• 06. September 2025 · 06:55 Uhr

Kürzere Rennen & Co.: So reagieren die Fahrer auf die radikalen Vorschläge

Stefano Domenicali sorgte mit radikalen Ideen für Schlagzeilen: Das halten Max Verstappen & Co. von kürzeren Rennen, mehr Sprints und Reverse-Grid-Läufen

(Motorsport-Total.com) - Wird die Formel 1 in naher Zukunft radikal anders? Das steht derzeit im Raum, nachdem Formel-1-Boss Stefano Domenicali in dieser Woche mit einigen Aussagen für Wirbel sorgte. Reverse-Grid-Rennen, mehr Sprints und eventuell sogar kürzere Rennen - all das sind Dinge, mit denen sich die Verantwortlichen der Königsklasse derzeit befassen.

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Die Formel 1 zieht radikale Formatänderungen in Erwägung Zoom Download

Doch was sagen eigentlich die Beteiligten selbst zu den Plänen? "Ich denke schon, dass wir uns weiterentwickeln müssen, weil sich der Sport verändert", meint George Russell, der Präsident der Fahrervereinigung GPDA. "Ich bin offen für neue Ideen und finde, man muss immer erst eine Chance geben, bevor man etwas ablehnt."

So war es bei ihm auch bei den Sprintrennen. Von diesen sei er ursprünglich kein Fan gewesen, aber "mittlerweile bevorzuge ich sie sogar gegenüber normalen Grand-Prix-Wochenenden, weil jede Aktivität auf der Strecke bedeutungsvoller wird", während sich manche Freitage "manchmal nach unnötiger Zeit auf der Strecke" anfühlen.

Sprintrennen scheinen auf jeden Fall gekommen zu sein, um zu bleiben. Aktuell findet das Format sechsmal pro Saison statt, doch in Zukunft könnte sich die Zahl noch erhöhen.

Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko könnte sich damit auf jeden Fall anfreunden, wie er bei Sky sagt: "Wir sind ja auch Veranstalter und als Veranstalter ist der Freitag und der Samstag wesentlich attraktiver", verweist er auf das Wochenende am Red-Bull-Ring in Spielberg, das ebenfalls schon als Sprint ausgetragen wurde, 2025 aber nicht.

"Zwischenzeitlich hat unser Starfahrer auch eine gewisse Liebe zum Sprint entwickelt und da sehen wir das also positiv", grinst der Österreicher.

Verstappen: Sprint für Fans aufregender als Training

Doch ist Max Verstappen wirklich zum Fan geworden? Das würde er wohl nicht unterstreichen, doch er kann die Vorteile sehen, warum Sprints ausgetragen werden: "Die Leute verdienen mehr Geld", so der viermalige Weltmeister.

"Ich verstehe auch, warum sie es machen: Um den Tag spannender zu gestalten. Für Fans, die an die Strecke kommen, ist es natürlich aufregender, die Autos im Rennen zu sehen, als nur beim Training Runden drehen zu sehen", sagt er.


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"Für uns ist das Training nach wie vor sehr wichtig. Aber aus Fan-Perspektive kann es manchmal etwas langweilig sein. Die Formel 1 ist seit den 50ern so, Sport entwickelt sich, aber wir sollten nicht übertreiben. Für mich ist ein Sprint-Rennen schon verrückt genug", so Verstappen.

Sprints scheinen für die aktuelle Zeit in der Formel 1 und vor allem die neuen Zuschauer genau das Richtige zu sein. "Letzte Zahlen anscheinend besagen, dass in den USA jeder zweite Fan erst seit vier Jahren die Formel 1 verfolgt", meint Racing-Bulls-Sportchef Peter Bayer bei Sky.

"Und die natürlich tun sich alle wahrscheinlich schwer mit zu komplexen Regeln, beziehungsweise erwarten sich die auch ein bisschen Unterhaltung, kürzere Formate, vor allem die jungen Leute", sagt er. Für ihn hat sich der Sprint als Maßnahme daher gut bewiesen: "Ganz klar, tolles Paket fürs Wochenende. Freitag, Samstag, Sonntag: jeden Tag ein Highlight für die Fans."

Komatsu: Welcher Sport zeigt schon Training?

Genauso sieht es auch Haas-Teamchef Ayao Komatsu, der ein paar mehr Sprint-Wochenenden ganz gut fände. "Ich finde es sinnvoll, dass jede Session etwas bewirkt", meint der Japaner. "Warum sollte man den ganzen Freitag damit verbringen, etwas zu sehen, das zu nichts führt? Welche andere Sportart macht das schon?"

"Wenn man sich andere Sportarten anschaut - Rugby, Fußball, Tennis oder was auch immer - welcher Sport zeigt dir das Training? Keiner", sagt er. "Du schaltest den Fernseher nicht ein, um nur beim Training zuzusehen. Vielleicht tust du es, ich nicht. Ich will das Match sehen, etwas, das zählt. Beim Sprint-Wochenende zählt jede Session - außer FT1 - für etwas."

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Ayao Komatsu würde sich das Training auch nicht anschauen Zoom Download

Tatsächlich wirkt das aktuelle Format mit drei Trainings in Zeiten von hochwirksamen Simulatoren aus der Zeit gefallen. Daher könnte man durchaus überlegen, etwas Trainingszeit einzusparen, weil das ohnehin nur die eingefleischtesten Fans schauen und durch mehr Perfektion auch etwas Unvorhersehbarkeit vom Wochenende nimmt.

"Ich verstehe, dass FT1 für Fans nicht unbedingt die interessanteste Session ist", sagt Esteban Ocon. "Weniger Training oder ein ähnliches Format könnte funktionieren: FT3 und dann Qualifying, wie jetzt, und am Sonntag das Rennen. Oder nur FP2. Funktioniert auch."

Ocon: Sprint an jedem Wochenende nicht sinnvoll

Generell sei Training für die Fahrer aber wichtig, um das Auto abzustimmen: "Auch mit so viel Training ist es immer noch nicht einfach, das Auto perfekt einzustellen", meint der Franzose. "Bei einem Sprintwochenende stellst du das Auto ein und hoffst, dass alles passt. Das mögen auch die Fans - ein bisschen Überraschung, ein bisschen Unsicherheit für uns und die Teams, das sorgt für mehr Spektakel."

Er könnte sich auch vorstellen, ohne jedes Training gleich in ein Qualifying zu gehen. "Das wäre auf jeden Fall ein spaßiges Wochenende und würde für Abwechslung sorgen", so der Haas-Pilot. "Es hängt auch davon ab, wer einen guten Simulator hat und seine Hausaufgaben gemacht hat. Gelegentlich wäre das ziemlich interessant zu sehen. Es würde die Teams stressen, aber es wäre gut."


Die inoffizielle

Trotzdem warnt Ocon davor, es zu übertreiben und wie die MotoGP an jedem Wochenende einen Sprint auszutragen. "Das wäre sicher ein bisschen extrem", meint er. "Ich glaube nicht, dass die Show dadurch viel besser werden würde."

Allerdings versteht er, dass Fans in der heutigen Gesellschaft gerne so viele Rennen wie möglich sehen würden: "Wir leben heute in einer konsumorientierten Welt, wir wollen mehr Spektakel, öfter und schneller", sagt er.

"Wenn man eine Serie auf Netflix schaut, will man nicht lange auf die nächste Staffel warten. Aber es ist auch schön, ab und zu geduldig zu warten und sich auf das Rennen zu freuen. Ein Grand Prix ist etwas Besonderes, und ich persönlich genieße die Vorfreude."

Sind manche Rennen zu lang?

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"Für diejenigen von uns, die mit dem aktuellen Format aufgewachsen sind, ist alles so, wie es ist, in Ordnung. Aber es gibt eine große Zielgruppe, die nur die wichtigsten Momente sehen möchte", hatte Domenicali angedeutet, dass die aktuelle Grand-Prix-Distanz für viele zu lang sein könnte.


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"Manche Rennen sind vielleicht etwas zu lang", muss George Russell vor allem mit Blick auf Singapur zustimmen, das häufig an die Zwei-Stunden-Grenze geht. "Da könnte man ein bisschen kürzen, ohne dass die Show leidet", nickt auch Ocon.

Anders sieht es aber etwa bei Rennen wie an diesem Wochenende in Monza aus, das im vergangenen Jahr keine 1:15 Stunden dauerte. "Ein Rennen wie hier oder Spa kürzer zu machen, wäre zu viel", meint der Franzose und spricht diesbezüglich ein wichtiges Thema an.

"Man braucht die Zeit, damit die Strategien am Ende greifen, wie wir es in Zandvoort gesehen haben. Die letzten zehn Runden dort waren verrückt - gerade weil das Rennen lang genug war", so der Haas-Pilot.

Alonso: Beim Fußball kürzt auch niemand auf 60 Minuten

Das ist für die meisten Piloten das Hauptargument gegen kürzere Rennen. "Ich glaube nicht, dass das wirklich funktionieren würde", sagt Andrea Kimi Antonelli. "Schon bei langen Rennen fahren wir eine Einstoppstrategie mit den vorhandenen Reifen. Für kürzere Rennen müssten viel mehr Regeln eingeführt werden, etwa bei Boxenstopps, und es würde vermutlich nicht so viel ändern."

Ähnlich sieht es auch Fernando Alonso: "Ist das Rennen zu kurz, wie bei manchen Sprints, hast du nach einem schlechten Qualifying oder ähnlichem keine Möglichkeit, etwas auszubügeln", sagt er. "Alle Autos haben dann den gleichen Reifenstand, man kann keine Positionen mehr gutmachen. Längere Rennen geben diese Freiheit bei der Strategie."

Er sieht das Problem für den Sport nicht und zieht einen Vergleich zum Fußball. "Die Spiele sind auch ziemlich lang", so der Spanier. "Wenn ich 90 Minuten Fußball schaue, bin ich nicht durchgehend voll konzentriert, gehe zwischendurch in die Küche oder komme kurz zurück - es gibt immer Ablenkungen. Aber niemand redet darüber, Fußballspiele auf 60 Minuten zu verkürzen."


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"Das ist eher ein gesellschaftliches Problem, ein Problem der Kinder, aber nicht des Sports", so der zweimalige Weltmeister. McLaren-Pilot Oscar Piastri sieht es auch pragmatisch: "Wenn Formel-1-Fans ein Rennen schauen, dann wissen sie, worauf sie sich einlassen."

Für Haas-Teamchef Ayao Komatsu gehören die klassischen 300-Kilometer zu DNA der Formel 1 dazu, auch wenn manche Rennen aufgrund von eindeutigen Strategien langweilig sein können. Doch dazu meint Verstappen: "Mal ist es spannend, mal langweilig - so ist Sport nun mal."

"Wenn alles immer spannend wäre, würde es auf Dauer langweilig werden. Es braucht Überraschungen: Manchmal ist es überraschend spannend, manchmal überraschend langweilig", so der viermalige Weltmeister.

Kommen Reverse-Grid-Rennen doch irgendwann?

Und während Peter Bayer findet, dass man den Grand Prix und das Qualifying am Samstag unangetastet lassen sollte, gibt es immer wieder Überlegungen, für das ganz große Chaos: Reverse-Grid-Rennen.

Die Idee schwebte schon vor einigen Jahren durch das Fahrerlager, wurde damals aber abgewiesen. Noch immer hat dieser Vorschlag seine Skeptiker: "Ich glaube nicht, dass es zur DNA der Formel 1 gehört", sagt Komatsu. "Wir machen auch kein Balance of Performance. Wenn die Formel 1 in diese Richtung geht, könnte das ziemlich riskant sein."


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Auch Helmut Marko ist skeptisch - zumindest mit den aktuellen Autos. "Wenn man nicht einmal einen Spa überholen kann, wie soll das dann mit einem Reverse-Grid funktionieren?", meint der Österreicher, will für die Zukunft aber nichts ausschließen.

Denn ab 2026 kommt eine neue Autogeneration, die Überholen wieder möglich machen soll. "Wenn die Überholfähigkeit sich steigert, dann ist das sicher ein Thema", verrät Marko, "denn in der Formel 3 und Formel 2 funktioniert das super."

Doch darüber wird sicherlich noch einmal zu reden sein.

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