• 07. Mai 2024 · 02:26 Uhr

Der stille Teamplayer: Andrea Stella krönt Karriere mit erstem Sieg als Chef

Andrea Stella feiert seinen ersten Sieg als Teamchef: Über den Karriereweg und die Ansätze eines leisen Leaders, der vieles anders macht und das mit Erfolg

(Motorsport-Total.com) - Es war eine Szene mit Symbolcharakter: Während McLaren-CEO Zak Brown am Kommandostand völlig ausflippte, nahm Teamchef Andrea Stella ganz ruhig die Glückwünsche entgegen. Auch wenig später, als Premierensieger Lando Norris im Parc ferme von seinem Team empfangen wurde, schunkelte und hüpfte Feierbiest Brown erstmal ausgelassen mit seinem Schützling.

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Lando Norris beschert auch Andrea Stella seinen ersten Sieg als Teamchef Zoom Download

Teamchef Stella indes hielt sich lieber etwas im Hintergrund: Als Norris ihn dann doch noch entdeckte und auf ihn zukam, breitete der Italiener einfach nur seine Arme aus und stand wie eine Vaterfigur mit stolzem Gesichtsausdruck vor dem Briten.

Dann schloss er seinen Goldjungen ganz ruhig in seine Arme und sprach ihm in all dem Trubel ein paar Worte ins Ohr. Wie an Norris' Reaktion zu sehen war, dürften sie ähnlich emotional gewesen sein, wie jene, die Stella damals am Ferrari-Kommandostand in Richtung Fernando Alonso sagte, bei dessen legendären Regen-Sieg in Malaysia 2012:

"This is one of the most beautiful, this is one of the most, most beautiful. We are so proud of you", funkte der Italiener, damals noch Alonsos Renningenieur bei den Roten, dem zweifachen Weltmeister mit gebrochener Stimme ins Cockpit und verdrückte an der Boxenmauer dabei ein paar Freudentränen: Es war der Moment, der Stella im Formel-1-Kosmos erstmals so richtig einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte.

Zwölf Jahre später ist der Mann, der in seiner fast ein Vierteljahrhundert umfassenden Laufbahn in der Formel 1 bereits als Performance-Ingenieur für Michael Schumacher arbeitete, und als Renningenieur vor Alonso, mit dem er 2015 gemeinsam zu McLaren wechselte, auch schon Kimi Räikkönen betreute, an einem neuen Karriere-Meilenstein angekommen: Seinem ersten Sieg als Teamchef.

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Stella arbeitete bei Ferrari und McLaren lange eng mit Fernando Alonso zusammen Zoom Download

Zur Saison 2023 hatte der mittlerweile 53-Jährige aus dem umbrischen Orvieto beim Traditionsteam in Woking das Ruder vom Deutschen Andreas Seidl übernommen, nachdem der Bayer sich dazu entschied, dem Lockruf aus der Heimat zu folgen, um dort für 2026 den anstehenden Audi-Einstieg mit Sauber vorzubereiten. Stella, ein unermüdlicher Arbeiter, rückte entsprechend auf - und mit dem studierten wie promovierten Luftfahrt- und Aerodynamik-Ingenieur machte McLaren den nächsten Schritt zum regulären Top-Team.

Brown über Stella: "Er ist der Beste"

"Er ist der Beste", streut McLaren-CEO Brown Stella nach dem Sieg in Miami Rosen und lobt den Italiener über den grünen Klee: "Ich könnte mir keinen besseren Teamchef vorstellen als Andrea. Seine Führungsqualitäten", schwärmt Brown: "Er hört zu, er kommuniziert, er denkt nach und er arbeitet hart - und fordert auch hohe Performance. Das strahlt auf alle in der Fabrik ab. Es kommt jetzt einfach alles zusammen."

Dabei ist Stellas Einfluss laut Brown nicht hoch genug einzuschätzen: "Er hat alles geändert. Wenn man sich nur den Start des Jahres anschaut", sagt der Ami bei Sky: "Wir haben ein paar Leute ausgewechselt, Andrea hat übernommen und er hat einfach einen unglaublichen Job gemacht, alle fokussiert zu bekommen."

Technik-Direktor David Sanchez verließ das Team nach nur kurzem Gastspiel, Stella übernahm den Posten einfach gleich mit, neben seinem eigentlichen als Teamchef: "Er geht als Beispiel voran", sagt Brown und findet: "Was einen Anführer betrifft, wird es nicht besser als mit ihm."

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Stella jubelt in Miami mit der Trophäe für den siegreichen Konstrukteur Zoom Download

Dabei zeichnet Stella vor allem seine Bescheidenheit aus, gerade in der Stunde des größten Erfolges: "Meine Gedanken sind bei den Männern und Frauen bei McLaren. Ich weiß, welche Arbeit dahintersteckt. Lando hat es so verdient und auch das McLaren-Team - ich hoffe jeder genießt diesen Moment", sagt der Teamchef, der zuerst immer an die anderen denkt und den Triumph deshalb auch gleich McLarens Ende 2023 verstorbenem früheren Sportdirektor Gil de Ferran widmet.

Stella im Fokus: "In Wahrheit 850 Leute"

In Bezug auf seine eigene Rolle erklärt Stella: "Für mich ist ein Sieg als Teamchef ein Sieg des Teams. Meine Rolle ist, dem Team zu dienen und es zu repräsentieren. Was man nun in einer Person sieht, sind in Wahrheit 850 Leute. Da sind meine Gedanken, mein Herz und mein Kopf, weil ich weiß, was für eine Arbeit wir geleistet haben, um die Situation von vor 15 Monaten so rumzudrehen."

Damals startete McLaren denkbar schlecht in die Saison und in Stellas Amtszeit. Spätestens mit Norris' Sieg in Miami am Sonntag sind diese Sorgen aber vergessen. "Es ist eine Kombination aus Anstrengung, Qualität und Quantität, und dem Element, das ich am meisten mag: Der Qualität der Ingenieure, der Techniker, Operator und Mechaniker", huldigt Stella seinen Leuten.


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"Wir nennen es totalen Wettbewerb, es ist so eine große Leistung, die man zusammenbringen muss, und als Teamchef ist es das, was ich in diesem Moment vor mir habe: Du kommst nicht besonders weit, wenn du nicht die richtigen Leute anführst", lobt der Italiener.

Dass er die bei McLaren zur Verfügung hat, daran gab es für ihn nie einen Zweifel: "Ich konnte die Entwicklung sehen, speziell in der Aero-Abteilung, die sehr vielversprechend war. Die Abteilung kam in Schwung und wir konnten damit beginnen, die aerodynamische Effizienz im Windkanal und in den Simulatoren zu verbessern."

Stella lernte von Schumi, Alonso und Räikkönen

"Es gab also einen Plan, es gab ermutigende und vielversprechende Elemente, aber vor allem gab es großen Glauben", philosophiert Stella: "Ich konnte sehen, dass das Talent bei McLaren groß ist. Ich bin durch die Abteilungen gegangen, habe mit den Leuten gesprochen und mir gedacht: 'Diese Jungs kennen ihren Job, sie kennen das Business, wir müssen sie nur ermutigen.'"

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Valencia 2012: Räikkönen, Alonso, Schumacher und Stella am Podest Zoom Download

Dabei sei ihm vor allem die Installation und Pflege einer offenen Kultur bei McLaren wichtig gewesen: "Es gibt keine Territorialkämpfe bei McLaren, es geht nur darum zusammenzuarbeiten. Ein gemeinsames Annähern an die Performance und darum, den Leuten Raum zu geben. Das ist vor zwölf Monaten passiert." Und trägt jetzt Früchte.

Gelernt hat Stella diese Führungsqualitäten schließlich bei den Besten der Formel 1: Als er 2012 in Valencia mit Alonso aufs Podium durfte, standen da mit Schumacher und Räikkönen auch noch seine anderen beiden ehemaligen Schützlinge neben ihm - und insgesamt zehn WM-Titel. Als den schönsten Moment seiner Karriere hatte Stella das einmal beschrieben.

Ob er diese Meinung nach dem gemeinsamen Podiumsbesuch mit Norris am Sonntag schon revidiert hat, ist noch nicht bekannt. Vielleicht wartet Andrea Stella damit aber auch einfach noch ein bisschen - schließlich dürfte unter seiner hochgelobten Führung schon bald noch der ein oder andere Glücksmoment für McLaren hinzukommen ...

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