Was Red Bull aus vergangenen Fehlern und dem Training von Dunne gelernt hat
Wie Alex Dunnes Einsatz bei McLaren Red Bull vor Augen führt, dass ein Fahrerwechsel nicht die Lösung ist - Das Problem ist das Auto, nicht die Fahrer
(Motorsport-Total.com) - Yuki Tsunoda hat nun neun Grands Prix mit Red Bull bestritten, nachdem er beim Japan-Grand-Prix den Platz von Liam Lawson übernommen hat. Der Effekt war bisher kaum spürbar. Tsunoda hat in diesem Zeitraum nur sieben Punkte geholt, während Teamkollege Max Verstappen 155 Punkte gesammelt hat - 119 davon während des gleichen Zeitraums, in dem Tsunoda im Team ist.
Tsunodas jüngste Qualifying-Ergebnisse zeichnen kein besseres Bild. Inklusive Startplatz-Strafen begann der Japaner die letzten fünf Rennen von folgenden Positionen: 20, 12, 19, 18 und erneut 18.
Normalerweise würde so eine Bilanz den Druck deutlich erhöhen, doch dieses Mal ist die Lage bei Red Bull anders. Wenn die letzten sechs Monate eines gezeigt haben, dann, dass das Kernproblem nicht bei den Fahrern liegt.
Sergio Perez konnte letztes Jahr nicht überzeugen (und behauptet nun, das Team bereue seine Trennung), Liam Lawson konnte in der ihm gegebenen Zeit keinen Eindruck hinterlassen, und Tsunoda steckt nun im selben Boot. Das Problem ist struktureller Natur - weshalb Helmut Marko mehrfach betont hat, dass der japanische Fahrer die Saison bei Red Bull beenden wird.
Man könnte sogar zynisch sagen, dass Tsunodas Leistung kaum noch eine Rolle spielt - solange er teure Unfälle vermeidet. Mit der Budgetobergrenze und dem nahenden Jahr 2026 fressen Reparaturkosten bereits jetzt vom ohnehin knappen Entwicklungsbudget.
Aus sportlicher Sicht scheint Red Bull ohnehin auf Platz 4 der Konstrukteurswertung zuzusteuern, egal, wer im zweiten Auto sitzt.
Keine Alternativen zu Tsunoda
Es gibt auch keine offensichtlichen Alternativen: Isack Hadjar hat selbst zugegeben, dass er sich noch nicht bereit fühlt, und es wäre unklug von Red Bull, erneut die Karriere eines jungen Talents vorschnell zu gefährden. Lawson hatte bereits eine Chance, und Arvid Lindblad ist ein Langzeitprojekt, für das Racing Bulls als natürlicher Zwischenschritt gedacht ist. Realistisch gesehen gibt es aktuell keinen Ersatz.
Deshalb reagieren die Teamverantwortlichen bei Red Bull diesmal mit bedächtiger Sprache - selbst nachdem Tsunoda beim Grand Prix in Österreich als Letzter der gewerteten Fahrer ins Ziel kam. Mit einem Red Bull, einem Mercedes und beiden Williams aus dem Rennen war es extrem schmerzhaft, keinen einzigen Punkt zu holen.
Doch Horner blieb in seiner Medienrunde sachlich: "Yuki hatte ein schreckliches Rennen, es begann wieder in Q1 schiefzulaufen. Sein erster Run in Q1 war okay, aber im zweiten machte er einen Fehler in Kurve 1, dann ein schlechtes Qualifying, dann steckte er im Verkehr fest, konnte nicht überholen, holte sich eine Strafe, und das summierte sich alles."
"Wir werden schauen, wie wir ihn unterstützen können, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen den beiden Autos, und intern stellen wir uns natürlich all diese Fragen", fügte Horner im Red-Bull-Hospitality-Bereich hinzu.
"Natürlich hat sich das Auto über die Jahre in eine bestimmte Richtung entwickelt, aber wir werden sehen, ob wir Yuki helfen können und sein Selbstvertrauen in Silverstone wieder aufbauen." Das unterscheidet sich von den Druckkampagnen, die Red Bull und Marko in der Vergangenheit geführt haben - aber angesichts fehlender Alternativen ist es nachvollziehbar.
Dunnes Einsatz als weiterer Aha-Moment
Wenn Red Bull in den vergangenen Monaten eines gelernt hat, dann, dass das Problem beim Auto liegt - nicht bei den Fahrern. Verstappen sagte das bereits vor Wochen in einer niederländischen Mediensession und nahm Tsunoda in Schutz: "Yuki ist kein Pannenkoek, oder?", wobei er das niederländische Wort für jemanden verwendete, der hoffnungslos oder völlig inkompetent ist.
"Als er bei Racing Bulls war, sah er immer gut aus im Vergleich zu Hadjar. Und dieses Problem besteht schon lange. Vielleicht ist das auch ein Zeichen." Auf die Frage, was das aussage, antwortete er: "Das könnt ihr euch selbst beantworten."
Beim Spielberg-Wochenende erhielt Red Bull ein weiteres "Zeichen" - diesmal außerhalb der eigenen Garage. Formel-2-Fahrer Alexander Dunne absolvierte seine allererste F1-Trainingssitzung mit McLaren - und wurde Vierter, nur zwei Zehntel hinter der Bestzeit.
Red-Bull-Junioren in der Formel 1
Christian Klien (2004-2010): Mit Unterstützung von Red Bull debütiert der Österreicher 2004 bei Jaguar in der Formel 1. Nach der Übernahme des Rennstalls durch den Engergy-Drink-Hersteller fährt Klien auch 2005 und 2006 bei den meisten Grands Prix für das nun Red-Bull-Racing genannte Team an der Seite von David Coulthard. Ende 2006 scheidet Klien nach Streitigkeiten über einen Wechsel in die ChampCar-Serie aus dem Red-Bull-Kader aus. Später ist der Österreicher Testfahrer für Honda und BMW-Sauber und fährt 2010 drei Rennen für HRT. Fotostrecke
Natürlich bleiben Fragen zu Spritmengen und Motorenmodi, die vielleicht günstiger für Dunne waren - aber Red Bull zog dennoch eine klare Schlussfolgerung.
Als Motorsport.com mit Marko über das zweite Red-Bull-Cockpit sprach, gab der Österreicher zu, dass er Dunnes Onboard-Aufnahmen gesehen hatte. "Er hatte ein paar kleine Momente, aber wenn der McLaren etwas rutscht, korrigiert sich das Auto fast von selbst. Bei uns ist es immer ein Drahtseilakt - ständig die Balance zwischen Abflug oder gerade noch auf der Strecke bleiben."
Marko verwies auf das dritte Training auf dem Red-Bull-Ring, bei dem beide Red-Bull-Fahrer sich drehten - und selbst ein kleiner Moment bei Verstappen zu einem vollen 360-Grad-Dreher führte. Laut Marko ist Verstappen der Einzige, der das noch beherrscht, aber Red Bulls Führung weiß, dass die Geschichte für alle anderen im zweiten Auto ganz anders aussieht.
Schritt von Racing Bulls zu Red Bull zu groß
Dunnes Trainingsauftritt zeigte Marko deutlich, wie viel mehr "Plug-and-Play" der McLaren im Vergleich zum RB21 ist, der sich immer "am Limit" bewegt.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Sprung von Racing Bulls zu Red Bull riesig ist. Der Racing-Bulls-Wagen hat ein breites Arbeitsfenster und ist einfach zu fahren. Laut den Fahrern ist es eines der gutmütigsten Autos im Feld, während der Red Bull das komplette Gegenteil darstellt.
Der Kontrast könnte kaum größer sein, wie Alexander Albon kürzlich erklärte: "Es ist auch schwierig, weil - vielleicht ist das meine eigene Interpretation - aber der RB ist ziemlich verzeihend. Er ist gut ausbalanciert, sehr stabil, gibt dir viel Vertrauen. Ich denke, er ist auf natürliche Weise so geworden, weil dort immer Rookies fahren. Also basiert das Team auf jungen Fahrern."
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"Und dann ist der Red Bull fast das andere Extrem. Du gehst von einem der verzeihendsten Autos zu einem der schwierigsten. Und das bedeutet, dass du dich sehr stark anpassen musst - an zwei völlig verschiedene Autos."
Und diese Anpassung - kombiniert mit einem Teamkollegen wie Verstappen - war für alle seit Daniel Ricciardo zu viel. Pierre Gasly, Alexander Albon, Sergio Perez, Liam Lawson und Yuki Tsunoda hatten alle Schwierigkeiten.
Red Bull könnte einen weiteren Namen auf diese Liste setzen, aber die Teamleitung weiß, dass das sinnlos wäre. Das Auto ist das Problem - und ironischerweise machte das Spielberg-Wochenende, inklusive Dunnes Einsatz im McLaren, das deutlicher denn je.
Es zeigt auch, wie abhängig Red Bull derzeit von Verstappen ist - und wie besorgniserregend die Lage werden könnte, falls der Niederländer tatsächlich geht. Das Bild, das der Österreich-GP von einem Red-Bull-Team ohne Verstappen zeichnet, sah alles andere als rosig aus ...