• 03. April 2014 · 15:47 Uhr

Magerwahn wird gefährlich: Sutil fordert einheitliches Gewicht

Adrian Sutil findet, dass das Gewicht von Fahrer inklusive Sitz bei allen angeglichen werden sollte - Magerwahn geht so weit, dass kaum noch Wasser getrunken wird

(Motorsport-Total.com) - Obwohl das Mindestgewicht der Formel-1-Autos mit Fahrer für die Saison 2014 von 642 auf 691 Kilogramm erhöht wurde, klagen einige Fahrer darüber, dass sie momentan "Übergewicht" mit sich mitschleppen. Und zwar nicht etwa, weil sie so viel Winterspeck angesetzt haben, sondern weil die Autos mit ihren neuen Motoren und Hybridsystemen wesentlich schwerer geworden sind. Wer jedoch über den 691 Kilogramm liegt, der hat auf der Strecke einen nicht unerheblichen Nachteil.

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Adrian Sutil wünscht sich eine weitere Anhebung des Mindestgewichts Zoom Download

"Zehn Kilo sind pro Runde - je nach Strecke - drei bis vier Zehntel", rechnet Adrian Sutil vor. Der Sauber-Pilot, mit 75 Kilogramm neben Landsmann Nico Hülkenberg einer der schwersten Fahrer im Feld, leidet am meisten unter der aktuellen Situation. Denn während es Force India gelungen ist, ein leichtes Auto zu bauen, ist der Sauber C33 so übergewichtig, dass selbst Leichtgewicht Esteban Gutierrez momentan über den 691 Kilogramm liegt - und der kleine Mexikaner ist um 14 Kilogramm leichter als Sutil.

Der bringt nun einen Vorschlag ins Spiel, mit dem alle Fahrer unter gleichen Voraussetzungen kämpfen könnten: "Wir könnten das Gewicht für Fahrer mit Sitzschale bei allen angleichen. Für einen leichteren Fahrer müsste der Sitz schwerer sein, denn dann sind nicht nur alle gleich schwer, sondern es haben auch alle das Gewicht an der gleichen Stelle. Das wäre das Gerechteste", so Sutil über eine seiner Meinung nach "sehr clevere" Idee, die aber nicht von ihm selbst stammt, sondern "von einem derzeitigen Topfahrer".

Massa gegen Sutils Vorschlag

Aber: "Die leichtesten Fahrer haben ein Problem damit. Sie blockieren das", ärgert er sich, ohne Namen zu nennen. Felipe Massa, um 15 Kilogramm leichter als Sutil (umgerechnet ein Vorteil von mehr als einer halben Sekunde pro Runde) outet sich freiwillig: "Ich bin dagegen. Mein Team hat bessere Arbeit geleistet. Warum sollten wir uns das wegnehmen lassen? So sind die Regeln eben momentan", gibt der Williams-Fahrer zu, dass er zu denjenigen gehört, über die sich Sutil ärgert.

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Bei Hitzerennen wie in Malaysia sind die schwereren Fahrer körperlich am Limit Zoom Download

"Das ist ein Problem dieses Teams. In einem anderen Jahr hat ein Team einen Doppeldiffusor und ein anderes nicht. So sind die Regeln", betont Massa. "Wenn ein Team einen schwereren Motor oder ein schwereres Auto hat, dann haben sie es selbst in der Hand, einen besseren Job zu machen. Ich bin leicht und ich bin glücklich darüber, aber wenn ich zehn Kilo schwerer wäre, hätte ich mit meinem Auto auch noch keine Probleme. Es geht da nicht nur um das Gewicht der Fahrer."

Sutil, der bei 1,83 Meter Körpergröße maximal 60 Kilogramm wiegen dürfte, um unter dem Gewichtslimit zu bleiben, sieht das anders: "Ich finde es unfair. Ich würde jedenfalls nicht gegen einen Fahrer gewinnen wollen, der 20 Kilo schwerer ist als ich. Wenn ich dann im Qualifying ein Zehntel vorne bin, entspricht das nicht der Realität. Er war besser, aber ich stehe vor ihm. Das ist die Wahrheit. Wenn du ein fairer Fahrer bist und gewinnen willst, weil du der beste Rennfahrer bist, dann darf es nicht so sein, wie es momentan ist."

Sutil hofft auf Solidarität unter den Fahrern

Dass einige der leichteren Fahrer eine Anhebung des Mindestgewichts blockieren, weil sie um ihren eigenen Vorteil fürchten, kann er nicht nachvollziehen: "Wir Fahrer sollten besser zusammenhalten und darüber nachdenken, was wir tun und warum wir in dieser Situation sind. Ist es eine notwendige Situation? Nein. Der Sport wäre gleich gut oder besser, wenn wir ein normales Gewichtslimit hätten. Dann könnten wir normal essen und wir hätten diese Diskussion nicht. Es ist einfach nicht notwendig."

Tatsächlich führt die Gewichtsproblematik inzwischen so weit, dass schwerere Zeitgenossen wie Sutil selbst vor einer Hitzeschlacht wie in Malaysia kaum noch trinken, weil jeder Schluck zusätzliches Gewicht bedeutet. Vor dem letzten Rennen in Sepang gönnte sich Sutil eine Stunde vor dem Start gerade mal eine Tasse Tee - und in Bahrain verzichtet er sogar auf die Trinkflasche. Dabei geht es nicht nur um das Gewicht des Wassers, sondern "die Flasche hat ja auch ein Leergewicht von einem halben Kilo..."

Je weniger Muskelmasse, desto besser

"Alle groß gebauten Fahrer klagen, nicht nur ich. Wir können ohnehin schon nicht mehr viel Gewicht verlieren, und jetzt können wir kaum noch trainieren, denn du willst die wenigen Muskeln, die noch übrig sind, im Idealfall auch noch verlieren. Das ist eine schwierige Situation", gibt der 31-Jährige zu Protokoll. "Ich halte es nicht für fair. Kleine Fahrer können essen, was sie wollen, während wir einfach von Natur aus schwerer sind."

"Muss man meinen Vater und meine Mutter fragen, warum das so ist."Adrian Sutil
"Muss man meinen Vater und meine Mutter fragen, warum das so ist. Dafür werden wir bestraft, mit einer halben Sekunde pro Runde oder mehr, einfach so. Nicht weil die kleinen Fahrer bessere Fahrer sind, sondern weil sie leichter sind", sagt er. Benachteiligt war Sutil übrigens schon immer, auch zu Zeiten, in denen er mit seinem Auto noch unter dem Gewichtslimit lag. Aber wenn alle unter dem Gewichtslimit liegen, sind die Unterschiede wenigstens nur sehr gering.

"Ein Fahrer wie ich, mit 75 Kilogramm, ist immer am Gewichtslimit des Autos. Aber selbst wenn dann insgesamt kein Übergewicht da ist, kann ein leichterer Fahrer mit den Ballastgewichten spielen und diese besser platzieren. Das kann ein kleiner Vorteil sein, aber das ist okay. Es wird immer Unterschiede zwischen Menschen geben", zeigt Sutil ein gewisses Maß an Verständnis. "Aber wenn du insgesamt über dem Gewicht bist, dann sollte das nicht so sein."

Ohnmächtig wegen zu wenig Flüssigkeit?

Dass Sutil & Co. jetzt hungern und ihre Flüssigkeitsaufnahme auf ein Minimum reduzieren, birgt gerade bei Hitzerennen die Gefahr eines Blackouts. Angeblich soll bereits ein Fahrer nahezu ohnmächtig geworden sein. "Ja, diese Gefahr besteht, natürlich", räumt Sutil ein. "Wir fahren mehr als 300 Kilometer, da müssen wir im Kopf wie auch vom Körper her in Form sein. Das ist heutzutage nicht mehr so einfach. Man kann derzeit nicht garantieren, dass jeder Fahrer körperlich zu 100 Prozent in Schuss ist."


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Sollte das wirklich passieren, wird das Mindestgewicht zum Sicherheitsthema - und spätestens dann könnte die FIA gezwungen sein, zu reagieren. Bisher habe man den Sicherheitsaspekt noch nicht konkret angesprochen, sagt Sutil, "aber ich kann es schon spüren. Du musst aufpassen. Ich habe im Vergleich zum Vorjahr, als ich auch schon versucht habe, möglichst leicht zu sein, noch einmal vier bis fünf Kilo verloren. Langsam komme ich an einen kritischen Punkt."

"Du spürst schon vor dem Rennen, dass du nicht so spritzig bist. Die Autos sind etwas langsamer geworden, insofern musst du nicht in einer Superform sein. Aber wenn du eineinhalb Stunden laufen gehst und davor nicht genug gegessen und getrunken hast, kommst du an einen Punkt, an dem du nicht mehr so gut funktionierst. Das ist die große Gefahr. Es ist ja auch eine lange Saison, mit viel Reiserei. Da verlierst du unweigerlich Substanz. Je mehr du davon hast, desto besser", meint er abschließend.

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