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Fernando Alonso hatte Sergio Perez zu Beginn noch im Rückspiegel. Jetzt durch die Rennhighlights klicken!
Die Formel-1-WM 2016 ist wieder spannend: Lewis Hamilton kommt mit dem zweiten Saisonsieg bis auf neun Punkte an Nico Rosberg heran. Ferrari ist dank Turbo-Update wieder voll konkurrenzfähig. Und Valtteri Bottas steht in Montreal zum zweiten Mal hintereinander auf dem Podium. Jetzt durchklicken!
Dabei beginnt das Wochenende für Williams bescheiden: Bei Felipe Massa streikt am Freitag das DRS, beim Bremsen fehlt Anpressdruck. Also crasht er genau dort, wo er 2014 mit Perez kollidiert ist: im Senna-S. Bitter: Die Updates sind nicht doppelt vorhanden. Das kostet von nun an zwei Zehntelsekunden pro Runde.
Kevin Magnussen timt seinen Abflug in Kurve 8 noch schlechter: am Samstagmorgen vor dem Qualifying. Die Renault-Mechaniker müssen das Chassis wechseln, das Auto wird nicht rechtzeitig fertig. Nur dank FIA-Gnaden darf Magnussen am Rennen teilnehmen. In dem dreht er Felipe Nasr um und wird 16.
Nur ein paar Tausendstelsekunden fehlen Rosberg auf die Pole, aber Hamilton ist siegessicher: Seine schnellste Runde war alles andere als optimal. "Es hat trotzdem gereicht", grinst er. Im zweiten Q3-Run schafft Hamilton keine Steigerung mehr - und Rosberg wirft die Bestzeit gleich in der ersten Kurve weg.
Der Start zum Grand Prix von Kanada: Sebastian Vettel erwischt vom dritten Platz einen Raketenstart und zieht souverän an den Silberpfeilen vorbei. Später sagt er: "Ich wusste schon heute Morgen, dass der Start gut wird." Die kanadischen Ferrari-Fans jubeln frenetisch.
Aber dahinter wird's richtig eng: Rosberg kommt etwas besser von der Linie weg als Polesetter Hamilton und gibt vier Wochen nach der Karambolage von Barcelona nicht klein bei, ...
... Hamilton aber auch nicht: Der zu dem Zeitpunkt viermalige Montreal-Sieger lässt sich nach außen tragen, Rosberg geht der Platz aus. Erinnerungen an Suzuka und Austin 2015 werden wach. "Im ersten Moment war ich ziemlich angepisst", gibt Rosberg zu. Hamilton behauptet: "Ich hatte massives Untersteuern."
Rosberg kann zwar weiterfahren, verliert aber bei der Rückkehr auf die Strecke den ganzen Schwung und fällt auf den elften Platz zurück. Dass ihn bei der Aktion kein Gegner abschießt, grenzt an ein Wunder. Dass die FIA die Rückkehr auf die Strecke nicht als gefährliche Fahrweise einstuft auch.
Rosberg schnappt sich in der Anfangsphase der Reihe nach Jenson Button, Alonso und Nico Hülkenberg, leistet sich zwischendurch aber einen Ausritt, der weitere zwei Sekunden kostet. Bis er am Force India vorbei ist, vergehen zehn Runden. Und sein Rückstand auf die Spitze beträgt 24,8 Sekunden.
Vettel führt das Rennen an, obwohl er gleich in der ersten Runde die Schikane vor Start und Ziel abkürzt. Das sollte ihm später zwei weitere Male passieren. "Der Rückenwind in der letzten Kurve war nicht so angenehm", erklärt er, bleibt aber zunächst in Führung. Mit Hamilton fährt er den Verfolgern auf und davon.
Nach dem Debakel in Monte Carlo ist Max Verstappen wieder voll da: Er überholt am Start Teamkollege Daniel Ricciardo, und als er aufgefordert wird, diesen nicht aufzuhalten, ignoriert er die Stallorder wie in guten alten Toro-Rosso-Zeiten. Am Ende wird er für diese Sturheit mit Platz vier belohnt.
Nach neun Runden verabschiedet sich der Honda-Motor von Jenson Button, das virtuelle Safety-Car kommt auf die Strecke. Ferrari reagiert blitzartig: Wenn die anderen auf der Strecke nicht voll fahren dürfen, kostet ein Boxenstopp weniger Zeit. Sowohl Vettel als auch Kimi Räikkönen (P5) wechseln von Ultra- auf Supersoft.
Damit steht fest: Vettel muss noch einmal wechseln, um den Pflichtstint auf Soft zu absolvieren. Zunächst einmal schnappt er sich die beiden Red Bulls. Als er in der 18. Runde an Verstappen vorbeigeht, beträgt sein Rückstand auf Hamilton 10,3 Sekunden. Aber der war noch nicht beim Service.
Bis Hamilton in der 24. Runde an die Box kommt, schrumpft der Vorsprung auf 5,4 Sekunden. 12,2 Sekunden hinter dem Deutschen steigt er wieder ins Rennen ein - und beginnt aufzuholen. Vettel wird nervös: "Get them out of the way!", beschwert er sich über die Nachzügler - obwohl sich bis auf Romain Grosjean alle fair verhalten.
Nach Barcelona und Monte Carlo erlebt Ricciardo das dritte Seuchenrennen hintereinander: Erst verliert er durch einen Fahrfehler den vierten Platz an Bottas, dann halten die Softs (im Gegensatz zu Hamilton) nicht bis zum Schluss. Und beim Reifenwechsel klemmt wieder was. Am Ende Platz sieben.
Für Rosberg geht's im Finish noch um Platz vier. Aber der rotzfreche Verstappen fightet wie ein Löwe, und obendrein herrscht im Tank des Mercedes gähnende Leere. Rosberg muss immer wieder langsame Runden einlegen. Als er es ein letztes Mal versucht, dreht er sich - und hat Glück, dass Räikkönen weit genug zurück liegt.
Hamilton fährt den Grand Prix am Ende souverän nach Hause, nachdem er zwischendurch phasenweise unsicher gewirkt hat. Einer nach dem anderen muss Reifen wechseln, aber die Pirelli-Softs des Siegers halten 46 Runden! Es ist sein fünfter Erfolg in Montreal. Mehr hat nur Michael Schumacher (sieben).
Nach der Zieldurchfahrt zeigen sich Hamilton und Vettel als faire Sportsmänner und scherzen über ein Möwen-Paar, das sich offenbar umbringen wollte: "Die standen in der Schikane, als ich dort rausfuhr. Ich habe gebremst, Lewis nicht", lacht der Ferrari-Star. Hamilton widmet den Sieg dem gerade verstorbenen Muhammad Ali.
Heimlich, still und leise fährt Bottas zu seinem ersten Podium 2016: Während die direkten Gegner Fehler machen, reicht ihm eine solide Vorstellung, um über die Schwächen des Williams hinwegzutäuschen. Denn der ist nicht mehr so stark wie 2014 und 2015 - nicht einmal mehr auf Highspeed-Strecken.
(Motorsport-Total.com) - Das McLaren-Team ging beim Grand Prix von Kanada in Montreal zum dritten Mal im siebten Rennen der Formel-1-Saison 2016 leer aus. Während Fernando Alonso als Elfter eine halbe Minute Rückstand auf einen WM-Punkt (Sergio Perez) hatte, schied Jenson Button schon nach neun von 70 Runden aus - und zwar wieder einmal mit einem kapitalen Motorschaden.
"Es hat plötzlich einen Knall gemacht. Als ich in den Rückspiegel schaute, sah ich nur noch Rauch und Funken und ein paar Teile, die hinten ausgespuckt wurden. Der Motor lief noch, aber ich stellte ihn dann ab. Game over", seufzt der Montreal-Sieger von 2011. Nach dem Ölleck am Freitagmorgen, das einen Motorwechsel nach sich gezogen hatte, war es für Button schon das zweite Honda-Problem an diesem Wochenende.
Im Gegensatz zu früheren Defekten war diesmal wohl einfach die Laufleistung überschritten: "Das war der Motor, den wir schon die letzten paar Rennen gefahren sind. Vielleicht haben wir den einfach zu weit ausgereizt", erklärt er. Theoretisch wäre auch der Motor vom Freitagmorgen noch intakt gewesen, der soll aber vor dem nächsten Einsatz gründlich durchgecheckt werden. Also baute man auf einen älteren Antrieb aus dem Gebrauchtkontingent zurück.
Button hatte dank DRS Benzin gespart
Laut Button gab es vorher keine Warnsignale, dass der Motor explodieren würde, und auch das Team sah den Ausfall nicht kommen: "Die Telemetriedaten von Jensons Auto zeigten keinerlei Probleme an", sagt Honda-Projektleiter Yusuke Hasegawa. "Schade", ärgert sich Button, "denn ich hatte hinter Fernando eine Menge Benzin gespart - ich konnte ja jede Runde DRS drücken. Heute hätten wir ein paar Punkte holen können."
Zum Zeitpunkt seines Ausfalls lag er an elfter Stelle, unmittelbar vor Perez, der am Ende Zehnter werden sollte - und im Windschatten von Teamkollege Alonso, der in den ersten Runden sogar Nico Rosberg kurzzeitig Paroli geboten hatte. Alonso fiel dann hinter Nico Hülkenberg und Rosberg zurück, stand beim verpatzten Boxenstopp 8,3 Sekunden und war plötzlich nur noch 14.
In der 43. Runde verbremste er sich in der Schikane vor Start und Ziel, und während er in jener Phase über 1:20 Minuten fuhr, zog Perez (1:18.4 Minuten) mit Siebenmeilenstiefeln davon - kein Wunder, denn die Reifen am Force India hatten neun Runden weniger drauf als jene von Alonso. Der sonderte daraufhin einen Funkspruch ab: "Can I stop now?" Was von diversen Kommentatoren als Wunsch, das Rennen aufgeben zu dürfen, fehlinterpretiert wurde.
55 Runden, drei Sekunden: Alonso flunkert bei den Fakten
"Wir lagen außerhalb der Punkte und meine Reifen hatten ungefähr 55 Runden drauf", erklärt Alonso (und nimmt's mit den Details nicht so genau, denn seine Pirellis schafften bis zur Zieldurchfahrt nur 52). "Es war sehr schwierig, das Auto überhaupt auf der Strecke zu halten. Die anderen, die Reifen gewechselt hatten, waren drei Sekunden schneller als ich. Da wäre es vielleicht möglich gewesen, einen Boxenstopp zu machen, ohne dass es Punkte kostet."
Im Windschatten von Fernando Alonso konnte Button Benzin sparen
Warum? "Um die letzten Runden noch ein paar schnelle Zeiten zu setzen und ein bisschen Spaß zu haben", antwortet Alonso. "Aber es war riskant, weil noch die Chance auf einen Punkt bestand, falls jemand ausgefallen wäre. Und man hat ja bei Rosberg gesehen, dass immer etwas passieren kann." Der Mercedes-Star schlug bei seinem Highspeed-Dreher in der vorletzten Runde aber nicht an und brachte Platz fünf ins Ziel, sodass für Alonso nichts zu erben war.
"Es war ein einsames Rennen", sagt er. "Wir hatten kein Glück mit dem Safety-Car oder dem Regen - nichts, was uns zurück ins Rennen gebracht hätte. Aber unterm Strich waren wir einfach nicht schnell genug." Frust, der auch bei Teamkollege Button mitschwingt: "Es ist immer so, nicht wahr? Wenn du Benzin sparst und in einer guten Position bist, dann hält das Ding nicht." Auch Hondas Turbo-Update hat McLaren also nicht dramatisch näher an die Spitze gebracht...