
Liebe Formel1.de-Leser,
exotisch, rätselhaft, so anders und doch so ähnlich in vielen Dingen - das ist Japan. Die Disziplin beim Anstehen ist ähnlich gut wie in England, die Technik ist oft Vorreiter für Europa und an den Zahlstellen der Autobahnen spricht eine Frauenstimme, falsch, eher eine Mädchen- oder Kinderstimme, mit jedem, der vorbeifährt.
Ja..., Japan ist anders, aber die Rennstrecke in Suzuka hat alles, was Rennfahrer lieben, vor allem schnelle Kurven, und deswegen gehört der japanische Grand Prix bei den Piloten völlig zurecht zu den beliebtesten Rennen im ganzen Jahr. Auch die heimischen Fans gehören zu den originellsten des Jahres, Kostüme und Verkleidungen, besser als Halloween und Karneval, und das zu einem normalen Rennwochenende!

Vor 20 Jahren gab es noch die berühmte Kartenlotterie, bei der sich 1,5 Millionen Japaner für gut ein Viertel Eintrittskarten bewerben mussten, um in die engere Auswahl zu kommen. Ihr könnt euch die Stimmung auf dem Gelände gut vorstellen. Gelost wird heute nicht mehr, aber auch in wirtschaftlich schwächeren Zeiten ist die Rennstrecke immer noch voll.
Für mich ist Japan immer der Grand Prix der Zugreise. Aus dem 40 Minuten entfernten Nagoya fahre ich täglich mit einem Schnellzug nach Suzuka. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn funktioniert das Schienennetz hier perfekt. Die ankommenden Züge halten nach Wagen unterteilt auf einen Zentimeterabstand genau dort, wo sie sollen. Es gibt hier kein "in umgekehrter Wagenreihenfolge" oder "dieses Mal auf Gleis XY, drei Steige weiter".
Und, auch nicht ganz unwesentlich: Japanische Züge sind immer pünktlich. Also, liebe DB-Mitglieder, ab zum Nachhilfeunterricht nach Japan! Für den Proviant unterwegs gibt es warmen Kaffee aus Dosen vom Automaten, mit oder ohne Milch und Zucker. Habe ich so in Europa auch noch nicht gesehen. Unterwegs verbeugt sich der Schaffner bei Betreten des Abteils und Verabschiedung in den Waggon hinein, egal ob das Abteil leer oder brechend voll ist. Japanische Höflichkeit eben...
Trotz Pünktlichkeit kann man auch in Japan schon mal etwas verpassen, nämlich den Flug! So geschehen Anfang der 1990er, als ein Wetterchaos mit Starkregen die Abfahrt von der Strecke zum Flughafen unmöglich machte. Damals schworen wir noch auf das Auto als Verkehrsmittel.
Abends bei Ankunft am Airport war der Weiterflug Richtung Australien bereits aufgebrochen und die Rückreise in die Stadt konnte beginnen. Mit an Bord in dem Fall nicht nur mein Kollege Heiko Wasser, sondern auch der damalige Fahrer David Coulthard. Interessant war für uns die Erkenntnis, dass Flugzeuge auch auf Formel-1-Fahrer nicht warten!

© Lukas Gorys
Anfang der 1990er war das Englische als Sprache auch noch nicht so richtig in Japan verbreitet, sodass wir Touris froh waren, über Zeichensprache an ein Zimmer zu kommen. Problem hierbei: Nur wenige Hotels verfügten über Zimmer im europäischen Standard, Klartext: Der Raum war ungefähr so groß wie ein Riesenkoffer!
Der Vorteil: Ohne viel Bewegung konnte man im Bett den Fernseher mit drei japanischen Programmen anschalten, die Minibar öffnen und das Licht löschen. Der Gang zum stillen Örtchen - okay, nicht der Gang, sondern der Schritt - stellte den Unkundigen auch vor schier unlösbare Aufgaben. So spartanisch das Zimmer, so modern war die Toilette. Alles gut beschriftet, auf Japanisch.
© Lukas Gorys
Also: Beim Versuch sich zu setzen schließt die Brille von selbst oder Vogelgezwitscher setzt ein. Ein weiterer Versuch setzt eine Art Vollwäsche in Gang, bei der eine kleine Sprinkleranlage aus den Tiefen des Wassers emporkommt und zielsicher senkrecht nach oben sprüht - ein japanisches Bidet. Aber schon nach zwei, drei Versuchen schleift sich das Prozedere ein und der Gang zum Örtchen wird nicht mehr zum Vollwaschgang.
Am Ende noch kurz zum japanischen Essen: Morgens gibt es gerne mal Aal. Ich kann nur sagen, es ist sehr vielfältig und besteht nicht nur aus Sushi. Die Qualität ist durchgängig hoch, also lasst euch Sashimi, Shabu shabu, Yakitori, Yakiniku, Teppanyaki, Sukiyaki oder Okonomiyaki einfach schmecken!
Euer