Vorbild Tennis: So könnte Formel 1 fragwürdige Proteste eindämmen
Red Bulls erfolgloser Protest gegen George Russell in Kanada ruft nach strengeren Regeln - Dabei könnte sich die Formel 1 am Tennis orientieren
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 wird voraussichtlich Änderungen am aktuellen Protestsystem diskutieren, nachdem Red Bulls umstrittener Protest gegen George Russell beim Grand Prix von Kanada für Unmut gesorgt hat. Ein Vorbild könnte der Tennissport sein.
In Montreal reichte Red Bull gleich zwei Proteste gegen Russells Sieg ein - einmal wegen angeblich gefährlichen Fahrverhaltens hinter dem Safety-Car und wegen angeblich unsportlicher Aussagen am Boxenfunk. Russell hatte am Funk darauf hingewiesen, dass Verstappen ihn kurzzeitig hinter dem Safety-Car überholt habe.
Der zweite Protest wurde schnell zurückgezogen, doch der erste blieb bestehen und wurde rund zwei Stunden nach Rennende eingereicht. Das bedeutete, dass das endgültige Rennergebnis erst fünf Stunden nach dem Rennen feststand, als die FIA-Offiziellen Red Bulls Protest abwiesen.
Einspruch von Red Bull
Es war bereits der zweite Protest Red Bulls gegen Russell und Mercedes in dieser Saison - auch in Miami hatte das Team erfolglos moniert, Russell habe bei gelber Flagge nicht genügend verlangsamt, als er vor Verstappen Dritter wurde.
Red-Bull-Teamchef Christian Horner verteidigte das Recht seines Teams, bei aus seiner Sicht regelwidrigen Vorfällen Protest einzulegen. Doch bei Mercedes sorgte das Vorgehen für Unverständnis.
"Es ist absolut legitim, Protest einzulegen", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff in Spielberg. "Wir kämpfen um Rennsiege und Meisterschaften. Und wenn man der Meinung ist, dass etwas nicht korrekt war, sollte man protestieren dürfen. Aber manche dieser Aktionen sind einfach nicht realistisch. Es gibt Proteste, die aus meiner Sicht nachvollziehbar sind - und andere, die sind einfach ein bisschen zu weit hergeholt."
Wolff will größere Hürden
Wolff erklärte, der Automobil-Weltverband FIA denke darüber nach, das Einlegen eines Protests zu einer bedeutenderen Entscheidung zu machen. Aktuell beträgt die Kaution nur 2.000 Euro - ein Betrag, der für Teams mit neunstelligen Budgets kaum abschreckend wirkt.
"Niemand ist ein Fan von hohen Geldstrafen, aber in diesem Fall: Absolut, setzt eine Strafe an", so Wolff. "Ich denke, der FIA-Präsident arbeitet daran. Wenn man verliert, sollte es zumindest peinlich sein, so viel Geld verloren zu haben - dann überlegt man sich zweimal, ob man es wirklich macht. Ich denke, das ist auch die Richtung, in die die FIA denkt."
Motorsport.com berichtet, dass verschiedene Lösungen in Erwägung gezogen werden - darunter höhere Kautionssummen oder ein Challenge-System nach dem Vorbild des Tennissports: Dort haben Spieler pro Satz eine begrenzte Anzahl an Challenges, um Schiedsrichterentscheidungen anzufechten - und verlieren sie, wenn sie im Unrecht sind. Solche Verfahren gibt es auch im American Football oder Eishockey.
Challenge-System?
Ein vergleichbares System in der Formel 1 - etwa mit nur begrenzten Protestmöglichkeiten pro Saison - könnte die Teams dazu bringen, vorsichtiger mit Einsprüchen umzugehen. Allerdings warnen andere hochrangige Stimmen, dass solche Änderungen unerwünschte Nebenwirkungen haben könnten.
Die Möglichkeit, einen Protest einzulegen, sei ein wichtiges Wettbewerbsrecht, das nicht zu stark eingeschränkt werden sollte. Zwar seien Proteste derzeit selten - doch die umfassenden Regeländerungen zur Saison 2026 könnten neue Streitpunkte schaffen. Das Thema soll beim nächsten Formel-1-Kommissions-Meeting am 22. Juli, also vor dem Grand Prix von Belgien, weiter diskutiert werden.