
Liebe Formel1.de-Leser,
"Du kommst hier nicht rein!" Ein in der deutschen Türsteherszene recht beliebter Satz, der in der Allgemeinheit nicht wirklich gut ankommt, zumindest bei den in diesem Sinne angesprochenen Menschen. Dahinter steckt meist die Abneigung gegen Turnschuhe; es kann auch mal die falsche Jeans sein, der erhöhte Genuss alkoholischer Getränke oder einfach nur das falsche Gesicht! Ja, der Mensch kann grausam sein.
Ein Satz, der bei Christoph Ammann nicht im aktiven Wortschatz zu finden ist. Dabei ist der Österreicher mit Sitz in Spielberg seit 1986 für das Ticketing und auch die Sicherheit an den meisten Rennstrecken der Welt zuständig. Angefangen hat alles in Österreich. Ammann stellte als Mitorganisator des dortigen Grand Prix fest, dass trotz nur einer Handvoll verkaufter Tickets die Tribünen rappelvoll waren. Ja, es musste ein nicht unbedeutendes Leck im Sicherheitssystem geben.
Um jene Schwäche auszumerzen, schlug Ammann vor, das Ticketing und die Streckensicherheit sowie Einlasskontrolle unter einem Dach zu vereinen - und er erhielt damit den Zuschlag. Es brachen schwere Zeiten an für die vielen Passfälscher und auch jenen Amerikaner, der in Indianapolis mit seinem Privatauto während einer Trainingssitzung in die Boxengasse fahren wollte - mit der simplen Begründung, er mache das bei allen Veranstaltungen auf dem Indianapolis Motor Speedway!
25 feste Mitarbeiter sitzen in Spielberg und Wien, über das Jahr sind pro Formel-1-Saison aber 1.600 Mitarbeiter der Firma CAM auf den Rennstrecken der Welt zugegen. In der Regel pfiffige Studenten, die perfekt Englisch sprechen und dadurch speziell den lokalen Talenten der Exotenländer wie Indien oder Südkorea unter die Arme greifen. Das erspart so manchem Journalisten einen stundenlangen Exkurs rund um die Rennstrecke, weil der eine oder andere Lokale die Medienakkreditierung nicht von einem Karnevalsorden unterscheiden kann. Auch eine gute Kinderstube gehört zur Voraussetzung, da die Mitarbeiter von CAM nicht Polizei oder Militär spielen sollen. Service und Organisation stehen im Vordergrund.
Den gelb-blau gekleideten Helfern fällt es auch leichter, unangenehme Aufgaben zu meistern. So in Bahrain, als ein namhafter Scheich der Meinung war, seine Akkreditierung reiche für den engeren Familienkreis aus, etwa 15 bis 20 Personen. Ein treuer einheimischer Ordner hätte den Masseneinmarsch ins Fahrerlager sicher nicht verhindert!
Ein halbes Jahr vor dem Rennen beginnt die Vorplanung des Events, der sogenannte Masterplan. Dazu gehören Tribünenlage, Parkplätze und der Verkehr im Allgemeinen. Ein Mann wird pro Team abgestellt, manchmal mehr. Einige Teams fordern auch 24-Stunden-Dienst. Sie fragen: "Warum?" Dem Team Sauber wurden mal über Nacht alle Team-Regenjacken geklaut. Sie sagen: "Ja und?" In Bahrain okay, aber es war in Spa...
In Brasilien fehlten beim Team Jaguar die Laptops mit allen Informationen. Einige Male haben die Jungs sogar einen richtigen Scheiß-Job, als zum Beispiel In Indien die Klos ausgelaufen sind. Auch das gehört zur Serviceleistung dazu. Der größte Kunde der für den Ticketverkauf zuständigen Firma Grand Prix Tickets ist Formula1.com - also Bernie Ecclestone. Eine bessere Reputation in diesem Sport ist kaum möglich.

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Teams, Sponsoren, Agenturen, aber auch private Kunden kaufen pro Rennen 3.000 bis 30.000 Tickets. Darunter fallen auch VIP-Tickets, die etwas mehr als nur einen Tribünenplatz bieten. Apropos VIP: Je wichtiger die Gäste, desto größer die Unruhe und manchmal auch das Chaos. In seiner Zeit als Bundeskanzler besuchte Helmut Kohl den Grand Prix am Nürburgring. Heli, Limo, alles klar.
Und was macht Kohl? Steigt ins falsche Auto und Christoph Ammann sitzt in der gepanzerten Limousine, während der Kanzler im normalen Shuttle anreist. Ein hocherfreuter Bernie Ecclestone stürzt auf das Panzerfahrzeug zu, reißt die Hintertür auf, um einen tiefenentspannten Christoph Ammann vorzufinden, dem nur die Ansage bleibt: "Der andere sitzt da hinten!"
Bei der gleichen Veranstaltung versuchte ein Deutscher ein Husarenstück nach dem Motto: Drei Ecken ergeben einen Elfer. In einem Augenblick der Genialität hatte der Teutone im Vorfeld zehn Stehplatztickets erworben und wollte die nun am Rennwochenende gegen mindestens ein VIP-Ticket eintauschen.
Aber da galt dann leider der Spruch: Du kommst hier nicht rein!
Liebe Grüße,