• 27. November 2016 · 15:43 Uhr

Formel 1 Abu Dhabi 2016: Rosberg trotzt Hamiltons Spielchen!

Das dramatische Rennen in Abu Dhabi: Lewis Hamilton gewinnt, aber Nico Rosberg wehrt den Angriff von Vettel und Verstappen ab und holt den WM-Titel

(Motorsport-Total.com) - Nico Rosberg hat es geschafft: Nach Michael Schumacher und Sebastian Vettel ist er der dritte deutsche Weltmeister der Formel-1-Geschichte. Den Sieg beim abschließenden Grand Prix von Abu Dhabi sicherte sich aber Lewis Hamilton, der bis zum letzten Meter versuchte, mit taktischen Spielchen doch noch Champion zu werden - bis hin zur dramatischen letzten Runde mit vier Fahrern innerhalb von 1,7 Sekunden.

"Lewis hat es spannend gemacht, aber ich hätte es an seiner Stelle auch gemacht. Das war seine letzte Chance. Er hat's versucht, aber er war nicht brutal dabei", bewertet Formel-1-Experte Marc Surer die Taktik-Spielchen des nunmehr entthronten Weltmeisters. Denn die Ausgangslage war klar: Selbst wenn Hamilton gewinnt, reicht das nicht zur Titelverteidigung - sondern Rosberg muss nur Dritter werden. Also versuchte Hamilton alles, um genau das zu verhindern.

Besonders angestrengt, ein hohes Tempo anzuschlagen, wirkte der Polesetter, der den Start sicher vor Rosberg gewonnen hatte, von Anfang an nicht. Aber spätestens als sich das Problem Sebastian Vettel (Führender nach langem Mittelstint) in Runde 37 (von 55) erledigt hatte und die Silberpfeile wieder auf Platz eins und zwei lagen, dreieinhalb Sekunden vor Verfolger Max Verstappen (Red Bull), übte sich Hamilton meisterlich im strategischen Bremsen.

Von hinten drückten sowohl Verstappen als auch Vettel, der mit den weicheren und frischeren Reifen zunächst Kimi Räikkönen und dann Daniel Ricciardo überholte - und so wurden die letzten fünf Runden zum echten Vierkampf-Thriller. Sportchef Toto Wolff: "Wir haben zu dem Zeitpunkt den Rennsieg in Gefahr gesehen. Es ist unsere eiserne Regel seit drei Jahren, dass dem Rennsieg alles unterstellt wird. Diese Anleitung hat er missachtet, um die Meisterschaft zu gewinnen."

Auf dem Mercedes-Kommandostand wurde man langsam nervös: "Lewis, das ist ein Befehl: Wir brauchen (Rundenzeiten von) 45.1 für den Sieg." Aber Hamilton ignorierte das: "Ich schlage vor, ihr lasst uns unser Rennen fahren!" Später meldete sich Technikchef Paddy Lowe persönlich und intervenierte, verwendete ausdrücklich das Wort "Befehl" - aber wieder konterte der Leader trotzig: "Ich verliere gerade die WM. Mir ist egal ob ich das Rennen gewinne oder verliere."

"Die Besten sind auch schwierig. Damit muss man umgehen", meint Wolff zu diesem Verhalten. Sein Kollege Niki Lauda äußert zunächst weniger Verständnis: "Ich ärgere mich. Wie Lewis das Rennen am Ende spannend gemacht hat und dabei den eigenen Sieg gegen Vettel oder den zweiten Platz von Nico gefährdet, da müssen wir uns nochmal zusammensetzen und überlegen, was daran schuld war." Nur Rosberg nimmt's gelassen: "Ich verstehe Lewis' Perspektive."

Als der Druck ins Unermessliche stieg, erinnerte ihn sein Renningenieur Tony Ross: "Du kannst dir leisten, Dritter zu werden, aber du kannst dir keinen Schaden leisten!" Rosberg fand für jene Phase Worte wie "Wahnsinn" und "echt extrem". Und: "Als die beiden von hinten ankamen, das Duell mit Max im Rennen - wirklich ekelhaft, dass ich den schon wieder getroffen hab auf der Strecke irgendwo! Ich dachte, heute sehe ich den nicht mehr. Oh Mann!"

Hamilton probierte in der dramatischen letzten Runde noch einmal alles, um Rosberg nach hinten zu bremsen, und fuhr eine Zeit von 1:47.2 Minuten. Es half alles nichts: Vettel und Verstappen stellten keine Dummheiten mehr an - und so fuhr das Quartett in unveränderter Reihenfolge über die Ziellinie. Danach brachen beim Team Rosberg alle Dämme. Als der neue Weltmeister auf dem Podium an seinen Weltmeister-Vater Keke dachte, flossen die ersten Tränen...

Die erste wichtige Schlüsselszene des Rennens, den Start, hatte Rosberg gut gemeistert. Als Hamilton bereits in der siebten Runde zum Wechsel von Ultrasoft auf Soft kam, sah es kurzzeitig sogar so aus, als habe er eine realistische Chance, in Führung zu gehen. Denn Hamilton musste beim Losfahren warten, während der Räikkönen-Ferrari in der Boxengasse vorbeizog und Rosberg im ersten Sektor gleich mal eine neue Bestzeit fuhr.

Aber als eine Runde später auch Rosberg wechselte, ereilte ihn das gleiche Schicksal - nur dass er nicht wegen Räikkönen, sondern wegen Vettel ein "Unsafe Release" mit Warten vermeiden musste. So lag plötzlich sogar Verstappen zwischen den beiden Mercedes-Fahrern. Der Niederländer war in der ersten Kurve (selbstverschuldet) mit Nico Hülkenberg kollidiert und auf den letzten Platz zurückgefallen, war aber der große Profiteur von Hamiltons Bremsspielchen.

Denn durch das langsame Tempo an der Spitze war Verstappen plötzlich Zweiter, als die anderen ihre ersten Boxenstopps absolviert hatten - und da griff Red Bulls Strategie, auf den härteren Reifen zu starten. So konnte der Youngster 21 Runden draußen bleiben und auf eine Einstoppstrategie umstellen. Bereits in Runde 20 war Rosberg der Geduldsfaden geplatzt: Als er sich neben Verstappen setzte, bremste und dann besser beschleunigte, blieb vielen Rosberg-Fans das Herz stehen.

Ab dem Zeitpunkt konnten nur noch zwei Faktoren den WM-Titel gefährden: Hamiltons Bummeltaktik oder die Zuverlässigkeit. Aber selbst Vettel, der es in der letzten Runde mit um acht Runden frischeren und weicheren Reifen probierte, sah keine realistische Chance mehr: "Am Ende dachte ich, dass ich vielleicht gewinnen kann, aber die beiden waren auf den Geraden zu schnell, und Lewis gab Nico einen guten Windschatten und DRS."

Im Schatten der dramatischen WM-Entscheidung ging der Rest des Rennens fast völlig unter. Ricciardo etwa, der im Gegensatz zu Verstappen zweimal Reifen wechselte und als eigentlich schnellerer Red-Bull-Fahrer wieder einmal nur Fünfter wurde. Oder Räikkönen, anfangs noch starker Dritter, der das Tempo der Spitze im letzten Renndrittel nicht halten konnte und mit 18,8 Sekunden Rückstand über die Ziellinie fuhr.

Hülkenberg fuhr ein starkes letztes Rennen für Force India: Nach dem Gerangel mit Verstappen, das er schadlos überstand, konterte er in der zweiten Runde eine Attacke seines Teamkollegen Sergio Perez erfolgreich. Die beiden kamen als Siebter und Achter ins Ziel und sicherten damit den vierten Platz in der Konstrukteurs-WM ab. Felipe Massa (Williams) beendete seinen letzten Grand Prix als Neunter, Fernando Alonso (McLaren) wurde Zehnter.

Pascal Wehrlein (Manor) kam als 14. ins Ziel, mit einer Runde Rückstand. Sein Teamkollege Esteban Ocon fuhr sich bei einer Kollision mit Felipe Nasr (Sauber) im Kampf um Platz 14 die Nase ab, kam aber trotzdem vor dem Deutschen ins Ziel. Ocons Frontflügel-Teil traf übrigens den dahinter fahrenden Jolyon Palmer (Renault), der seinerseits eine Strafe dafür kassierte, dass er Carlos Sainz' Toro Rosso ins Heck fuhr. Sainz musste kurz darauf mit Schaltproblemen abstellen.

Weitere Ausfälle waren Daniil Kwjat (Toro Rosso), Jenson Button (McLaren), der sich in seinem letzten Formel-1-Rennen das rechte Vorderrad an einem Randstein abschlug, Valtteri Bottas (Williams) nach herzhaftem Duell mit Teamkollege Massa und Kevin Magnussen (Renault). 17 Fahrzeuge kamen beim letzten Saisonrennen 2016 ins Ziel, und Sauber konnte den zehnten WM-Platz gegen Manor verteidigen.

Für den neuen Weltmeister steht nun eine lange und harte Nacht bevor - und eine kurze: Nach der Party mit Team, Freunden und Familie muss er morgen früh in den Flieger nach Kuala Lumpur steigen, wo am Dienstag ein PR-Termin für Titelpartner Petronas auf dem Programm steht. Am Freitag bekommt er in Wien den WM-Pokal überreicht. Die Formel-1-Saison 2017 beginnt am 26. März mit dem Grand Prix von Australien in Melbourne.

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