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Lewis Hamilton beim entscheidenden Boxenstopp. Hätte er das Rennen gewinnen können? Jetzt durch die 17 besten Fotos klicken!
Drittes Rennen, zweiter Sieg, zum dritten Mal das schnellste Auto: Sebastian Vettel feiert nach 2012 und 2013 seinen dritten Triumph in Bahrain und übernimmt die alleinige WM-Führung vor Hamilton. Außer den beiden war 2017 noch keiner Erster oder Zweiter.
Valtteri Bottas holt die erste finnische Pole seit Heikki Kovalainen 2008 - und nimmt diese ziemlich gelassen. "Gibt's das Wort 'aufgeregt' überhaupt auf Finnisch?", fragt Vettel in der Pressekonferenz. Der Ferrari-Star ist nach dem Qualifying ernüchtert: Auf den Mercedes-Express fehlt eine halbe Sekunde.
Aber schon am Start schnupft er den ersten Silberpfeil, weil Hamilton nicht optimal wegkommt. Weiter hinten schnappt sich Max Verstappen nicht nur Daniel Ricciardo, sondern auch Kimi Räikkönen.
Der fällt ein paar Meter weiter, beim missglückten Angriff auf die Red Bulls, hinter Felipe Massa zurück. Vorne bleibt's spannend: Nach sieben Runden liegen die Top 5 innerhalb von drei Sekunden, weil Bottas mit zu hohem Reifendruck alle aufhält. Und Ricciardo wittert Siegchancen, weil außer ihm alle kämpfen.
Nach einer missglückten Attacke in Runde 4 (Ausritt in der letzten Kurve) geht Räikkönen in Runde 8 am Massa-Williams vorbei. Als er endlich freie Fahrt hat, fehlen ihm schon 3,8 Sekunden auf Ricciardo.
Runde 10: Während Bottas funkt, dass seine Hinterreifen abbauen, biegt Vettel zum "Undercut" an die Box ab. Der smarte Schachzug, drei Runden vor Mercedes Reifen zu wechseln, bringt ihm die Führung ein.
Nur eine Runde nach Vettel an die Box gekommen (und damit auf Kurs zu P2), crasht Verstappen geradeaus in die Streckenbegrenzung. Ursache: Bremsdefekt an der Hinterachse. Er ist überzeugt: Sonst wäre wieder ein Podium drin gewesen.
Runde 13: Carlos Sainz setzt beim Rausfahren an der Box zum Überholmanöver gegen Lance Stroll an, der von so weit hinten nie und nimmer mit einer Attacke rechnet und die Tür zumacht. Die Rennkommissare sind gnadenlos: In Sotschi muss Sainz um drei Startpositionen nach hinten.
Während der Safety-Car-Phase holt Mercedes beide Autos an die Box. Aber Bottas verliert die Führung an Vettel, und Hamilton kassiert eine Fünf-Sekunden-Strafe, weil er in der Boxeneinfahrt vor Ricciardo absichtlich trödelt. Die Gerechtigkeit siegt ohnehin: Ricciardo übernimmt P3 von Hamilton, ...
... aber nicht für lange, denn sein Traum vom Sieg platzt gleich in der ersten Runde nach dem Wechsel von Supersoft auf Soft: Der Reihe nach ziehen Hamilton, Massa und Räikkönen am Red Bull vorbei. Plötzlich ist Ricciardo nur noch Sechster.
Für Vettel läuft's indes wie geschmiert: Bei freier Fahrt baut er den Vorsprung auf Bottas von 0,6 (Runde 17) auf 6,1 Sekunden (Runde 27) aus. Der Ferrari ist im Renntrimm erneut das schnellste Auto.
Weil die Ferrari-Crew gepatzt hat, muss Räikkönen in Runde 24 ein zweites Mal an Massa vorbei. Der Finne wird am Ende Vierter, Massa Sechster. Denn Ricciardo hat letztendlich dann doch die schnellere Pace als der Williams.
Hamiltons am Funk geäußerter Wunsch, man möge ihn an Bottas vorbeiwinken, wird erhört. Das Manöver in Runde 27 ist noch "echt", beim zweiten Mal in Runde 47 hilft der Kommandostand nach: "Halte Lewis nicht auf, Valtteri!" Noch elf Runden zu fahren, 13,8 Sekunden Rückstand auf Leader Vettel.
Doch hinter dem Fernduell Vettel vs. Hamilton gibt's auch noch ein Rennen. Fernando Alonso fightet lange gegen Jolyon Palmer und Daniil Kwjat. Wegen fehlender Honda-Power reißt ihm der Geduldsfaden: "Der schlechteste Motor, den ich je gefahren bin!" Kurz vor Schluss scheidet er aus. Verdacht auf Motorschaden.
Nico Hülkenberg kann P7 aus dem Qualifying nicht halten, weil Renault die Motorleistung im Rennen immer noch drosseln muss - aus Angst um die Haltbarkeit. Das Duell gegen seinen Ex-Teamkollegen Sergio Perez (7.) verliert er. Als Neunter holt er aber immerhin seine ersten beiden Punkte.
Und Pascal Wehrlein? Der fightet beim Comeback nach dreifachem Wirbelbruch wie ein Löwe, deklassiert seinen Teamkollegen Marcus Ericsson und hält im Finish sogar Kwjat im schnelleren Toro Rosso in Schach: P11. Auf Ex-Teamkollege Esteban Ocon in den Punkten fehlen zehn Sekunden.
Drei Runden vor Schluss ist dann auch Hamiltons Aufholjagd beendet: Bei 5,9 (am Ende 6,7) Sekunden Rückstand sieht er ein, dass Vettel uneinholbar ist. Und Ferrari jubelt über den zweiten Saisonsieg: "Was für ein Rennen, Seb. Du warst der Schnellste!"
(Motorsport-Total.com) - Es war eine der Schlüsselszenen des Grand Prix von Bahrain 2017, auch wenn es in der TV-Übertragung nicht wirklich transportiert wurde: Als Sebastian Vettel in der 33. Runde in Führung liegend an die Box kam, um von Supersoft auf Soft zu wechseln, hatte Lewis Hamilton kurzzeitig die Chance, eine alternative Strategie zu riskieren. Doch dazu kam es nicht.
Vettels Vorsprung auf Hamilton betrug 4,3 Sekunden, als er zu seinem zweiten und letzten Boxenstopp kam. Beim Rausfahren hatte er 16,9 Sekunden Rückstand, aber den Vorteil auf Reifenseite: Beide waren zu dem Zeitpunkt auf Soft, aber der Satz von Hamilton hatte schon 20 Runden drauf. Vettels Pirellis hingegen waren brandneu.
Theoretisch hätte Mercedes in jener Phase zocken und Hamilton von zwei Stopps auf einen umstellen können. Bei 24 noch zu fahrenden Runden hätte Vettel sieben Zehntelsekunden pro Runde aufholen müssen, um in den Windschatten des Silberpfeils aufzuschließen. Und selbst dann wäre es noch kein Selbstläufer gewesen, diesen auch zu überholen.
Zumal der Unterschied von einem ganz frischen zu einem 20 Runden alten Reifen größer ist als von einem 20 Runden zu einem 40 Runden alten Satz. Das große Problem dabei: Vettel hätte Hamilton gar nicht mehr überholen, sondern nur noch einholen müssen - weil beim Mercedes-Fahrer nach der Blockade von Daniel Ricciardo in der Boxeneinfahrt noch fünf Sekunden Zeitstrafe offen waren.
"Es war immer klar, dass wir noch einmal stoppen. Das stand nie zur Debatte", sagt er im Nachhinein - und flunkert dabei wohl ein wenig. Denn unmittelbar vor seinem zweiten Stopp (Soft auf Soft) in Runde 41 meldete er am Funk, dass die Reifen seiner Meinung nach noch prächtig funktionieren.
Toto Wolff gibt zu: "Wir haben uns mal kurz drüber unterhalten, 20 Runden vor dem Ende. Soweit ich mich erinnere, hatte der Reifen da schon 20 Runden drauf", korrigiert der Mercedes-Sportchef seinen Fahrer. Aber das Urteil war eindeutig: "Keine Chance."
Nach seinem eigenen Stopp in Runde 33 schlug Vettel ein hohes Tempo an. Obwohl er nebenbei Kimi Räikkönen überholen musste, holte er in den ersten fünf Runden 5,7 Sekunden auf Hamilton auf. Und so war es nur logisch, dass Hamilton noch einmal Reifen wechselte - und dann eine eindrucksvolle Aufholjagd hinlegte, die letztendlich trotzdem nicht ganz reichen sollte.
"Realistischer war", analysiert Wolff, "einen längeren Mittelstint zu fahren bis ans Limit des Soft, und dann für den letzten Sprint den Supersoft draufzumachen. Aber das hätte nur Sinn ergeben, wenn der Supersoft der schnellere Reifen gewesen wäre." Was in Bahrain am Mercedes offenbar nicht der Fall war.