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Im Laufe seines Berufs- und Privatlebens erwarb sich Bernie Ecclestone den Ruf, jede Krise sowie jeden Skandal unbeschadet zu überstehen und anschließend genauso weiterzumachen wie zuvor. Diese "Tefloneigenschaften" sicherten dem Zampano seine Macht in politischen Zwickmühlen, nach seiner Scheidung, bei allerlei juristischen Problemen und verbalen Entgleisungen. Erstmals wackelte Ecclestone aber nicht als Geschäftsmann, sondern als Rennfahrer. Ein Rückblick auf Skandale und Skandälchen.
1951 hat Ecclestone, der zu dieser Zeit mit überschaubarem Erfolg in der damaligen Formel 3 unterwegs ist, schwere Crashs auf seiner Hausstrecke in Brands Hatch zu überstehen. Er beendet seine aktive Laufbahn vorläufig, um Fahrermanager zu werden. Erst sieben Jahre später klettert er wieder ins Cockpit und versucht zweimal erfolglos, sich für Grands Prix der Königsklasse zu qualifizieren.
Im Jahr 1958 stirbt der von Ecclestone betreute Stuart Lewis-Evans an den Folgen einer Explosion seines Motors beim Rennen in Marokko. Der Brite wendet sich von der Formel 1 ab und hat zwölf Jahre lang keine offizielle Funktion mehr, ehe er als Manager Jochen Rindts zurückkehrt.
Als oberster Vertreter der Vereinigung der privaten Formel-1-Teams, der FOCA, legt sich Ecclestone Anfang der 1980er-Jahre mit dem FIA-Vorgänger FISA und deren schillerndem Chef Jean-Marie Balestre (rechts, mit Max Mosley) an. Es kommt zu einem Piratenrennen, mehreren Boykottdrohungen und schließlich sogar zum Streik beim San-Marino-Grand-Prix 1982...
Ecclestone geht als großer Sieger hervor, schließlich sichert er sich die Fernsehrechte und treibt die kommerzielle Vermarktung der Königsklasse beispiellos voran. Als Rechtsberater bei Brabham und bei der FOCA ist schon damals Max Mosley an seiner Seite. Die beiden gewinnen auch an Einfluss bei der FIA.
Mitte der 1980er-Jahre geht es für das Team Brabham, das Ecclestone 1971 für 120.000 US-Dollar gekauft hatte, bergab. Nelson Piquet will mehr Geld, Designer Gordon Murray wird von McLaren abgeworben und Motorenlieferant BMW kehrt der Königsklasse den Rücken. Trotzdem schafft Ecclestone es, das Unternehmen für fünf Millionen US-Dollar zu verkaufen.
Bestechungsvorwürfe gegen den Premierminister: 1997 droht die EU mit einem Tabakwerbeverbot, welches für die Formel 1 existenzbedrohend sein könnte. Um eine Ausnahme zu erwirken, interveniert der bekennende Labour-Party-Anhänger Ecclestone bei Tony Blair. Der ist gerade in das Amt des Premierministers gewählt worden und lässt in Brüssel von seiner sonst tabakkritischen Gesundheitsministerin in der Tat für eine Sonderregelung plädieren. Das bleibt nicht ohne Folgen...
Obwohl sich alle auf die Sicherung der britischen Wirtschaft und einen Anreiz, die Formel 1 am Abwandern nach Asien zu hindern, berufen, wird die Sache zum Bumerang. Ecclestone hat im Januar 1997 eine Million Pfund Sterling an die Labour Party gespendet und Blair steht im Verdacht, bestechlich zu sein. Blair kittet die Sache mit politischem Geschick und zahlt die Zuwendung zurück, lügt aber im Parlament wegen des Zeitpunktes der Entscheidung - doch das wird erst 2008 publik, als er gar nicht mehr im Amt ist.
1999 bangt Ecclestone um sein Leben und verkauft Formel-1-Anteile, um seine Familie abzusichern: Eine schwere Herzoperation mit einem dreifachen Bypass ist nötig. Er übersteht die Sache und spielt sie später herunter: "Diese Art von Eingriffen sind wie ein Besuch beim Zahnarzt. Ich war überhaupt nicht besorgt. Warum sollte ich auch. Ich rief den Arzt an und fragte ihn, ob er am Mittwoch schon verplant sei. Das war's. Alles klappte gut, auch wenn ich erneut kommen musste, weil sie mich nochmal zunähen mussten. Aber zwei Wochen später war ich wieder im Büro."
Obwohl eine Frau im Formel-1-Cockpit als großer Traum Ecclestones gilt, fällt er 2005 durch politisch unkorrekte Bemerkungen auf. Über IndyCar-Pilotin Danica Patrick sagt der Zampano, dass "Frauen ganz in Weiß gekleidet sein sollten wie die übrigen Haushaltsgeräte". Obwohl er sich telefonisch bei der US-Amerikanerin entschuldigt, wiederholt er das Ganze nochmal - und entschuldigt sich wieder. Es ist nicht der erste Ausrutscher: Schon 2000 wünscht sich Ecclestone mit einer fragwürdigen Anspielung auf Quotenregelungen eine Frau "bestenfalls schwarz und gut aussehend, vorzugsweise jüdisch oder moslemisch und Spanisch sprechend".
Apropos Frauen: Nach einer 1952 geschlossenen und gescheiterten Ehe mit Ivy Bamford und einer Daueraffäre mit Tuana Tan heiratet der Zampano 1984 das ehemalige Model Slavica Radic. Die Kroatin ist nicht nur hübsch, sondern auch klug: Als Steuertrick und Absicherung des Vermögens gedacht, gelangt in den Besitz des Familienunternehmens Bambino, das als Stiftung in Liechtenstein organisiert ist. Dessen Gewinne streichen sie sowie die gemeinsamen Töchter Petra und Tamara ein - auch nach der Scheidung des Paares 2009, die das Imperium kurz in Wanken bringt. Doch Ecclestone ist abgesichert: Slavica ist gegenüber Bernie unterhaltspflichtig und löhnt jedes Jahr rund 70 Millionen Euro.
Ecclestone wird auch zweimal Opfer von Verbrechen: Im März 2005 ist er selbst nicht bedroht, jedoch wird sein nagelneuer Mercedes CLS55 AMG gestohlen. Anders 2010: Als er im November mit seiner damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau Fabiana Flosi nach Hause kommt, wird er von vier bewaffneten Männern überfallen. Die beiden müssen Schmuck und Armbanduhren herausrücken - anschließend wird Ecclestone von einem der Kriminellen bewusstlos geschlagen und mit leichten Kopfverletzungen im Krankenhaus eingeliefert.
Einen großen Aufschrei verursachen Ecclestones Kommentare bezüglich Adolf Hitler. Den Diktator lobt er 2009 in einem Interview mit der 'Times': "Es ist wahrscheinlich schrecklich, das zu sagen, aber abgesehen davon, dass Hitler (...) überzeugt werden musste, Dinge zu tun, von denen ich keine Ahnung habe, ob er sie eigentlich wollte oder nicht, konnte er viele Menschen befehligen und etwas auf die Beine stellen." Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger erscheint daraufhin nicht zu einem Treffen. Erneut muss sich der Brite entschuldigen.
Auch an der Demokratie lässt er im Rahmen des Skandalinterviews kein gutes Haar: "Sie haben in vielen Ländern nichts Gutes gebracht - auch in diesem." Später bezeichnet er Wladimir Putin als "guten Kumpel". Der Staatschef erhält 2014 bei einem anderen brisanten Thema die Unterstützung Ecclestones. Er ist mit der russischen Politik bezüglich Homosexualität im Vorfeld der Olympischen Winterspiele "vollständig einverstanden" und glaubt im Gespräch mit 'CNN', dass Putin missverstanden wurde: "Er hat nie gesagt, dass er dagegen ist - nur, dass er diese Dinge nicht an ein minderjähriges Publikum verbreiten will. Ich stimme den Meinungen vollkommen zu, und wenn man eine weltweite Umfrage durchführen würde, dann würden 90 Prozent der Welt ebenfalls zustimmen."
Die größte Gefahr für seine Macht geht vor wenigen Monaten von einem gewissen Gerhard Gribkowsky aus: Weil der inhaftierte Ex-Vorstand der BayernLB Ecclestone bezichtigt, ihn mit rund 36 Millionen Euro bestochen zu haben, wird er vor dem Oberlandesgericht München angeklagt. Gribkowsky soll im Jahr 2006 angeblich dafür sorgen, dass die Landesbank ihre 47,2-prozentige Beteiligung an der Königsklasse an den Investor CVC Capital Partners verkauft, eventuell sogar zu einem nicht-marktüblichen Preis - im Gegenzug soll Ecclestone Formel-1-Boss bleiben.
Obwohl die Sachlage verworren ist, kommt Ecclestone weitgehend unbeschadet aus der Sache heraus: Er zahlt 100 Millionen US-Dollar (rund 75 Millionen Euro), um das Gericht als freier Mann zu verlassen. Der Deal sichert "Mr. E" zudem weiterhin seine Position als Herrscher der Formel 1. Diverse Nebenprozesse, vorangetrieben allen voran von wegen des niedrigen Verkaufspreises vermeintlich geprellten Firmen und Formel-1-Teilhabern, verlaufen im Sande.
(Motorsport-Total.com) - Am Rande des Grand Prix von Italien in Monza wurde intensiv darüber spekuliert, dass der Verkauf der Formel-1-Anteile der Investmentgesellschaft CVC Capital Partners am Dienstag (also heute) formell eingeleitet werden könnte. Demnach soll die Mediengruppe Liberty Media von John Malone in einem ersten Schritt CVC-Anteile übernehmen und etwas später, in einem zweiten Schritt, volle Kontrolle ausüben.
Gegenüber 'RTL' bestätigt Bernie Ecclestone, dass ein Eigentümerwechsel "möglich" sei, er betont aber, es handle sich dabei nur um eine Minderheitsbeteiligung. 'Autosport' berichtet, dass der Deal noch nicht so weit sei, wie in Monza spekuliert wurde, weil neben Liberty Media auch andere Parteien Interesse bekundet haben sollen.
RSE Ventures zum Beispiel, die Investmentfirma von Miami-Dolphins-Eigentümer Stephen Ross, die seit Sonntagabend plötzlich wieder ein Thema ist. Inwieweit es sich dabei um ernsthaftes Interesse handelt oder ob die Gerüchte von CVC bewusst gestreut werden, um den Kaufpreis für Liberty Media in die Höhe zu treiben, ist unklar.
Staat Norwegen möchte angeblich auch verkaufen
Neben CVC (derzeit im Besitz von 35,1 Prozent) will angeblich auch der Staat Norwegen seine Anteile an der Formel 1 abstoßen und den Return on Investment mitnehmen. Aber bei Transaktionen dieser Größenordnung sind viele Varianten denkbar; welche letztendlich momentan ernsthaft im Gespräch sind, ist von außen nicht seriös zu bewerten.
Donald Mackenzie, Bernie Ecclestone und seine rechte Hand Pasquale Lattuneddu
Eine Überweisung der ersten Tranche schon heute, wie von 'auto motor und sport' am Wochenende angekündigt, gilt als unwahrscheinlich. "Es würde mich sehr überraschen, sollte schon diese Woche etwas bekannt gegeben werden", winkt CVC-Manager Donald Mackenzie im 'Independent' ab. Und auch von einem Ecclestone-Rausschmiss will er nichts wissen: "Soweit ich weiß, geht Bernie nirgendwo hin. Es hat sich nichts geändert."
Das sieht Eddie Jordan, dem seit seiner Vorhersage des Schumacher-Comebacks der Ruf eines Orakels anhaftet, anders: "Ich gehe davon aus, dass Bernie Ecclestone seinen Rücktritt in den nächsten Tagen bekannt gibt", sagt er der 'Bild'-Zeitung. Ecclestone selbst weicht auf der offiziellen FOM-Internetseite aus: "Keine Ahnung, was die gekauft haben - und an welches Management sie denken. Wirklich nicht. Tatsache ist, dass ich keine Anteile zu verkaufen habe."
Ecclestone besitzt nur 5,3 Prozent
Haben sehr wohl, wollen vielleicht weniger. Ecclestone besitzt selbst 5,3 Prozent an der Formel 1, seine Treuhandgesellschaft Bambino weitere 8,5 Prozent. Auf die hat er formaljuristisch gesehen jedoch keinen Zugriff, weil sie von seiner Ex-Frau Slavica und den Töchtern Tamara und Petra kontrolliert wird. Könnte man beweisen, dass Bambino von Ecclestone selbst kontrolliert wird, würde das die britischen Steuerbehörden sicher interessieren.
Die Formel-1-Teams könnten sich mit einem neuen Geschäftsführer gut anfreunden, hört man hinter vorgehaltener Hand. Vor laufenden Kameras will sich jedoch niemand einen Wechsel an der Spitze wünschen: "Bernie", sagt etwa Mercedes-Sportchef Toto Wolff, "hat 50 Jahre lang hervorragende Arbeit geleistet und die Formel 1 zu dem gemacht, was sie heute ist. Das wird von jedem anerkannt - sei es von uns oder von etwaigen zukünftigen Shareholdern.
Wolff: Großer Respekt vor Ecclestones Lebenswerk
"Er hat ein Imperium aufgebaut, von dem wir alle profitieren. Dieses Imperium generiert eineinhalb Milliarden Dollar Profit, jedes Jahr", erklärt er. "Die Zukunft wird zeigen, ob es Bereiche gibt, in denen wir noch besser arbeiten können. Ich weiß nicht. Aber ich will darüber nicht spekulieren. Das wäre falsch." Red-Bull-Teamchef Christian Horner (übrigens Ecclestones Trauzeuge) meint nur: "Ich hoffe ehrlich, dass Monza nicht Bernies letztes Rennen war. Ich glaube nicht."
Alejandro Agag könnte bald auch in der Formel 1 eine Rolle spielen
In Branchenkreisen wird gemunkelt, dass Ecclestone auch unter Liberty-Regentschaft vorerst Geschäftsführer bleiben soll, um eine saubere Übergabe an seine Nachfolger zu gewährleisten. Diesbezüglich sind mehrere Namen im Gespräch. Der Medienmanager Chase Carey könnte eine Rolle spielen, ebenso wie Formel-E-Chef Alejandro Agag (Liberty ist Miteigentümer der Formel E) oder auch Motorsport-Marketingexperte Zak Brown.
Jemand, der den potenziellen neuen Eigentümern recht aufgeschlossen gegenübersteht, ist Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche. "Nach meinem Kenntnisstand liegt darin in Summe gesehen mehr Chance als Risiko. Deswegen glaube ich, dass wir das positiv sehen können", sagt er im Interview mit 'Sky', betont aber: "Nach meiner Kenntnis ist nichts unterschrieben. Aber es gibt eine wahrscheinliche Entwicklung, die auch noch nicht im vollen Umfang bekannt ist."