an dieses Ergebnis anknüpfen", wie er sagt. "Natürlich freuen wir uns jetzt, aber wir lassen uns davon nicht blenden. Wir konzentrieren uns erst einmal auf das Rennen am Samstag, denn wir brauchen Punkte. Wir wollen P8 in der Gesamtwertung halten."


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Er gebe sich aber keinen Illusionen hin, sagt Steiner weiter: "Es dürfte schwierig werden, über 24 Runden hinweg alle dahinter zu halten. Ich wäre zufrieden mit Punkten. Wir müssen dieses Rennen nicht gewinnen. Wenn das gelingen sollte, wäre ich mehr als zufrieden, aber das wäre nicht realistisch. Daher: Solange wir in den Punkterängen bleiben, wäre ich zufrieden."

Magnussen aber hat anderes im Sinn. Angesprochen auf Steiners Haltung sagt er schlicht, er fahre "natürlich" auf Sieg im Sprint am Samstag. "Ich bin schließlich Rennfahrer und stehe auf der Poleposition!"

"Besser" als das McLaren-Podium 2014

Und das fühle sich "sogar noch besser" an als sein Formel-1-Einstand 2014 mit McLaren, als er gleich in seinem ersten Grand Prix in Australien Platz zwei belegte. "Ich wusste damals nicht, was ich erwarten sollte", sagt Magnussen.

"Ich war ein arroganter junger Bursche und glaubte, ich sei der König der Welt. Danach habe ich einige Lektionen gelernt, wie schwierig die Sache doch ist. Und jetzt stehe ich auf der Poleposition. Das werde ich genießen, bis Samstag. Dann sehe ich meinen Haas auf der Poleposition. Das wird toll. Solche Tage machen sehr viel Spaß, so viel steht fest!"

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