Anzahl der Formel-1-Sprintrennen könnte bis 2027 auf zehn steigen
Die Unterstützung für Sprintrennen in der Formel 1 wächst stetig, und die Königsklasse erwägt, schon ab der Saison 2027 mehr als sechs pro Jahr auszutragen
(Motorsport-Total.com) - Mit der zunehmenden Beliebtheit des Sprintformats soll die Formel 1 offenbar darüber nachdenken, die Zahl der Sprintrennen pro Jahr über die derzeitigen sechs hinaus zu erhöhen - möglicherweise bereits ab der Saison 2027.
Die Formel 1 führte das Format zur Saison 2021 ein, um die Show an einem Grand-Prix-Wochenende zu erweitern und ein attraktiveres Produkt für TV-Zuschauer und Fans an der Strecke zu bieten.
Zunächst wurden drei Sprint-Wochenenden pro Jahr getestet, bevor die Zahl ab 2023 auf sechs erhöht wurde. Das Format wurde mehrfach angepasst, um Kritik von Fans und Teams zu berücksichtigen.
Da der Kalender inzwischen auf 24 Grands Prix angewachsen ist, bedeutet das: Nur ein Viertel der Rennen kann einen Sprint austragen. Doch da sich die öffentliche Meinung - ebenso wie die der Fahrer - zunehmend ins Positive verschiebt, wächst auch die Konkurrenz, da immer mehr Promoter den Mehrwert der Sprints erkennen.
Bobby Epstein, Mitgründer und Managing Partner des Circuit of the Americas in Austin, wo das Sprintformat im Oktober beim Großen Preis der USA zurückkehrt, verrät, dass er zwar keinen großen Anstieg bei den Ticketverkäufen festgestellt habe. Dennoch sei der Wert für die Fans gestiegen.
"Ich denke, es verleiht dem Ticket einfach mehr Wert, und dafür sind wir dankbar", erklärt Epstein und betont: "Ich weiß nicht, ob es tatsächlich zu deutlich mehr Ticketverkäufen geführt hat, aber die Fans scheinen sich daran zu gewöhnen."
Sorgen Sprints wirklich für höhere Zuschauerzahlen?
"Anfangs wurde es nicht unbedingt als wertvolle Ergänzung gesehen, und eine Weile lang trieb es die Ticketverkäufe auch nicht an. Ich glaube einfach, es steigert den Wert des Tickets und gibt den Leuten mehr, was wir immer begrüßen. Wir wollen so viel Unterhaltung wie möglich für das Wochenende."
"Wenn die Leute ein Wochenendticket kaufen und mehr Stunden an der Strecke bleiben, ist das für uns besser - mehr Inhalt. Ich glaube nicht, dass die Entscheidung, zu einem Grand Prix zu kommen, davon abhängt, ob es ein Sprintrennen gibt oder nicht", so Epstein.
"Wir haben jedenfalls keine Auswirkungen auf Verkäufe und Nachfrage festgestellt. Aber dass es mehr Unterhaltung bietet, daran habe ich keinen Zweifel. Und darum geht es uns", betont er.
Epsteins Pendant beim Miami Grand Prix, Tyler Epp, sagte hingegen bereits im vergangenen Jahr, dass Sprintrennen beim Event in Florida inzwischen einen Unterschied machten. Anfangs sei er sehr skeptisch gewesen, was den Mehrwert eines Sprintrennens betreffe, doch inzwischen habe er seine Meinung geändert.
Beim ersten Sprint in Miami kam es 2024 tatsächlich zu einem Anstieg der Zuschauerzahlen am Samstag, und die Strecke war so zufrieden, dass man 2025 erneut ein Sprintrennen ausgetragen hat.
"Ich lag falsch beim Sprintrennen. Ich war sehr besorgt über das Preis-Leistungs-Verhältnis, aber ich hätte mich nicht mehr irren können", sagte Epp Ende letzten Jahres und erklärte: "Das Feedback und die Daten haben gezeigt, dass unsere Zuschauerzahlen am Samstag im Jahresvergleich gestiegen sind."
Immer mehr Strecken wollen einen Sprint
Da die Formel 1 aktuell nur sechs Sprints pro Saison erlaubt, ist die Nachfrage groß. So erklärten die Organisatoren des Großen Preises von Belgien, sie seien "sehr geehrt", in diesem Jahr "die einzige europäische Strecke" mit einem Sprintrennen zu sein.
Doch das könnte sich bald ändern. Formel-1-Boss Stefano Domenicali deutete an, dass die Zahl der Sprintrennen mittelfristig steigen könnte. Für die Saison 2026 bleibt es zwar bei sechs Samstagsrennen.
Doch nach Informationen von Motorsport-Total.com laufen Gespräche, die Zahl schon 2027 auf rund zehn zu erhöhen. Dafür wäre die Zustimmung des Rechteinhabers FOM, des Weltverbands FIA und der Teams erforderlich.
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"Ich muss sagen: Abgesehen von einigen älteren Hardcore-Fans wollen alle Sprintrennen", sagte Domenicali jüngst vor dem Großen Preis von Italien und erklärt: "Die Promoter drängen auf dieses Format, und inzwischen sind auch die Fahrer interessiert."
"Ich bin jetzt ein bisschen provokant, aber: Das Freie Training spricht Superspezialisten an. Wer mehr Action will, bevorzugt ein Sprintwochenende. Ab Freitag gibt es mehr zu diskutieren und zu kommentieren, es gibt ja ein Qualifying. Aber ich verstehe, dass es Teil der Formel-1-Kultur werden muss."
"Die Richtung ist klar: Ich kann garantieren, dass es in einigen Jahren die Nachfrage geben wird, alle Wochenenden im gleichen Format auszutragen. Ich sage nicht, dass wir wie die MotoGP enden, mit einem Sprint bei jedem Rennen. Das wäre ein zu großer Schritt", weiß Domenicali.
Keine konkreten Pläne für kürzere Rennen
"Ich sehe es eher als Reifungsprozess, der einen traditionelleren Ansatz respektiert", so der Formel-1-Boss. Im selben Interview brachte Domenicali auch Ideen wie Reverse-Grid-Rennen oder kürzere Grand-Prix-Distanzen ins Spiel.
Diese Aussagen gelten allerdings nicht als konkrete Pläne von FOM oder Besitzer Liberty Media, sondern lösten lediglich eine Diskussion aus, ob die Formel 1 mit einem radikaleren Formatwechsel jüngere Fans ansprechen sollte.
Epstein vom COTA räumt ein, dass die Formel 1 eine "schwierige Balance" halten müsse, sagt aber, er würde jede Entscheidung der Serie unterstützen. "Ich denke, Stefano würde das nur tun, wenn er glaubt, dass es im besten Interesse des Sports ist", betont er.
"Ein Teil dessen, was Stefano zu einem so brillanten Leader macht, ist seine Fähigkeit, die Formel 1 weiterzuentwickeln und relevant zu halten, ohne das reiche Erbe und die Tradition des Sports zu opfern. Es ist eine schwierige Balance, aber er macht es mit Leidenschaft und ohne die Interessen der Fans, Teams oder Fahrer zu vernachlässigen."
"Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, ein großartiges Fan-Erlebnis zu bieten, und wir lassen Stefano entscheiden, was für den Sport das Beste ist. Ich habe volles Vertrauen in ihn", so Epstein.