• 27. Februar 2024 · 14:11 Uhr

Daniel Ricciardo: "Weiß, dass viele von uns begeistert sind"

Bei den Racing Bulls hofft man zu Saisonbeginn ein Auto für die Top 10 zu haben, will aber nicht zu übereifrig werden - Grundstein für Performance im vergangenen Jahr

(Motorsport-Total.com) - Können die Racing Bulls in der Formel-1-Saison 2024 zur großen Überraschung im Hinterfeld werden? Die Testfahrten gaben Anlass zur Hoffnung, dass man die hinteren Ränge in diesem Jahr verlassen haben wird und eventuell zusammen mit McLaren die Spitze des Mittelfeldes bilden könnten. "Ich weiß, dass die Leute ziemlich begeistert von uns waren", sagt Daniel Ricciardo nach den Testfahrten.

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Der VCARB 01 hat in Bahrain durchaus gute Ansätze gezeigt Zoom Download

Die schnellste Runde von Yuki Tsunoda am Freitag hatte den VCARB 01 auf Position sieben gebracht, wobei der Japaner selbst sagt, dass er dort einen Fehler eingebaut habe, weil er zu viel wollte. Doch wichtiger als die Performance über eine Runde, die bei den Tests zu viele Variablen hat, um wirklich richtig bewertet werden zu können, sind die Longruns.

Auch diese sind bei RB schwierig einzuschätzen, weil repräsentative Vergleiche fehlen. Heranziehen könnte man eine Rennsimulation am Freitagmorgen, wo Ricciardo rund eine halbe Sekunde schneller war als Haas und einen deutlich besseren Reifenabbau zeigte. Das Ende des Feldes sollte man somit verlassen haben.

"Wir wissen, was wir haben", sagt Ricciardo. "Und wir wissen, wo wir hin müssen. Aber wir sind noch nicht da."

Der Australier versucht, die hohen Erwartungen ein wenig einzufangen - wobei die hochsprudelnden Aussagen eher von außen kommen, während man im Team weiterhin realistisch bleibt. "Wir werden zu Saisonbeginn kein Auto haben, das auf das Podium fahren kann", weiß er. "Aber wir wollen im Saisonverlauf stärker werden und uns an der Spitze des Mittelfeldes etablieren."

Für den Auftakt hofft er, dass der VCARB 01 stark genug ist, um in Q3 vorzustoßen und Punkte zu holen. "Viel mehr als das wäre aber wohl ein bisschen zu viel verlangt", sagt er.

Auch Teamkollege Yuki Tsunoda sagt, dass der Bolide bislang wie ein Q3-Auto aussieht. "Aber bitte Jungs, nehmt das nicht so", mahnt er. "Es ist noch viel zu früh. Viele Autos haben ihre Runden gedreht, als es heiß war, von daher erwartet nicht zu viel."

"Wir sind immer noch realistisch und hoffnungsvoll. Es ist also eher eine Art Hoffnung, dass wir in Q3 kommen können. Realistisch gesehen ist es aber immer noch nicht einfach, um die Top 10 zu kämpfen", so der Japaner.

Mit dem dreitägigen Test inklusive Shakedown ist er aber bislang zufrieden, denn für das Team lief im Grunde alles glatt. Sonderlich große Probleme gab es nicht zu vermelden, und mit 367 in Bahrain gedrehten Runden lag man diesbezüglich im Mittelfeld. "Das Auto fühlt sich nach einem guten Schritt an zum Vorjahr, von daher bin ich bis jetzt glücklich."

Startschuss schon Mitte 2023

Wobei man bei RB erwähnen muss, dass der Weg des VCARB 01 eigentlich schon in Singapur im vergangenen Jahr begann. Zu dem Zeitpunkt lag das damals noch AlphaTauri genannte Team auf dem letzten Platz der Konstrukteurswertung. Doch es war der Startschuss für ein Update und einen klaren Aufwärtstrend.

AlphaTauri entwickelte sein Auto bis zum Schluss und brachte selbst beim letzten Rennen in Abu Dhabi noch ein Upgrade - das Auto für 2024 ist dementsprechend einfach nur eine konsequente Weiterentwicklung.

Daher sagt Tsunoda auch, dass sich das Auto nicht sonderlich anders anfühlt als in Abu Dhabi, wo er den achten Platz belegt hatte. "Verglichen dazu ist es kein großer Unterschied, aber im Vergleich zu davor ohne das Upgrade ist es echt gewaltig", betont er. "Das ist ein großer Schritt in den Daten."


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Der nahtlose Übergang half RB aber auch bei den Testfahrten in der vergangenen Woche. Denn Ricciardo und Tsunoda benötigten nicht viel Eingewöhnungszeit und fühlten sich im Auto schnell wohl.

"Es gab auch bei Motor, Getriebe und solchen Dingen nicht wirklich Veränderungen, von daher hat auch die Zuverlässigkeit gestimmt und wir konnten ziemlich früh anfangen, uns um das Set-up zu kümmern", lobt Ricciardo. "Wir haben ziemlich früh gesagt, dass wir uns wohlfühlen und jetzt ein paar Änderungen ausprobieren können."

"Es gab ein paar Dinge, die sich verbessert haben, aber das ist mit ein paar Monaten Entwicklung ja auch natürlich", so der Australier. "Ich habe mich also wohlgefühlt, aber trotzdem haben wir noch kein Siegerauto, von daher gibt es sicherlich noch etwas Feedback."

Egginton: Momentum beibehalten

Auch bei den Entwicklern am Kommandostand ist man mit den bisherigen Eindrücken des Autos recht zufrieden. Technikchef Jody Egginton spricht von einer "ordentlichen Geburt" und betont, dass RB alle seine Meilensteine vor dem Test erreicht habe. Und auch beim Test selbst habe das Auto gut funktioniert, sodass das Team eine Menge Daten sammeln könnte.

"Es fühlt sich wie ein glatterer Start in die Saison an als im vergangenen Jahr", sagt er.

Vor einem Jahr war AlphaTauri eben schwierig in die Saison gekommen. Bis zur Sommerpause hatte das Team gerade einmal drei zehnte Plätze und somit drei Punkte einfahren können. "Danach haben wir bei der Entwicklung eine Menge Momentum bekommen und sind wieder zu unserem alten Selbst zurückgekehrt", so Egginton.

"Und damit wollen wir in diesem Jahr weitermachen. Aber wir wollen das Momentum in diesem Jahr deutlich früher aufbauen", betont er. "Aber bislang habe ich das Gefühl, dass wir besser vorbereitet sind und uns in einer deutlich besseren Position befinden."


Formel-1-Autos 2024: Racing Bulls VCARB 01

Doch was hat sich am Auto jetzt eigentlich verändert? Egginton erklärt: "Generell hatten wir ganz grundlegende Ziele, wie mehr Abtrieb und solche Makro-Level-Metriken, aber es gab auch bestimmte Charakteristiken, an denen wir gearbeitet haben und weiter arbeiten werden."

"Wir haben einige Veränderungen dabei vorgenommen, wie wir das Auto im Windkanal entwickeln. Zumindest sind die Reifen in diesem Jahr eine relative Bekannte, von daher konnten wir ein wenig mehr Verständnis und Zeit einräumen, um einige Aerodynamik-Entwicklungen zu validieren. Und wir haben früher einen Blick bekommen, wie wir das Auto entwickeln möchten."

Denn eine der Frustrationen der Vorsaison sei gewesen, dass die Aerodynamik-Entwicklung zu Beginn nicht das gehalten hatte, was sie versprochen hatte. Selbst Teamchef Franz Tost polterte zwischendurch, dass er seinen Ingenieuren nicht mehr vertraut - inklusive personeller Konsequenzen.

"Es hat länger gedauert, als wir alle wollten, bis wir genau wussten, welchen Weg wir gehen wollen", so Egginton. "Aber als wir das Verständnis erst einmal hatten, hatten wir ein gutes Momentum bei der Entwicklung."

Aufhängung: Mehr als nur Red-Bull-Übernahme

Ein wichtiger Fokuspunkt der neuen Autos war bislang die Vorderradaufhängung. Viele Teams sind den Weg von Red Bull gegangen und haben von einer Pushrod- auf eine Pullrod-Aufhängung gewechselt (hier lesen, was das bedeutet). Damit orientiert man sich in diesem Jahr wieder näher am Schwesterteam, nachdem man zuletzt die Aufhängung nicht übernommen hatte.

Allerdings betont man im Team, dass man diesbezüglich seinen eigenen Ansatz verfolgt, und nicht einfach nur das System von Red Bull übernimmt. "So wie die Regeln sind, übernehmen wir keine Aerodynamik-Flächen, sondern nur strukturelle Oberflächen", sagt er.

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"Die aerodynamischen Oberflächen sind die Verantwortung des übernehmenden Teams. Das ist anders als noch vor einigen Jahren, von daher liegt die ultimative Kontrolle darüber, was wir aerodynamisch mit der Aufhängung tun, in unserer Hand", so Egginton.

"Wir haben immer noch die Kontrolle, von daher ist es auch keine Garantie, dass wir alles sofort wie gewünscht zum Laufen bekommen. Aber wir sind ziemlich zufrieden damit, was wir getan haben", so der Technikchef. "Strukturell geht es um Teile von Red Bull, aber aerodynamisch haben wir immer noch die Autorität darüber, was wir tun, um diese Strukturen zu verdecken."

Fahrer loben: Auto lässt sich leichter lenken

Die Fahrer hatten sich bislang zumindest positiv über das Handling des VCARB 01 geäußert und gemeint, dass sich die Lenkung leichter anfühlen wurde. Das ist für Egginton aber zu erwarten gewesen, da das Team auch daran gearbeitet habe, dass die Fahrer das Auto besser fahren können.

"Wir haben das vergangene Jahr mit einem Auto begonnen, das nicht so einfach zu fahren war", sagt er. "Jetzt haben wir ein wenig mehr Flexibilität, und das Arbeitsfenster ist größer. Und zusammen mit dem Fakt, dass die Lenkung sich leichter anfühlt, können wir damit arbeiten."

"Natürlich haben wir da noch Optionen. Aber ich denke, dass die Aerodynamik des Autos etwas besser ist. Wir versuchen immer noch zu verstehen, in welchem Ausmaß, und die Fahrer können mit dem Auto ein bisschen mehr spielen als im letzten Jahr, als das Auto schwierig zu fahren war. Ich denke also, es ist eher ein Kommentar zur Gesamtperformance des Autos."

Und das alles ist für ihn eine Kulmination aus den Entwicklungen des Vorjahres. Knackpunkt sei für das Team dabei gewesen, die Instabilität am Kurveneingang in den Griff zu bekommen.

"Wenn man das hat, dann vergrößert sich das Arbeitsfenster des Autos und der Fahrer kann mehr Geschwindigkeit mit an den Kurvenscheitel nehmen, später bremsen und fährt natürlicher in die Kurve. Das ist dann ein Schneeballeffekt", sagt er.

Für ihn ist dieser Bereich auch einer, bei dem die Spitzenteams die meiste Zeit auf den Rest gutmachen würden. "Wenn der Fahrer beim Bremsen vor der Kurve kein Vertrauen hat, dann muss man sich damit beschäftigen, bevor man etwas anderes macht, weil das vorgibt, was man am Scheitel und dann später auch am Kurvenausgang machen kann."

Das sei der Schlüssel für die Verbesserung im vergangenen Jahr gewesen. "Und ab dem elften Rennen haben wir das in den Griff bekommen. Aber das ist nichts Aufregendes, was man visuell an den Updates sieht. Der Teufel steckt im Detail", so Egginton.

Mekies: Ziel ist das nächste Level

Ob den Racing Bulls dieser Umstand in der neuen Saison 2024 helfen wird, wird sich zeigen. Der Rennstall tritt in diesem Jahr an, um aus dem Schatten seiner Vergangenheit als Toro Rosso und AlphaTauri zu treten.

Zwar arbeitet man in Zukunft noch enger mit seinem Schwesterteam Red Bull zusammen, trotzdem möchte man sich ein wenig vom Status als Juniorteam emanzipieren - was auch in der erfahreneren Paarung Daniel Ricciardo/Yuki Tsunoda deutlich wird.


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Man möchte mehr erreichen als in den vergangenen Jahren und vor allem erst einmal die letzten Plätze verlassen, die es 2023 noch gegeben hatte. "Unsere Aufgabe ist, das Team auf das nächste Level zu heben", sagt der neue Teamchef Laurent Mekies.

Der kam als Sportdirektor von Ferrari und soll genau das bewerkstelligen. Für ihn hieß das erst einmal alles genau zu analysieren, um die nächsten Schritte zu unternehmen. "Aber klar, das ist nichts, was beim ersten Rennen jetzt auf magische Weise Realität wird. Aber wir fühlen, dass es der einzige Weg ist, wenn man seriös mit seinen mittelfristigen Zielen umgehen will."

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