• 21. September 2023 · 15:41 Uhr

Insekten-Hotels und gelb-schwarze Randsteine: Vettels neueste Idee

Sebastian Vettel stellt beim Formel-1-Rennwochenende in Suzuka eine neue Umwelt-Initiative vor und erhält Zuspruch aus dem kompletten Fahrerlager

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel ist zurück in der Formel 1, aber in eigener Mission: Zusammen mit japanischen Helfern hat er im Infield des Suzuka International Racing Course ein Umweltprojekt aufgebaut. Damit will Vettel einerseits etwas Gutes tun, andererseits auf die schwindende Biodiversität weltweit aufmerksam machen. Aber um was genau geht es denn bei dieser Aktion?

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Sebastian Vettel mit den Formel-1-Fahrern hinter den gelb-schwarzen Randsteinen in Suzuka Zoom Download

Ein Gruppenbild von Vettel und den aktuellen Formel-1-Fahrern mit einem großen Plakat gibt einen ersten Aufschluss. Dort ist der Schriftzug "Buzzin' Corner" zu lesen. Die Rennfahrer posieren hinter den gelb-schwarzen Randsteinen in Kurve 2. Dahinter sind einige kleine Häuschen zu sehen, im Hintergrund das Fahrerlager und die Boxengasse von Suzuka.

Vettel gibt an, er habe einen Lebensraum für wilde Insekten schaffen wollen. "Alle Arten von Insekten, Käfern, Schmetterlingen und alles, was krabbelt, sollen hier einen Lebensraum finden zum Nisten, zum Überwintern, zur Futtersuche", so erklärt er.

Ein kleines Dorf für kleine Tiere

Und Vettel wäre nicht Vettel, würde er bei so einer Aktion nicht selbst anpacken und sich die Hände schmutzig machen. Am Mittwoch stand er bis in die Abendstunden mit einem japanischen Tempelschreiner in der Werkstatt, um die Häuschen zu bauen. Als sie am Donnerstag dann aufgestellt wurden, kümmerte sich der 36-Jährige höchstpersönlich drum, dass alles so war, wie es sein sollte.

Das Ergebnis sind keine klassischen Insekten-Hotels, sondern es ist ein kleines "Dorf" mit Behausungen für alle möglichen Kleinlebewesen.

"Eine kleine Gruppe und ich hatten viel Spaß dabei", sagt Vettel. "Wir haben uns vom Isa-Schrein etwa eine Stunde südlich von hier inspirieren lassen, damit die kleinen Hütten auch japanisch aussehen."

Die zehn Formel-1-Teams hat er eingeladen, um mit ihren Fahrern bei der Fertigstellung zu helfen, und die Teams sind mit ihren Fahrern der Einladung gefolgt. Auch darum hat sich Vettel selbst gekümmert und nicht etwa seine Assistenten losgeschickt.

Hamilton adelt Vettel für dessen Engagement

Besonders herzlich fiel das Wiedersehen zwischen Vettel und Lewis Hamilton aus. Die beiden Mehrfach-Weltmeister umarmten sich, später sagte Hamilton: "Es ist großartig, dass Seb an diesem Wochenende hier ist. Ich kenne keinen anderen Fahrer aus der Formel-1-Historie, der so klar seine Meinung sagt und so viel Mitgefühl zeigt für die Welt außerhalb der Formel 1."

Vettel verstehe "seine Plattform" ideal zu nutzen, meint Hamilton weiter. "Ich hoffe immer, dass er mit seinen Aktivitäten die anderen Fahrer dazu inspiriert, etwas zu unternehmen, vielleicht auf ihre eigene Art und Weise. Denn wir alle in dieser Welt müssen zusammen etwas tun, um positiven Einfluss zu nehmen, um Liebe und Mitgefühl zu verbreiten."

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Lewis Hamilton und Sebastian Vettel in Suzuka Zoom Download

Es gelte, gemeinsam "ein Bewusstsein [zu] schaffen für die Millionen von Problemen, die es gibt und die wir angehen müssen", sagt Hamilton. "Biodiversität ist eines davon. Seb arbeitet hier mit Bienen und schafft an diesem Wochenende ein Bewusstsein dafür. Das ist eine gute Sache, mit der er Aufmerksamkeit darauf lenkt, wie wichtig Bienen eigentlich sind."

Bienen als Botschafter für Vettels Umweltprojekt

Die Bienen versteht Vettel bei seinem Insekten-Projekt aber nur als "Botschafter" und will seine Aktion nicht allein auf Bienen beschränkt wissen. Die Biene habe aber Symbolkraft, weil "wir alle kennen [sie als] ein berühmtes Insekt", so Vettel. "Sie ist gelb und schwarz. Jeder hat sofort ein Bild dazu im Kopf. Wir verwenden die Biene also dazu, unsere Botschaft zu verbreiten."

Und die Formel 1 hilft mit. Schon in Monaco, bei seinem ersten Grand-Prix-Besuch nach dem Rücktritt, hatte Vettel die Idee bei Formel-1-Chef Stefano Domenicali vorgestellt. "Er hat die Sache sehr unterstützt", sagt Vettel. "Er war zuversichtlich, dass wir es hinkriegen. Und ich freue mich, dass es geklappt hat und dass alle mitziehen."

"Hoffentlich ist das nur der Anfang einer Initiative und von Projekten rund um die Welt für mehr gelb-schwarze Randsteine an Rennstrecken und mehr Lebensräume für Insekten. Und es wäre toll", sagt Vettel weiter, wenn sich weitere Strecken dieser Aktion anschließen würden. Das hängt laut Vettel aber davon ab, "wie sich die Formel 1 engagieren will".

Tut die Formel 1 schon genug für den Umweltschutz?

Tatsächlich hat sich die Formel 1 einem ehrgeizigen Nachhaltigkeits-Programm verschrieben und will bis 2030 CO2-neutral sein. Im neuen Technischen Reglement für 2026 sind deutlich umweltverträglichere Antriebe fixiert und Plastikflaschen schon jetzt aus dem Fahrerlager verbannt.


Fotostrecke: Das Insekten-Projekt von Sebastian Vettel bei der Formel 1 in Suzuka

Tut die Formel 1 also schon genug in Sachen Umweltschutz? Vettel: "Das muss man die Formel 1 selbst fragen. Aber ich glaube, jedes Unternehmen oder jede Sportplattform hat eine steigende Verantwortung. Und natürlich ist es schön, Ziele auszugeben, aber es ist noch besser, diese Ziele zu erreichen und Schritte zu sehen, die sich darauf zubewegen. Die Antwortet lautet daher: Wir alle können mehr tun."

Er selbst wolle daher vor allem ein Zeichen setzen und zur Eigeninitiative anregen. "Wir müssen die Vielfalt feiern, nicht nur unter uns Menschen, sondern auch in der Natur", sagt Vettel. "Und wir müssen die Natur beschützen. Das liegt mir am Herzen. Und dafür will ich hier ein Bewusstsein schaffen."

Warum Vettel Japan für seine Aktion ausgewählt hat

Aber warum ausgerechnet Japan? Auch das ist für Vettel eine Herzensangelegenheit: "Ich liebe Japan. Es ist auch ein bisschen eine Herausforderung, denn Japan liegt nicht gerade in unserem Hinterhof, sondern ist etwas weiter weg."

"Aber hier habe ich während meiner Karriere viel Unterstützung erfahren, und das bedeutet mir eine Menge. Und es wäre schön, wenn wir Japan immer als einen Ausgangspunkt für das Projekt begreifen könnten. Das hier ist nämlich nur der Anfang."

Ist das Vettels neue Bestimmung nach der Formel 1?

Womit Vettel vielleicht andeutet, dass er weitere Aktionen dieser Art plant. Hamilton jedenfalls meint, er habe darin "Sebs Bestimmung" erkannt.

So weit will Vettel selbst aber nicht gehen: "Vielleicht warte ich immer noch auf meine Bestimmung. Aber es ist definitiv eine Herzensangelegenheit und sehr wichtig für mich. Und ich schätze, es sollte für alle von uns eine Berufung sein, statt nur darüber zu reden."

"Denn wenn die Insekten verschwinden, und die Biodiversität geht schnell zurück, dann sehen wir uns einem Massensterben gegenüber und werden Tierarten verlieren, die wir noch nicht mal richtig verstanden haben. Und dann verschwinden auch irgendwann wir von diesem Planeten. Das wäre schade. Es ist also nicht meine Bestimmung, sondern unser aller Bestimmung!"

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Sebastian Vettel arbeitet an seinem Insekten-Hotel in Suzuka Zoom Download

"Ich glaube, wir verstehen allmählich, was für einen Einfluss wir auf die Welt haben und dass sich die Welt verändert. Ob es die Klimakrise ist, Menschen auf der Flucht, Naturkatastrophen, die Erwärmung der Atmosphäre." Die Menschheit müsse "für die Erhaltung" der Natur einstehen, meint Vettel, und dafür wolle er am Rand der Formel 1 etwas Werbung machen.

Warum Vettel kein Formel-1-Fahrer mehr sein will

Aber eben nur am Rand der Formel 1: Vettels Installation findet sich neben der Strecke, nicht auf der Strecke. Ob es ihn einfach nicht mehr interessiert, selbst wieder aktiv zu sein im Rennauto?

Auf diese Frage gibt der viermalige Weltmeister eine klare Antwort: "Derzeit nicht. Die Formel 1 war über so lange Zeit mein zentraler Lebensinhalt, aber wenn du aufhörst, dann merkst du erst, wie groß die Welt ist und wie klein die Formel 1."

Er wolle der Formel 1 damit nicht zu nahetreten oder die Rennserie gar diskreditieren. "Sie ist ein herausragender Sport und es ist ein einmaliges Gefühl, diese Autos zu fahren", sagt Vettel. "Natürlich vermisse ich das. Ich habe aber auch das Gefühl, dass irgendwann für jeden von uns mal die Zeit kommt, etwas Anderes zu machen."

Was sich Vettel in Suzuka wünscht: Einfach Zuschauer sein

"Etwas Anderes" könnte in theoretisch auch in nicht-fahrender Funktion in die Formel 1 zurückbringen, vielleicht in offizieller Rolle im Formel-1-Management unter Domenicali. Doch auch hier winkt Vettel ab: "Ich weiß nicht. Da müsstet ihr mit Stefano sprechen."


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Er sei nicht nach Japan gereist, um seine persönliche Zukunft abzustecken. "Ich will hier einfach Aufmerksamkeit schafften für das Thema, das mir wichtig ist und das uns allen wichtig sein sollte. Es betrifft nämlich uns alle. Danach sehen wir weiter", sagt Vettel.

Sehen will er in Japan vor allem zwei Dinge: Zum einen, dass sein Insekten-Projekt angenommen wird und vielleicht als Inspiration für weitere Aktivitäten dient. Außerdem will Vettel die Formel 1 sehen, und zwar so wie jeder andere Zuschauer in Suzuka - von den Tribünen aus, und der Formel 1 damit "so nahe [zu kommen], wie es eben geht" als Privatperson mit einem Faible für Wildbienen.

Was übrigens gar nicht so einfach ist, weil der Grand Prix von Japan seit Monaten ausverkauft ist. Paddocktickets wären zwar problemlos verfügbar, aber Vettel will ausdrücklich auf die Tribüne, zu den echten Fans. Stand Mittwochabend hatte er noch keine Karten für sich und sein Team in Suzuka. Doch es ist anzunehmen, dass sich dafür auch noch eine Lösung finden wird ...

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