• 07. Juni 2025 · 08:25 Uhr

Automobilclubs stehen hinter bin Sulayem: Bleibt er deshalb FIA-Präsident?

Carlos Sainz könnte Mohammed bin Sulayem um den Posten als FIA-Präsident herausfordern, der aktuelle Amtsinhaber scharrt aber schon Unterstützer um sich

(Motorsport-Total.com) - Carlos Sainz' mögliche Kandidatur als Präsident des Automobil-Weltverbandes (FIA) hat ihren ersten ernsthaften Dämpfer erhalten: 37 Automobilclubs sprechen dem amtierenden Präsidenten ihre Unterstützung aus.

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Mohammed bin Sulayem neben einem FIA-Logo (Fotomontage) Zoom Download

"Wenn jemand will, dass ich gewinne, muss er nur die falschen Worte zu mir sagen: 'Du kannst das nicht.' Sobald ich das höre, werde ich alles tun, um zu gewinnen." Mit diesen Worten beschrieb FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem im vergangenen Jahr im Interview mit GP Racing seinen Kampfgeist - und genau diese Haltung zeigt er nun auch im politischen Vorfeld zur Präsidentschaftswahl im Dezember. Das von 37 Automobilclubs weltweit unterzeichnete Unterstützungsschreiben ist nicht weniger als ein präventiver Schlag gegen Carlos Sainz, der jüngst öffentlich machte, eine Kandidatur gegen bin Sulayem in Erwägung zu ziehen.

Eine Kandidatur für das höchste Amt in der FIA ist nicht nur eine politische, sondern auch eine mathematische Herausforderung. Jeder Bewerber muss eine sogenannte Liste mit festen Unterstützern vorlegen, die auf seinem Wahlvorschlag stehen.

Das sind die Regeln der Wahl

Konkret braucht ein Präsidentschaftskandidat neben sich selbst weitere Vizepräsidenten - unter anderem für die Bereiche Automobil, Mobilität und Tourismus. Unter den Sport-Vizepräsidenten müssen zwei aus Europa stammen, je einer aus Afrika, Asien-Pazifik, Nordamerika, Südamerika sowie aus der Region Naher Osten/Nordafrika.

Diese Vorgaben sollen sicherstellen, dass ein Kandidat globale Rückendeckung besitzt, bevor er überhaupt zur Wahl antreten darf. Laut FIA-Statuten darf ein Club allerdings nur einen Kandidaten unterstützen. Wer also auf einer Liste steht, kann keine anderen Anwärter unterstützen.

Das bedeutet: Der amtierende Präsident kann potenzielle Herausforderer bereits im Vorfeld blockieren, wenn er sich frühzeitig die volle Unterstützung nur einer geografischen Region sichert. Dieses Szenario hat es bereits gegeben - etwa 2013, als David Ward seine Kandidatur gegen Jean Todt zurückzog, weil elf von zwölf nordamerikanischen Clubs Todt bereits ihre Unterstützung zugesagt hatten.

Sulayem geht taktisch vor

Genau das scheint nun auch bin Sulayems Strategie zu sein. Für Beobachter innerhalb der Formel-1-Welt mag das überraschend wirken, doch die Königsklasse ist bei weitem nicht das Hauptgeschäft der FIA, auch wenn sie medial die größte Aufmerksamkeit erhält. Schon bei seiner Wahl 2021 war bin Sulayem faktisch ohne Gegner, weil er sich im Vorfeld die nötige Mehrheit gesichert hatte.

"Wenn Sie mich fragen, ob ich sicher war, dass ich Präsident werde, sage ich: Ja", erklärte er im GP-Racing-Interview. "Das ist kein Ego. Man muss arbeiten, smart sein, nachfassen. Ich sehe Dinge, die andere vielleicht nicht sehen."

"Ich erinnere mich: Während meiner Kampagne haben sie mir ständig was über Social Media erzählt: 'Oh, wir besorgen dir so und so viele Follower.' Ich habe gesagt: Ich habe 235 Clubs und Organisationen, und die Hälfte unterstützt mich", so der FIA-Präsident weiter. "Bleiben 120. Warum brauche ich dann Millionen auf Social Media? Konzentriert euch auf die restlichen 120. Wenn ich davon 50 bekomme, habe ich gewonnen."

Bisher sind Machtkämpfe selten

Dass ein amtierender FIA-Präsident tatsächlich bei der Wiederwahl herausgefordert wird, ist äußerst selten. Als Max Mosley 1993 Jean-Marie Balestre ablöste, war er bereits seit zwei Jahren Präsident der damaligen FISA (dem damaligen Sportarm der FIA). Balestre zog sich schließlich zurück und übernahm die Rolle des Senatsvorsitzenden.

Mosleys Taktik: Er bot an, das Amt zunächst unentgeltlich zu übernehmen und sich bereits nach einem Jahr erneut zur Wahl zu stellen - ein Zugeständnis, das ihm die nötige Mehrheit einbrachte. Herausforderer Jeffrey Rose vom britischen Royal Automobile Club zog seine Kandidatur noch vor der Wahl zurück. Mosley wurde danach viermal in Folge ohne Gegenkandidat wiedergewählt.

Nach Mosleys Rückzug 2009 setzte sich Jean Todt gegen Ari Vatanen durch. In Todts zweiter Amtszeit wollte David Ward kandidieren, zog jedoch zurück - mit dem Vorwurf, Todt habe die Statuten zu seinen Gunsten verändert, indem er die erforderliche Zahl an Vizepräsidenten pro Region erhöht habe.

Umstrittener Präsident

Nun wird spekuliert, dass auch die für die nächste Generalversammlung geplanten Änderungen am FIA-Statut darauf abzielen könnten, die Position des amtierenden Präsidenten weiter zu festigen.

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Der FIA-Präsident will Konkurrenz schon früh in Keim ersticken Zoom Download

Dabei ist bin Sulayems bisherige Amtszeit durchaus umstritten. Als sein bisheriger Vizepräsident für Sport, Robert Reid, im März zurücktrat, kritisierte er unter anderem eine mangelnde Transparenz und eine zunehmende Zentralisierung der Macht unter dem Präsidenten - das Gegenteil dessen, was bin Sulayem einst in seinem Wahlprogramm angekündigt hatte. Damals versprach er, sich aus dem operativen Geschäft herauszuhalten und stattdessen einen CEO einzusetzen, der die FIA nach professionellen Managementstandards führen sollte.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass im Unterstützungsschreiben der Automobilclubs explizit gedankt wird - gleich im ersten Absatz - für die Umsetzung eben jenes Wahlprogramms. Wörtlich heißt es dort: "Wir sind uns alle der katastrophalen finanziellen Lage bewusst, die Sie geerbt haben. Ohne Ihre entschlossenen und mutigen Maßnahmen vom ersten Tag an wäre die Zukunft der FIA ernsthaft in Gefahr gewesen."

Finanzielle Erholung

Diese Aussage ist tatsächlich kaum umstritten. Die finanzielle Lage des Verbands war kritisch - nicht zuletzt infolge des umstrittenen "Long-Lease"-Vertrags, den Mosley mit Bernie Ecclestone Anfang der 2000er über die kommerziellen Formel-1-Rechte geschlossen hatte. Die Einnahmen daraus flossen größtenteils an Ecclestone, nicht an die FIA. Auch die Rekordstrafe von 100 Millionen US-Dollar gegen McLaren im "Spygate"-Skandal 2007 wanderte nicht in den Verbandshaushalt, sondern in die unabhängige FIA-Stiftung.

Todt setzte in seiner Amtszeit viele Maßnahmen zur finanziellen Stabilisierung um. Doch als bin Sulayem übernahm, schrieb die FIA zweistellige Millionenverluste. Nun konnte er erstmals einen Betriebsgewinn in Höhe von 4,7 Millionen Euro vermelden.

In einem aktuellen Interview sprach bin Sulayem auch über das Ungleichgewicht der Einnahmen zwischen der FIA und den Formel-1-Teams beziehungsweise deren Personal - auch das dürfte im Kontext des Unterstützungsschreibens kein Zufall sein.

Alles deutet darauf hin, dass bin Sulayem seinen Wahlkampf weniger mit Worten, sondern mit Zahlen führen will. Und wie er schon 2021 bewiesen hat: Prinzipien und Governance-Strukturen sind gut - aber am Ende zählen die Stimmen. Denn gegen Zahlen lässt sich schwer argumentieren.

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