Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

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Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Redaktion » 11.09.2024, 09:17

"Millimeter-Nachkommastellen": Die Nachforschungen von Williams haben ergeben, weshalb das Team in Zandvoort durch die technische Nachkontrolle geflogen ist

Alexander Albon im Williams FW46 beim Formel-1-Rennen in Zandvoort

Williams-Fahrer Alexander Albon wäre in Zandvoort vom achten Startplatz aus ins Rennen gegangen, wenn sein Auto legal gewesen wäre. War es aber nicht: Der Automobil-Weltverband (FIA) stellte eine Abweichung am Unterboden des FW46 fest, was eine automatische Disqualifikation nach sich zog. Nun hat Williams die Angelegenheit intern aufgearbeitet.

Teamchef James Vowles erklärt: "Wir haben zwei Abnahme-Abläufe im Werk. Die erste Abnahme erfolgt in einer Haltevorrichtung, die die legale Unterboden-Breite simuliert. Da muss der Unterboden reinpassen. Die zweite Abnahme erfolgt am Auto und ebenfalls noch im Werk. Bei beiden Checks war das Auto tatsächlich legal."

"Am Donnerstag vor dem Rennen haben wir das Auto erneut überprüft. Dann waren wir knapp darüber. Und mit 'knapp' meine ich: Im Prinzip reden wir von ein paar Millimeter-Nachkommastellen."

Wie wurde der Unterboden plötzlich illegal?

Wie aber kann es sein, dass ein Fahrzeug zunächst als legal eingestuft wird, es kurz darauf aber nicht mehr ist? Das begründet Vowles damit, dass ein Formel-1-Team bei der Weiterentwicklung "ständig am Unterboden herumspielt, damit er aerodynamisch richtig eingestellt ist".

"Ich persönlich vermute: Eine dieser Anpassungen hat dafür gesorgt, dass der Unterboden etwas zu sehr in den illegalen Bereich gekommen ist. Damit sind wir über das Limit gekommen", sagt Vowles.

Ein Formel-1-Unterboden der jüngeren Vergangenheit von Alfa Romeo

Er stellt klar: Williams habe nicht versucht zu betrügen. "Du versuchst natürlich immer, auf null zu kommen. Aber es gibt Bereiche am Unterboden, da ist das nicht wichtig, an anderen Stellen schon. Aber der Bereich, der uns zum Verhängnis wurde, war aerodynamisch nicht entscheidend. Wir hätten dort leicht unter dem Limit sein können."

Was Williams jetzt vorhat

Deshalb müsse Williams nun seine internen Abläufe anpassen, "damit wir dort innerhalb der Toleranzen liegen, wo es darauf ankommt", so Teamchef Vowles.

In der Vorbereitung auf Zandvoort sei sein Rennstall nicht gründlich genug gewesen. "Wir haben nicht gut genug gescannt und die FIA-Abnahmen nicht exakt genug repliziert", erklärt er. "Denn wenn wir von Nachkommastellen bei Millimetern reden, dann braucht es nicht viel, um raus zu sein."

Behoben war der Fehler übrigens schnell: Weil der Unterboden am Williams von Albon im Heckbereich nur geringfügig "zu breit" gewesen sei, habe "ein bisschen Schmirgelpapier" ausgereicht, um die Legalität wiederherzustellen. Mit "Schleifpapier der Körnung 400" habe es "etwa eine Minute" gedauert, sagt Vowles.


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Zuletzt geändert von Redaktion am 11.09.2024, 09:17, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Rockpad » 11.09.2024, 09:23

Da war jetzt keine Erklärung dabei, wieso zwei Checks ok waren und vor Ort war es das dann nicht mehr.
Vowles Schlussfolgerung ist auch völlig falsch.
Es gibt ne Spec. und es gibt nur OK oder NOK.
Wenn der doppelte Check im Werk zweimal NOK-Teile OK misst, dann: Check the fucking checker.
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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Pentar » 11.09.2024, 10:26

Rockpad hat geschrieben: 11.09.2024, 09:23Da war jetzt keine Erklärung dabei, wieso zwei Checks ok waren und vor Ort war es das dann nicht mehr. ...
Bei den 2 Messungen im Werk (erst Standalone, dann am Auto montiert) war der Unterboden noch in Ordnung - vermutlich "auf des Messers Schneide" - aber innerhalb des Limits.
An der Strecke hat man dann am Auto herumgeschraubt - zwecks Finden des optimalen Setups - normaler Vorgang.
Dabei hat es den Unterboden minimal auseinander/breiter gedrückt, sodass er bei der FIA-Messung durchgefallen ist.

Die verbauten Materialien sind halt nicht zu 100 % "fest". Von daher hat man m.E. bei der Konstruktion/Herstellung einfach etwas zu wenig Luft gelassen, um solche physikalisch immer möglichen Toleranzen ausreichend zu kompensieren.

Allein die Tatsache, dass sich Werkstoffe bei höherer Umgebungstemperatur (wohltemperierte Fabrik versus direkt über dem warmen Asphalt stehendes Auto) ausdehnen, sollte man bei der Konstruktion entsprechend berücksichtigen.
Ein typisches Beispiel von Theoretiker (Konstrukteur am Bildschirm) versus Praktiker (Mechaniker an der Rennstrecke)...

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Jem » 11.09.2024, 10:49

Wobei sich natürlich die Frage stellt, ob es überhaupt irgendeinen praxisrelevanten Nutzen hat, sich derart nah an den Grenzen zu bewegen.

Ironie der Geschichte: Schumi bekam mal ein DSQ weil es ihm unterwegs zu viel am Unterboden geschmirgelt hatte und jetzt bei Albon ein DSQ weil zu wenig geschmirgelt wurde. Einziger Unterschied zwischen beiden Fällen: Die Körnung des Schleifmittels ;-)
Ich bin nicht negativ, ich mag nur den ganzen Kommerz in der F1 nicht.

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von matsches » 11.09.2024, 11:19

Wenn ein Auto nicht am Limit gebaut ist, ist es zu langsam.

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Ken Miles » 11.09.2024, 11:26

Mitm 400er Schleifpapier holst in oiner Minuten halt wirklich nicht viel weg....
Schade um den verpassten Start. Sehr ärgerlich.

Regeln sind Regeln, aber ob das wirklich was ausgemacht hätte, zeitlich.....?

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von abloo » 11.09.2024, 12:22

matsches hat geschrieben: 11.09.2024, 11:19 Wenn ein Auto nicht am Limit gebaut ist, ist es zu langsam.
Nach dieser These würde "Kick Sauber Alfa Dingsdibumbs Audi" ja nie am Limit heuer fahren...

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Pentar » 11.09.2024, 12:29

Jem hat geschrieben: 11.09.2024, 10:49... Ironie der Geschichte: Schumi bekam mal ein DSQ weil es ihm unterwegs zu viel am Unterboden geschmirgelt hatte und jetzt bei Albon ein DSQ weil zu wenig geschmirgelt wurde. Einziger Unterschied zwischen beiden Fällen: Die Körnung des Schleifmittels ;-) ...
Bei MS7 war es meines Wissens die Bodenplatte - die durch das Abschleifen auf dem Untergrund (Asphalt & Curbs) zu dünn geworden ist - vergleichbar mit dem (für die heftigen Bodenwellen) zu tief liegenden MAMG in Austin/COTA.
Der Unterboden hingegen hat normalerweise keinen Kontakt mit dem Untergrund - vielleicht ab & an sehr kurzzeitig.
Der Williams-Unterboden war schlichtweg zu breit - wenn auch nur den Bruchteil eines Millimeters...
Zuletzt geändert von Pentar am 11.09.2024, 12:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Warlord » 11.09.2024, 12:29

abloo hat geschrieben: 11.09.2024, 12:22
matsches hat geschrieben: 11.09.2024, 11:19 Wenn ein Auto nicht am Limit gebaut ist, ist es zu langsam.
Nach dieser These würde "Kick Sauber Alfa Dingsdibumbs Audi" ja nie am Limit heuer fahren...
Irgendwann heisst es nur noch Audi. Da freu ich mich drauf

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Rockpad » 11.09.2024, 13:40

Pentar hat geschrieben: 11.09.2024, 10:26
Rockpad hat geschrieben: 11.09.2024, 09:23Da war jetzt keine Erklärung dabei, wieso zwei Checks ok waren und vor Ort war es das dann nicht mehr. ...
Bei den 2 Messungen im Werk (erst Standalone, dann am Auto montiert) war der Unterboden noch in Ordnung - vermutlich "auf des Messers Schneide" - aber innerhalb des Limits.
An der Strecke hat man dann am Auto herumgeschraubt - zwecks Finden des optimalen Setups - normaler Vorgang.
Dabei hat es den Unterboden minimal auseinander/breiter gedrückt, sodass er bei der FIA-Messung durchgefallen ist.

Die verbauten Materialien sind halt nicht zu 100 % "fest". Von daher hat man m.E. bei der Konstruktion/Herstellung einfach etwas zu wenig Luft gelassen, um solche physikalisch immer möglichen Toleranzen ausreichend zu kompensieren.

Allein die Tatsache, dass sich Werkstoffe bei höherer Umgebungstemperatur (wohltemperierte Fabrik versus direkt über dem warmen Asphalt stehendes Auto) ausdehnen, sollte man bei der Konstruktion entsprechend berücksichtigen.
Ein typisches Beispiel von Theoretiker (Konstrukteur am Bildschirm) versus Praktiker (Mechaniker an der Rennstrecke)...
Kann ich nicht nachvollziehen.
Das begründet Vowles damit, dass ein Formel-1-Team bei der Weiterentwicklung "ständig am Unterboden herumspielt, damit er aerodynamisch richtig eingestellt ist".
Weiterentwicklung klingt nicht nach Setup, das klingt nach Designänderung.
Und selbst wenn....
Wenn es kein Poka Yoke gibt, so dass Einstellarbeiten deppensicher sind, dann ist der Checker vor Ort natürlich von immenser Bedeutung.
Also wieder: Check the checker.
Das ist doch das kleine Ingenieurs-Einmaleins.
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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Pentar » 11.09.2024, 15:09

Rockpad hat geschrieben: 11.09.2024, 13:40... Kann ich nicht nachvollziehen. ...
Kein Problem - noch anschaulicher kann ich es nicht erläutern :wink:


Rockpad hat geschrieben: 11.09.2024, 13:40... Weiterentwicklung klingt nicht nach Setup, das klingt nach Designänderung. ...
Das Auto verlässt die Fabrik im "Standard-Zustand" - bevor es auf die Reise geht.
An der Strecke wird es für die jeweilige Strecke explizit vorbereitet & eingestellt.
"Weiterentwicklung" ist entweder schlecht ausgedrückt - oder schlecht übersetzt...

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Re: Williams-Unterboden in Zandvoort: Schmirgelpapier hat es kuriert

Beitrag von Sven_06 » 12.09.2024, 04:47

Rockpad hat geschrieben: 11.09.2024, 13:40
Kann ich nicht nachvollziehen.

...

Also wieder: Check the checker.
Das ist doch das kleine Ingenieurs-Einmaleins.
Recht einfach erklärt: Wärmeausdehnung. Je wärmer, desto größer/mehr Volumen haben (fast) alle Materialien. Sieht man an Brücken mit der Dehnungsfuge oder daheim beim Verlagen von Bodenbelag.
In einer Umgebung zwischen 20 und 25 °C kann alles passen, bei 50°C Asphalt und 30+ °C werden die Materialien ein bisschen größer. Wurde wohl "vergessen".
Betrifft auch die Messgeräte selbst.

Hier hat sich das alles wohl aufsummiert.

Ich bin bei dir: irgendeiner hat daran nicht gedacht und/oder beim Messen nicht aufgepasst.

Immer wieder erfrischend zu sehen, dass in diesem hoch professionellen Zirkus noch Menschen arbeiten, die auch mal Fehler machen :wink:

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