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George Russell: Die harte Wahrheit über die Erziehung durch seinen Vater
George Russell erfuhr erst Jahre später, dass sein Vater ihn im Karttraining absichtlich ausbremste - Eine Strategie, die ihn bis in die Formel 1 brachte
(Motorsport-Total.com) - George Russells Vater hatte während der Kartzeit seines Sohnes eine skurrile Strategie, um ihn auf dem Boden der Tatsachen zu halten: Er gab dem damaligen Youngster falsche Rundenzeiten beim Karttraining durch, sodass dieser dachte, er sei gar nicht so schnell gewesen. Letztlich toppte der Brite dann aber regelmäßig die Qualifyings und gewann die Rennen - die Strategie war zwar nicht besonders ehrlich, aber sie funktionierte.
"Ich wusste es ja nicht besser, denn ich bin ins Kart gesprungen, war schnell und habe Rennen gewonnen", so Russell im Podcast Untapped auf die Frage, wann er erkannt habe, wie groß sein Talent war. "Ich wusste es wahrscheinlich nie, weil mein Vater so hart zu mir war. Ich hatte immer das Gefühl, ich wäre für ihn nicht gut genug."
Russell erklärt, wie es damals auf der Kartbahn ablief: Es gab keine Datenanalysen, sein Vater hatte nur eine Stoppuhr in der Hand und der junge Fahrer musste sich auf die Informationen von Russell Senior verlassen. "An Trainingstagen gab es nicht einmal eine Zeitmessung", stellt der heute 27-Jährige klar.
Eine skurile Taktik
"Erst fünf Jahre später habe ich erfahren, dass er spät gestoppt hat, sodass meine Rundenzeiten langsamer aussahen, als sie in Wirklichkeit waren", verrät Russell. "Er hat mir die Bestzeiten der anderen Fahrer an einem Testtag durchgegeben und ich dachte, ich sei langsam gewesen. An den Renntagen habe ich dann aber das Qualifying und die Rennen gewonnen. Da war ich als Kind sehr verwirrt."
Der Grund: Russells Vater Steve wollte dafür sorgen, dass sein Sohn mit beiden Beinen fest auf dem Boden bleibt und nicht abhebt oder arrogant wird. "Das war eine ganz großartige und wichtige Lektion für mich", so Russell rückblickend. Seitdem ist viel passiert: Russell hat sich durch die Nachwuchsserien in die Formel 1 hochgearbeitet und ist nun der Nummer-eins-Fahrer bei Mercedes.
Im Laufe der Jahre hat sich auch die Beziehung zu seinem Vater verändert. "Er ist gegangen, bevor ich für die Schule aufwachte, und kam erst um neun Uhr abends zurück, wenn ich schon schlief. Unter der Woche habe ich meinen Vater kaum gesehen. Freitags sind wir dann in den Van gestiegen und zu Rennen gefahren. Wenn ich nicht gut war, hat er mich ganz schön angeschrien."
Lob an seinen Vater
Das hat Russell sehr mitgenommen, denn er hat seinen Vater selten gesehen. Wenn er dann verärgert war, hat sich der junge Brite nicht gut genug gefühlt. "Das war hart. Als ich 17 Jahre alt war, habe ich aber verstanden, wie groß das finanzielle und zeitliche Investment seinerseits war, das er für mich getätigt hat."
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"Er hat sich den Hintern abgearbeitet, um mir diese Chance zu ermöglichen", stellt Russell klar. "Jedes Mal, wenn er Zeit hatte, hat er mich überall hingefahren. Ich kann nur erahnen, welchen Druck und Stress er ertragen musste. Die Zeit zwischen meinem siebten und 13. Lebensjahr hat mich als Person geprägt, und dafür danke ich ihm."
Mit 17 Jahren trennte sich George Russell von seinem Vater Steve, wenn es um Motorsport ging, denn er heuerte bei Mercedes als Nachwuchsfahrer an. "Das ist viel besser, denn jetzt ist er als Vater da, nicht mehr als Mentor, Mechaniker, Investor und Fahrer, der mich durch das ganze Land kutschiert. Er hat mich aufwachsen sehen und mir diese Chance geben wollen. Dafür hat er alles auf eine Karte gesetzt."
Jetzt sind sie "nur" noch Eltern
"Ich war erst 17 Jahre alt, als ich bei Mercedes an Bord ging, und es fühlte sich an, als würde er die Fackel übergeben", so Russell weiter. "Wir hatten ein tolles Gespräch und ich habe ihm meine Sichtweise erklärt. Ich wollte, dass er als Vater für mich da ist, aber nicht mehr."
Das sei auch der Grund, so der Mercedes-Pilot, warum seine Eltern, Steve und Alison, nie ins Rampenlicht rückten: "Sie sind nicht im Fernsehen zu sehen. Sie bleiben unter sich. Sie wollen keine Präsenz haben und keine Interviews geben. Sie wollen einfach nur meine Eltern sein."