F1-Beben 2026: Red Bulls riskantes Spiel mit dem Motor
Ein Projekt am Limit des Machbaren: Red Bull über Risiken und Chancen der neuen Ära und welchen Joker Max Verstappen darstellt
(Motorsport-Total.com) - Seit Monaten wird im Formel 1 Fahrerlager über Gewinner und Verlierer der großen Regelreform 2026 spekuliert. Besonders im Fokus steht dabei Red Bull Racing. Gut vernetzte Stimmen behaupten, das neue hauseigene Motorenprojekt liege hinter der Konkurrenz, während Mercedes erneut als Maßstab gilt.
Solche Gerüchte erinnern an den Beginn der Hybridära 2014. Schon damals kursierten früh Hinweise, dass Mercedes seine Probleme mit dem Antrieb besser gelöst hatte als alle anderen. Rückblickend erwiesen sich diese Einschätzungen als erstaunlich präzise. Auch diesmal könnte ein früher technologischer Vorteil den Ausschlag geben.
Der Wegfall des ERS H vereinfacht das neue Reglement jedoch nur scheinbar. Künftig muss das elektrische System rund 50 Prozent der Gesamtleistung bereitstellen. Das stellt Teams und Fahrer vor neue Aufgaben, vor allem bei der Energieverteilung über eine Runde hinweg und bei der Abstimmung mit der Aerodynamik.
Großes Rätselraten angesichts der Mammut-Aufgabe
Red Bull begann bereits vor fünf Jahren mit dem Aufbau seiner eigenen Powertrain Abteilung, nachdem Honda seinen Ausstieg aus der Formel 1 angekündigt hatte. Trotz der Unterstützung von Ford und gezielter Abwerbung erfahrener Ingenieure wie Technikchef Ben Hodgkinson aus dem Mercedes Umfeld war klar, wie ambitioniert dieses Projekt von Beginn an war.
Entsprechend vorsichtig äußert sich das Team zum aktuellen Leistungsstand. Red Bulls Fahrerberater vermeidet konkrete Vergleiche, zeigt sich intern aber zufrieden. "Intern sind wir happy", sagt er. "Aber wie alle anderen kennen wir die Zahlen der Konkurrenz nicht."
Dabei gehe es um weit mehr als nur den Verbrennungsmotor. "Es ist nicht nur der Motor, es geht um den Kraftstoff, die Batterie und das Auto", erklärt er. Einen möglichen Vorteil sieht er dennoch klar. "Der Fahrer muss smart und clever sein, um die Energie aus der Batterie richtig zu nutzen. Und es gibt einen Fahrer, der schnell fahren und gleichzeitig denken kann. Das sollte ein Vorteil sein."
Der Fahrer wird zum Systemmanager
Auch ohne Namensnennung ist eindeutig, dass sich diese Aussagen auf Max Verstappen beziehen. Der viermalige Weltmeister gilt als jemand, der selbst am Limit kaum mentale Kapazität für das reine Fahren benötigt und dadurch Raum für strategische Entscheidungen behält.
Genau das wird 2026 besonders wichtig. Die neuen Autos stellen deutlich höhere Anforderungen an die Fahrer, was sich bereits in kritischen Simulator Stimmen widerspiegelt. Neben aktiver Aerodynamik wird ein zusätzlicher Energiemodus eingeführt, der für kurze Zeit einen Leistungsschub liefert und funktional an DRS erinnert.
Gleichzeitig sind die Feinheiten komplex. Set-up Entscheidungen und der Einsatz der Systeme auf der Strecke greifen stärker ineinander. Energiehaushalt und Abtrieb sind miteinander verknüpft, was harte Abwägungen erfordert, sowohl vor dem Rennen als auch währenddessen.
Simulationen sind wenig aussagekräftig
Red Bulls Chefingenieur Paul Monaghan macht keinen Hehl aus dem Umfang der Aufgabe. Auf die Frage nach dem Stand des Projekts antwortet er knapp. "Immense and plenty." Dann wird er konkreter. "Zwei sehr einfache Worte. Einige Dinge sind bereits festgelegt."
Der Entwicklungsprozess läuft auf Hochtouren. "Die Motoren sind in der Fertigung. Große Teile des Autos ebenfalls", sagt Monaghan. Probleme bereiten vor allem die Simulationen. "Ein Auto in der virtuellen Welt zuverlässig Runden fahren zu lassen, ist ziemlich schwierig, aber irgendwie werden wir für Barcelona bereit sein."
Wie groß der tatsächliche Rückstand oder Vorsprung sein wird, lässt sich derzeit kaum einschätzen. "2026 ist ein ziemlicher Berg, den wir alle erklimmen müssen", erklärt Monaghan. "Ob wir zuerst oben sind oder andere schon dort stehen, das gehört zum Sport dazu."
Eine Prognose wagt er trotzdem. "Ich denke, wir können nächstes Jahr konkurrenzfähig sein. Wir werden ein gutes Auto haben, einen guten Motor und großartige Fahrer. Dann werden wir sehen, wo wir stehen."


