Rosbergs kleines Meisterstück
Trotz größter Widrigkeiten hat Mercedes-Pilot Nico Rosberg in Kanada Platz zwei nach Hause gebracht - und baut somit seinen Vorsprung auf Lewis Hamilton aus
(Motorsport-Total.com) - Für Mercedes entpuppte sich der Große Preis von Kanada als äußerst turbulentes Rennen. Bereits beim Start gerieten Nico Rosberg und Lewis Hamilton beinahe aneinander, der Brite musste auf das Gras ausweichen. Nachdem Hamilton dann durch einen Boxenstopp die Führung übernommen hatte, nahm das Schicksal seinen Lauf: Beide Piloten meldeten fast zeitgleich einen Abfall der Motorleistung - wie sich herausstellen sollte, ein Fehler im Energierückgewinnungssystem. Es folgten diverse Verbremser, Hamilton musste aufgeben. Rosberg konnte sich am Ende noch als Zweiter ins Ziel retten - ein klarer Fall von Schadensbegrenzung.
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Nico Rosberg hat seinen Vorsprung in der Meisterschaft auf 22 Punkte ausgebaut Zoom Download
Kurz nach Halbzeit des Rennens war es zum Schockmoment für den Deutschen gekommen: "Der erste Gedanke ist dann natürlich: Das Rennen ist gelaufen. Also im Kampf mit meinem Teamkollegen, weil der natürlich nach drei Runden vorbeikommt. Dann habe ich gesehen, dass er auch langsam ist und mich gefragt: Was ist denn jetzt los?! Dass wir das Problem gleichzeitig hatten, ist schon sehr verrückt." Sportchef Toto Wolff war ebenso verblüfft. Erst habe sich Hamilton via Funk gemeldet, er habe keine Power, "gefühlte 20 Sekunden später" sei die gleiche Botschaft von Rosberg eingetroffen.
"Da kann man dann natürlich alle möglichen schizophrenen Gedanken bekommen: Sitzt da irgendwo jemand mit einer Fernsteuerung (lacht; Anm. d. Red.)? Nein, aber beide Power-Units sind absolut auf den gleichen Temperaturen gelaufen, und dann war eben die Konsequenz, dass erst das eine, dann das andere System ausgefallen ist." Auch seien beide Antriebseinheiten der Silberpfeile genau gleich alt gewesen. Warum genau es zum Defekt kam, wisse Wolff noch nicht, "aber normalerweise sollte das keine Konsequenzen geben."
Rosberg gibt das Chamäleon
"Ich habe das ERS verloren", erinnert sich Rosberg an den denkwürdigen Moment, "und wenn du das verlierst, gewinnst du auch keine Energie zurück. Somit kommt dann die gesamte Bremsleistung hinten von den Bremsen (nicht mehr elektrisch unterstützt; Anm. d. Red.), wodurch diese überhitzen. Es gab also erst das eine, dann das andere Problem, was es zu einer äußerst schwierigen Angelegenheit gemacht hat."
"Als ich einmal meinen Rhythmus gefunden hatte, war ich aber eigentlich schön im Tunnel", denkt Rosberg an das schwierige Rennen zurück. "Die Jungs haben dann auch weniger mit mir gesprochen, und ich musste einfach akzeptieren, dass ich die Bremsbalance künstlich so weit vorn hatte. Dann konnte ich attackieren, und dann war es sogar eine coole Phase. Ich habe gesehen, dass ich es gerade so schaffen kann, und habe einfach voll attackiert."
Überraschungszweiter
"Wenn man dies im Hinterkopf behält, war es ein sehr gutes Rennen mit vielen Punkten", findet Rosberg: "Perspektivisch war das natürlich Schadensbegrenzung." Trotzdem räumt er ein, dass es für ihn kein optimales Rennen gewesen sei: "Den Sieg zu verlieren, war natürlich sehr, sehr enttäuschend. Wir haben eigentlich so einen Speed und so ein tolles Auto, dass ein zweiter Platz - und auch die Tatsache, nicht mit beiden Autos ins Ziel zu kommen - extrem enttäuschend sind. Unsere Ambition ist, Doppelsiege einzufahren, und da müssen wir auch wieder hinkommen in Österreich."
Untersuchungen wirklich nötig?
In einer frühen Phase des Rennens hatte sich Rosberg im Zweikampf mit Hamilton vor der letzten Schikane verbremst und musste abkürzen. Der Vorfall wurde von den Stewards untersucht, Rosberg kam jedoch mit einer Verwarnung davon - in seinen Augen die richtige Entscheidung: "Naja, das kam auch vom Verstellen der Bremsbalance. Aber ich habe mir nichts dabei gedacht und auch keinen Vorteil gehabt. Also zuerst schon, aber dann habe ich in den Kurven 1 und 2 das Tempo rausgenommen und solange ich da letztlich keinen Vorteil habe, ist das okay. Zum Glück wurde das auch so bewertet."
Fotostrecke: Pressestimmen zum GP Kanada
Gazzetta dello Sport (Italien): "Red Bull feiert die Wiederauferstehung mit Ricciardo, der das verblüffte Gesicht eines Kindes vor den Weihnachtsgeschenken hat, während die Fans in Montreal ihm Standing Ovations für seinen ersten Sieg in der WM darbringen. Red Bull feiert den perfekten Tag, der mit der Ankündigung der Erneuerung des mehrjährigen Vertrages mit Adrian Newey begonnen hatte. Auch Sebastian Vettel schafft es endlich wieder aufs Podium." Fotostrecke
Obwohl er ungeschoren davongekommen ist, ärgert sich der Wahlmonegasse etwas darüber, dass sich auch bei kleinen Ausritten wie seinem direkt die Rennkommissare einschalten: "Dass die Stewards sich damit beschäftigt haben, fand ich ein bisschen seltsam, weil wir alle uns darauf verständigt hatten, dass man beim ersten Mal vielleicht eine Verwarnung bekommt, sollte man sich verbremsen. Natürlich darfst du es nicht dreimal hintereinander machen, aber das ist ja klar."