Mercedes: Rosberg warf Pole-Position in der letzten Kurve weg

Duell der Sterne in einer anderen Galaxie: Rosberg hätte trotz Balanceproblemen fast Hamilton geschlagen - Großer Vorsprung dank ungedrosselter Motoren?

von Dominik Sharaf · 12.11.2016 19:38

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat die Pflicht erfüllt: Im Qualifying zum Brasilien-Grand-Prix am Samstag holte sich der Brite die Pole-Position. Ein erneutes Kopf-an-Kopf-Duell mit Stall- und WM-Rivale Nico Rosberg entschied er mit 0,102 Sekunden Vorsprung für sich - viel knapper hätte es zwischen den Mercedes-Stars nicht zugehen können, viel weiter hätte die Konkurrenz kaum entfernt sein können. Der Dritte Kimi Räikkönen bekam von Hamilton satte 0,668 Sekunden Rückstand aufgebrummt.

Nico Rosberg hatte Balanceprobleme und machte zum Schluss einen Fehler

Für Mercedes-Sportchef Toto Wolff ist es ein Beleg dafür, wie sehr sich seine Piloten an Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit treiben. "Der Abstand ist größer als gedacht. Das zeigt, wie sehr sich die beiden pushen", sagt der Österreicher, während Red-Bull-Berater Helmut Marko den Silberpfeilen schlicht unterstellt, die Motoren aufgedreht und ihre wahre Stärke präsentiert zu haben. Konter von Wolff: "Auf einer Runde mangelt es Ferrari und Red Bull an Speed." Fakt ist, dass der Silberpfeil in Interlagos seit 2014 immer besonders gut funktionierte und eine größere Lücke als sonst klaffte.

Der Abstand zur Konkurrenz ist auch deshalb so wichtig, weil Hamilton in Brasilien oder in Abu Dhabi Schützenhilfe braucht, um Weltmeister zu werden. Deshalb war die Schwäche der übrigen Autos das einzige, was seine Laune hätte trüben können: "Ich habe mich im Qualifying richtig wohlgefühlt. Wie das gesamte Wochenende über", jubelt er über seine eigene Leistung. "Nico ist schneller und schneller geworden. Weil der Kurs kurz ist, sind die Abstände so klein. Der kleinste Unterschied zählt." Umso erstaunlicher, wie Mercedes die Konkurrenz am Samstag distanziert hat.

Dabei räumt Hamilton ein, dass er bei seiner Fabelrunde sogar Luft nach oben hatte: "Ich war im ersten Sektor das ganze Wochenende über gut. Am Ende ist er mir irgendwie nicht mehr gelungen", klagt er über den einzigen Teil der Strecke, in dem Rosberg die Nase vorne hatte. "Dafür waren mein Mittel- und mein Schlusssektor stark. Manchmal dauert es eben bis zur dritten oder vierten Kurve, bis die Vorderreifen auf Temperatur sind." Rosberg hatte dafür ein ganz anderes Problem.

Schon während der Session klagte er im Boxenfunk über Untersteuern, weshalb sein Renningenieur ihm zu mehr Luftdruck auf der Hinterachse riet. "Die Traktion ist auch nicht gut, also macht euch darum keine Sorgen", lautete Rosbergs Antwort. Tatsächlich wurde schlechte Traktion ihm im finalen Versuch zum Verhängnis. Aus der Schlusskurve nahm er nicht genügend Tempo mit auf die lange Gerade. Laut Wolff eher Eigenverschulden als ein Setupproblem: "Er ist ein bisschen zu schnell reingerollt und hat nicht auf das Gas geben können. Da hat er die Zehntelsekunde verloren."

Hamilton winkte nicht nur den Fans, sondern auch der Konkurrenz fröhlich

Rosberg wurmt das: "Es ist etwas enttäuschend. Eine Zehntelsekunde. Da denkt man, man hätte hier oder da noch diese eine Zehntelsekunde holen können. Das ist nicht so toll." Er will am Sonntag mit einem guten Start oder über die Strategie das Ruder herumreißen und hofft darauf, dass niedrige Temperaturen auf den Longruns zu Problemen mit den Reifen führen. "Wir haben oft genug erlebt, dass die Pole-Position nicht alles ist. Ich will morgen noch gewinnen." Egal, ob regnet oder nicht.

"Ich denke überhaupt nicht daran, ob ich irgendwie verlieren könnte. Was kommt, das kommt eben. Unser Auto ist im Trockenen und im Nassen gut", zeigt sich WM-Leader Rosberg selbstbewusst. Und Toto Wolff bläst die Backen auf: "Graue Haare bereitet uns nur, dass wir die Technik richtig hinbekommen." Von Ferrari und Red Bull ist längst keine Rede mehr.