Lewis Hamilton ortet "tieferliegende" Probleme am Mercedes W14
Mercedes gelang beim Bahrain-Test nach einem schlechten Freitag ein besserer Samstag, dennoch ist das Team aus eigener Kraft nicht siegfähig
(Motorsport-Total.com) - Als Lewis Hamilton am Freitagmorgen wild durch die Gegend rutschte, weil er besonders am Heck keinen Grip vorfand, dämmerte dem siebenmaligen Weltmeister wohl, dass die Sache mit dem achten Titel auch 2023 denkbar schwierig werden könnte. Geht es rein nach den Daten, könnte Mercedes in der Hackordnung der Formel 1 sogar vom dritten auf den vierten Platz abgerutscht sein.
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Denn jene Rennsimulation, die Fernando Alonso im Aston Martin am Samstagabend hinlegte, mit Zeiten von 1:39 Minuten bei vollen und 1:36 Minuten bei leerer werdenden Tanks, beeindruckt die Konkurrenz nachhaltig. Auch wenn natürlich alle wissen: Als Alonso auf der Strecke war, fand er die besten Asphaltbedingungen der ganzen Woche vor.
Hamilton fuhr beim Showdown unter Flutlicht auf dem Bahrain International Circuit eine Bestzeit von 1:30.664 Minuten, schnell genug für Platz 2 der Tagestabelle. Allerdings verwendete er dabei die Gummimischung C5, die laut Pirelli-Auskunft um eine halbe Sekunde langsamer ist als C4.
Geht man davon aus, dass bei der Zeitenjagd am Ende des Tests die Tankfüllungen bei allen Teams vergleichbar niedrig waren, und rechnet man den Faktor Reifen heraus, dann wäre Hamilton klar hinter den beiden Ferraris und nur knapp vor den Bestzeiten von Teams wie Alfa Romeo, AlphaTauri und Haas.
Hamiltons Auftritt in der Pressekonferenz
Bereits zu Mittag, noch vor seinem letzten Halbtag im W14 vor Saisonbeginn, stellte sich Hamilton der internationalen Presse. Dabei wirkte er gedämpft. Nicht nur, aber auch wegen eines ungewöhnlichen Satzes. Er sei "wirklich stolz" auf sein Team, weil es trotz des schwierigen Jahres 2022 den Kopf nicht hängen lasse.
Also nicht stolz drauf, dass in Sachen Performance die Wende gelungen ist, nicht stolz drauf, dass der W14 alle Entwicklungsziele erreicht hat (hat er offenbar nicht). Sondern stolz drauf, dass das Team trotz aller Widrigkeiten nicht aufgibt. Das klingt nicht so, als habe man die Kurve gekratzt.
"Porpoising" für Mercedes kein Problem mehr
Immerhin: "Das 'Bouncing', das wir hatten, ist ziemlich weg, und das ist ein Riesenschritt für uns", sagt Hamilton. "Es ist angenehm, ohne 'Bouncing' durch die Kurven zu fahren. Aber es gibt immer noch ein paar tieferliegende Dinge, durch die wir uns arbeiten müssen."
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Der Testauftakt am Donnerstag, ganz im Zeichen von Funktionstests, sei "gar nicht so schlecht" verlaufen. Der Freitag war dann aber ein Weckruf. In der Nacht auf Samstag führte Mercedes eine gründliche Untersuchung durch. Diese ergab: Kein Gebrechen am Auto, sondern die Handlingprobleme können nur über das Set-up kuriert werden.
Dafür würde sich Hamilton mehr Zeit wünschen. In nur drei Tagen das Auto und das Zusammenspiel mit den Reifen zu verstehen, das sei "für alle hart". Besonders dann, wenn man nicht sofort einen Volltreffer landet, was die Abstimmung betrifft.
Hamilton klingt ernüchtert, wenn er sagt: "Einige der Limitierungen in Sachen Balance, die wir vergangenes Jahr hatten, sind immer noch da."
Samstag schon viel besser als Freitag
Immerhin lief der Samstag aus Mercedes-Sicht viel besser als der Freitag. Das Team berichtete von "positiven Fortschritten". Nach umfangreichen Arbeiten an der Strecke und in der Fabrik konzentrierte sich das Team bei den ersten Ausfahrten am Samstagmorgen auf die Auswertung der über Nacht vorgenommenen Änderungen.
Andrew Shovlin, der Einsatzleiter an der Rennstrecke, berichtet: "In der Nacht haben wir einiges an Arbeit geleistet, um die Spezifikation des Autos zu verfeinern und unsere Richtung beim Set-up wiederzufinden. Dabei scheinen wir Fortschritte erzielt zu haben."
"Beide Fahrer hatten das Gefühl, dass das Auto heute unter allen Bedingungen viel besser lag und die Balance näher an dem ist, was sie auf einer Runde und auf Longruns benötigen. Es ist klar, dass wir noch an der Pace des Autos arbeiten müssen, aber der heutige Tag hat uns ein viel kohärenteres Bild davon vermittelt, worauf wir unsere Anstrengungen konzentrieren müssen."
Fotostrecke: Formel-1-Technik: Die Neuerungen bei den Testfahrten in Bahrain
Auf den Messgittern sitzen einige Sonden, die den Druck im umgebenden Strömungsfeld messen. Die Gitter erfüllen dabei unterschiedliche Anforderungen. Hier bei Mercedes sind sie vor den Hinterreifen und der Flaschenhals-Region angebracht und die Sonden alle einheitlich positioniert. Fotostrecke
Am Samstagabend klang Hamilton schon etwas versöhnlicher. In der Pressemitteilung des Teams lässt er sich folgendermaßen zitieren: "Wir sind noch nicht ganz da, wo wir hinwollen, aber es ist eine gute Ausgangsbasis. Wir wissen nicht, wo wir nächste Woche stehen werden, aber wir werden positiv bleiben und weiterhin das Maximum aus uns herausholen."
Russell: "Fortschritte bei den Problemen erzielt"
Und George Russell? Der belegte am Ende des Tages den achten Platz, gut eine Sekunde hinter Sergio Perez' Bestzeit. Auch er fuhr, genau wie Hamilton, seine schnellste Runde mit C5-Reifen, allerdings bereits am Vormittag, als die Strecke noch voll in der Wüstensonne stand und viel langsamer war als in den späten Abendstunden.
Russell bestätigt, dass in Sachen Set-up des W14 von Freitag auf Samstag "ein Schritt nach vorn" gemacht wurde. Außerdem habe Mercedes "Fortschritte bei den Problemen erzielt, mit denen wir gestern zu kämpfen hatten. Wir hatten heute einen viel positiveren Tag."
"Ich glaube, dass wir das Auto im Laufe der Testfahrten verbessert und den W14 heute in ein viel besseres Fenster bekommen haben. Es gibt noch viel zu tun, aber wir befinden uns in einer besseren Verfassung für nächste Woche und können noch mehr nachlegen", sagt er.