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Lando Norris' Fassade bröckelt: So redet er sich die McLaren-Tests schön
McLaren ist im Vergleich zu 2022 ziemlich sicher nach hinten abgerutscht, doch Lando Norris macht zumindest nach außen hin gute Miene zum bösen Spiel
(Motorsport-Total.com) - Wer am Samstagabend die Pressemitteilung von McLaren zu den Wintertests in Bahrain gelesen hat, der muss den Eindruck haben, dass beim Team von Lando Norris alles bestens ist. Es seien "drei gute Tage" gewesen, sagt der 23-Jährige darin, und er habe "viele Runden" absolvieren können.
Teamchef Andrea Stella räumt in dem PR-Text immerhin ein "geringfügiges, wiederkehrendes Problem" ein, und meint damit - was er offiziell natürlich nicht beschreibt - die Luftleitbleche rund um die Vorderräder, an denen McLaren am Samstag ständig arbeiten musste. Stellas Zitat besagt aber auch: "Für das erste Rennen bereitet uns dieses Thema keine Sorgen."
Die "vielen Runden", die Norris ausdrücklich lobt, halten einem neutralen Faktencheck nicht stand. McLaren schaffte am Samstag 81 Runden - weniger als jedes andere Team. Zum Vergleich: Haas schaffte als Marathonläufer Nummer 1 172 Runden. Alfa Romeo als Vorletzter der Tabelle immer noch 131. Das sind um 62 Prozent (!) mehr als McLaren.
Auch bei der FIA-Pressekonferenz am Samstag versuchte der stets fröhliche Norris, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, als er zunächst die weichgespülten Fragen von Moderator Tom Clarkson beantworten musste. Es laufe derzeit "deutlich besser als vor einem Jahr", sagte er da, oder auch: "Es war ein guter Start in die Saison."
Auf Nachfrage verschwindet das Lächeln ...
Eher beiläufig spricht Norris auch von "ein paar kleinen Rückschlägen". Auf konkrete Nachfrage, was er denn damit meine, bröckelt die Fassade - und der McLaren-Pilot räumt ein: "Wenn ich ehrlich sein soll, gibt es immer noch viele Dinge, mit denen wir in den vergangenen Tagen Probleme hatten."
Norris spricht es zwar nicht klar aus, aber wer ihn beobachtet, kann förmlich sehen, dass er eine extrem schwierige Saison auf sich und McLaren zukommen sieht. Kein Wunder, denn der MCL60 ist derzeit wohl nur die Nummer 8 unter zehn Teams im provisorischen Power-Ranking der Formel 1 2023.
Das Fahrverhalten sei "grundsätzlich ähnlich wie beim Vorjahresauto", sagt Norris - und man gewinnt den Eindruck: Er bemüht sich um unverbindliche Formulierungen, um die bittere Wahrheit nicht aussprechen zu müssen.
Ein ähnliches Fahrverhalten wie 2022 sei "in vielerlei Hinsicht gut, schätze ich". Und Norris muss eher verkrampft grinsen, wenn er sagt: "Aber ... Es ist ja offensichtlich, worauf wir uns konzentrieren müssen."
Ist Platz 5 für McLaren 2023 zu halten?
Während die meisten Teams so viel und so vielseitig gefahren sind, dass man ihr wahres Tempo schon recht gut einschätzen kann, stand McLaren so viel an der Box, dass ganz aussagekräftige Daten fehlen. Neben Mercedes und Alpine ist McLaren wohl das Team, dessen Performance die Experten am wenigsten genau einschätzen können.
Dass McLaren am Saisonbeginn auf Niveau des fünften Platzes in der Konstrukteurs-WM fahren kann, den das Team 2022 erreicht hat, gilt aber als unwahrscheinlich. Und darüber, wie gutmütig oder bockig der MCL60 zu fahren sein wird, lässt sich Norris auch auf kein finales Urteil ein. "Ist noch zu früh", winkt er ab.
2022 seien "einige Strecken schwieriger, einige besser" für McLaren gewesen. Etwaige Fortschritte könne er "erst beurteilen, wenn wir wieder auf diese Strecken kommen. Bisher hat uns jedenfalls nichts überrascht - weder positiv noch negativ. Das kann man positiv oder auch negativ sehen."
"Wir wissen, wo wir stehen, denke ich. Wir sind nicht mit großen Erwartungen zu diesem Test gekommen. Wir haben keine neue Philosophie. Wir sind da realistisch, und wir wissen, dass unser Plan eher darauf aufbaut, wie wir uns während der Saison verbessern können, und weniger darauf, wie wir die Saison beginnen."
Zyniker übersetzten das aus der PR-Sprache so: Wir wissen, dass wir aktuell hinterherfahren - und damit bleibt uns gar nichts andres übrig, als auf die ersten Updates zu hoffen ...