Cadillac setzt auf Bottas und Perez - clever oder langweilig?
Cadillac vertraut bei seinem Formel-1-Einstieg auf zwei erfahrene Sieger: Was unsere Redakteure über das Fahrerduo Bottas/Perez denken
(Motorsport-Total.com) - US-Team Cadillac hat die Fahrer für seinen Formel-1-Einstieg 2026 bestätigt: Valtteri Bottas und Sergio Perez sitzen 2026 in den beiden Rennautos.

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Fotomontage: Valtteri Bottas und Sergio Perez sind das Cadillac-Fahrerduo für 2026 Zoom Download
Was ist von dieser Fahrerwahl zu halten? Unsere Formel-1-Redakteure kommentieren!
Wird sich auf lange Sicht auszahlen
von Kevin Scheuren
Die Wahl von Cadillac fiel also wenig überraschend auf die "langweilige Option" Valtteri Bottas und Sergio Perez. Auch wenn viele Formel-1-Fans jetzt wutschnaubend auf Social Media in die Tasten hauen, ist diese Wahl für mich nur folgerichtig.
Wenn du in der "Königsklasse" Erfolg haben willst, dann ist es sinnvoll, erfahrene Fahrer an Bord zu haben. Audi hat sich einen geschnappt, Cadillac gleich zwei. Wieso nicht? Beide haben in Topteams gute Arbeit geleistet, sind Grand-Prix-Sieger und können dem Team auf vielen Ebenen im Aufbau helfen, sei es im Auto, aber auch daneben.
Sie sind die erste Garde, die das Team auch in Sachen PR und Marketing Formel-1-fit macht, danach ist immer noch Zeit für junge Talente oder Experimente. Ich beglückwünsche Cadillac zu der Wahl, das wird sich auf lange Sicht auszahlen.
Wer Corporate will, bekommt Corporate
von Norman Fischer
Ich bin ehrlich: Beim Gedanken an ein zusätzliches elftes Team habe ich mir immer vorgestellt, dass es endlich zwei Plätze mehr für junge Fahrer in der Formel 1 gibt. Die Realität ist aber: Die zwei Plätze werden von zwei Fahrern besetzt, die schon längst aussortiert waren und bei keinem anderen Team einen Platz bekommen hätten.
Das heißt: Mehr Plätze für junge Fahrer - oder Fahrer aus anderen Serien wie den IndyCars - gibt es (zumindest 2026) nicht. (Fotostrecke: Die bestätigten Formel-1-Fahrer für 2026)
Aber ich muss auch zugeben: Wäre ich Cadillac, ich hätte es genauso gemacht. Besser als mit zwei routinierten Fahren, die sich in Topteams bewiesen haben, kannst du nicht in ein Formel-1-Abenteuer starten. Die Erfahrung aus 527 Grand-Prix-Starts ist für einen Neueinsteiger unersetzlich und kann dir kein noch so aufregender Rookie bringen.
Für mich liegt der Knackpunkt darin, dass die Formel 1 unbedingt große Hersteller möchte. Andretti wollte man nicht, stattdessen hat man nun Cadillac.
Ich denke, dass der Andretti-Ansatz frischer und mutiger gewesen wäre, und dass man durchaus einem neuen Fahrer eine Chance gegeben hätte. Colton Herta wurde immer wieder genannt. Ja, ich weiß, der hat nicht die Superlizenzpunkte, aber das ist nichts, was man durch Freitagseinsätze bei anderen Teams nicht noch hinbekommen hätte.
Die Lösung von Cadillac ist für mich "corporate", wenn ihr versteht, was ich meine. Solide, unaufgeregt, genau richtig für einen Hersteller. Aber nicht frisch und mutig. Aber so will es die Formel 1 ja anscheinend.
Verständlich, aber langweilig
von Ruben Zimmermann
Aus Sicht des Teams ergibt die Wahl von Bottas und Perez zu 100 Prozent Sinn. Beide sind mehrfache Rennsieger und sogar Vizeweltmeister in der Formel 1. Gerade in den Aufbaujahren eines Teams ist so ein Erfahrungsschatz Gold wert.
Als Fan hätte ich mir trotzdem eine andere Entscheidung gewünscht. Die Geschichten von Bottas und Perez, die zu Beginn der kommenden Saison beide bereits 36 Jahre alt sein werden, fühlen sich in der Formel 1 bereits auserzählt an.
Die ersten Fahrerpaarungen von neuen Formel-1-Teams
Cadillac hat mit Sergio Perez und Valtteri Bottas die beiden Fahrer für sein neues Formel-1-Team ab 2026 präsentiert. In dieser Fotostrecke blicken wir auf die Fahrerpaarungen der letzten neuen Teams vor Cadillac in der Königsklasse. Welchen Weg gingen Haas, Toyota und Co.? Fotostrecke
Wo ist da also der "Mehrwert", der vor dem Einstieg von Cadillac immer gefordert wurde? Zum Beispiel einem Fahrer aus der IndyCar-Serie eine Chance zu geben, sich in der "Königsklasse" zu beweisen - das wäre eine spannende Story gewesen.
Stattdessen bekommen die Zuschauer zwei Piloten zurück, die bereits seit über zehn Jahren in der Formel 1 an den Start gehen. Das hilft dem Team sportlich sicherlich deutlich mehr als ein unbeschriebenes Blatt aus Amerika oder der Formel 2.
Aus reiner Fansicht bin ich trotzdem ein bisschen enttäuscht.
Eine pragmatische Wahl
von Stefan Ehlen
Cadillac hat eine nachvollziehbare Fahrerwahl getroffen und das von "Matrix" inspirierte Präsentationsvideo mit Keanu Reeves ist gelungen. Aber die Entscheidung für Valtteri Bottas und Sergio Perez ist genau das Gegenteil der schicken Fahrervorstellung: Sie ist weder mutig noch originell oder spektakulär - sie ist einfach nur pragmatisch.
Damit kommuniziert Cadillac vor allem eines: Es will 2026 solide Grundlagenarbeit leisten. Dafür sind Bottas und Perez die idealen Fahrer - beide gelten als "sichere Bank" in der Formel 1 und zählen an guten Tagen und auf ihren Paradestrecken zu den Besten.
Wahrscheinlich haben noch andere Faktoren zu ihrem Formel-1-Comeback beigetragen: Perez bringt viele Millionen Euro an Sponsorengeldern aus Mexiko mit, Bottas sein neues Image als "schräger Vogel" im Fahrerlager mit witzigen Social-Media-Beiträgen und einem Nacktkalender. Cadillac kann offenbar beides gut gebrauchen für sein Formel-1-Projekt.
Tatsache ist aber auch: Cadillac hat es nicht geschafft, aktuelle Formel-1-Größen anzuziehen, sondern muss zwei ehemalige Siegfahrer reaktivieren, die 2025 kein Cockpit abgekriegt haben - Fahrer, die sich eindeutig im Herbst ihrer Karrieren befinden.
Der große Vorteil ist: Man weiß bei Bottas und Perez genau, was man kriegt. Das hilft einem neuen Team beim Formel-1-Einstieg, weil es damit zumindest zwei verlässliche Parameter hat - und damit eine potenzielle Fehlerquelle weniger.