• 20. Juli 2025 · 14:09 Uhr

Wie die V8-Pläne von Sulayem für die F1 doch noch funktionieren könnten

Pläne für ein Comeback der V10-Motoren wurden im April von den Herstellern abgeschmettert, doch die Idee für Verbrenner ist noch lange nicht vom Tisch

(Motorsport-Total.com) - Es war am Morgen des glanzvollen Saisonauftakts in der Londoner O2-Arena im vergangenen Februar, als die Formel 1 kollektiv den Verstand zu verlieren schien. Dort, so heißt es, legte Christian Horner, damals Teamchef von Red Bull, während einer Sitzung der F1-Kommission sein Smartphone in die Mitte des Tisches.

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Mit V10 ist es nichts geworden, aber klappt es mit V8? Zoom Download

"Bringt die V10 zurück", zischte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Es war der ehemalige F1-"Zirkusdirektor" Bernie Ecclestone. Und siehe da, die Herde setzte sich in Bewegung in diese Richtung - nur um dann an der Gleichgültigkeit der Motorenhersteller bei einem entscheidenden Treffen vor dem Bahrain-GP zu zerschellen.

Doch FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem, einer derjenigen, die sich an jenem frostigen Februartag in London etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hatten, glaubt weiterhin an das Prinzip der Rückkehr zu natürlichen Saugmotoren und stellte seinen Standpunkt während eines Medienbriefings vor dem Großen Preis von Großbritannien im Juli dar.

Der neue Plan berücksichtigt die Vorbehalte, die die Mehrheit der Motorenhersteller während des Gipfels in Bahrain geäußert hatte: dass V10-Motoren in vielerlei Hinsicht ungeeignet seien, insbesondere im Hinblick auf Straßenrelevanz; und dass eine gewisse Form von Elektrifizierung enthalten sein müsse, um Synergien mit der Straßenfahrzeugtechnologie zu ermöglichen.

Es ist eine Debatte, die unter Insidern im Fahrerlager seit vielen Jahren tobt: Soll die Formel 1 sklavisch den Trends der Straßenfahrzeuge folgen oder einen radikalen Kurs fahren und sich vollständig auf Lärm und Leistung konzentrieren, auch wenn das die Hersteller entfremden würde?

Viele Puristen plädieren für Letzteres, erkennen jedoch die vielen praktischen Probleme an - etwa, was mit den herstellerbasierten Teams passieren würde und wer die Motoren überhaupt bauen soll.

Warum V8 eher möglich ist als V10

V8-Motoren, wie sie nun von Sulayem befürwortet werden, sind für die Hersteller akzeptabler, da viele von ihnen noch Motoren dieser Bauart irgendwo im Portfolio haben. Gleichzeitig erlebt der Verbrennungsmotor eine Art Renaissance, begünstigt durch neue Technologien und Entwicklungen im globalen Handelsumfeld.

Lange Zeit zeigte die Fahrtrichtung in der Automobilindustrie klar auf vollständige Elektrifizierung, vorangetrieben durch gesetzliche Vorgaben. Doch ein erheblicher Teil der Verbraucher bleibt skeptisch, sieht Elektroautos als zu teuer an - und natürlich gibt es auch jene, die befürchten, ihre Männlichkeit zu verlieren, wenn sie in einem Fahrzeug ohne lautem, kraftvollem Verbrenner gesehen werden.


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Angesichts dessen und eines Zustroms billiger, staatlich subventionierter Fahrzeuge aus China gerät die westliche Autoindustrie zunehmend in Panik. Der ehemalige Renault-Konzernchef Luca de Meo gab dies sogar zu, bevor er zurücktrat, um stattdessen Handtaschen zu verkaufen.

Es gibt also weiterhin Raum für den Verbrennungsmotor - vorausgesetzt, die neue Generation synthetischer Kraftstoffe kann kostengünstig und in ausreichendem Umfang produziert werden.

Sulayem: "Müssen es bald machen"

Angenommen, die Formel 1 kehrt tatsächlich zu einem V8-Format zurück, müssten Details wie die Größe und der Elektrifizierungsanteil noch geklärt werden. Im nächsten Jahr wird das Verhältnis bei 50:50 liegen, was bereits kontrovers diskutiert wurde.

Die technische Formel musste angepasst werden, etwa durch adaptive Aerodynamiksysteme, um mögliche Leistungslücken auf den Geraden auszugleichen. Es heißt, die von der FIA angedachte Lösung sei ein Verhältnis von 80:20 zugunsten des Verbrenners - oder gar 90:10.


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Das neue Format würde eingeführt, sobald das Technik-Reglement 2026 ausläuft, vermutlich 2030 - auch wenn der Präsident angedeutet hat, es könne auch früher passieren.

"Wir müssen es bald machen", sagte er in Silverstone. "Man braucht drei Jahre, also hoffe ich, dass wir bis 2029 etwas haben."

Standardteile als Maßnahme?

Sulayem sprach auch von radikalen Kosteneinsparungen durch Standardisierung von Komponenten, einschließlich Getriebe und Hybridsystem. Der frühere Präsident Max Mosley hatte Ende 2008, während der globalen Finanzkrise, versucht, ein ähnliches Konzept durchzusetzen - mit einer Ausschreibung für ein homologiertes Antriebssystem (letztlich gewonnen von Cosworth und Hewland).

Eine zusätzliche Idee bestand darin, neue Startplätze zu schaffen und diese Teams mit Standardantrieb in einer eigenen Wertungsklasse mit Budgetobergrenze starten zu lassen. Doch diese Idee erwies sich als zu kompliziert und verlor an Schwung, als Mosley zurücktrat. Jean Todt, sein Nachfolger, ließ sie ganz fallen.

Es gibt durchaus Argumente dafür, dass Getriebe teuer in der Entwicklung und Produktion sind und keinen echten Leistungsunterschied mehr darstellen - eine Standardisierung wäre daher kein Nachteil.

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Zwar mag es Gemurmel darüber geben, wer den Zuschlag erhält, doch hat die Formel 1 dies schon erlebt, etwa als McLaren Applied Technologies den Auftrag erhielt, alle Teams mit einheitlichen Motorsteuergeräten zu beliefern. Befürchtungen über Ungleichheiten und Mauscheleien bestätigten sich nicht.

Standardisierte Hybridkomponenten könnten für die Motorenhersteller schwerer zu akzeptieren sein - doch zugleich handelt es sich um ein "unsichtbares" System für das Publikum. Wenn es also günstiger gemacht werden kann, wird es wohl Unterstützung finden.

Kostensenkung bleibt das Ziel

Die FIA betont, dass Kostensenkung auch in wirtschaftlich guten Zeiten ein vorrangiges Ziel bleiben müsse - denn geopolitische Entwicklungen und die Weltwirtschaftslage könnten sich rasch ändern.

"Als FIA sind wir die Moderatoren bei der Ausarbeitung der Vorschriften - mit dem Ziel, die Kosten zu kontrollieren und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen", sagte FIAs Monoposto-Chef Nikolas Tombazis Anfang des Jahres gegenüber Autosport.

"Es gibt manchmal starken Widerstand, wie man erwarten würde - von Teams oder Motorenherstellern, die ihre Interessen oder Investitionen schützen wollen. Kostensenkung und technologischer Freiraum stehen sich dabei oft im Weg. Es ist nicht einfach, beides zu erreichen."

"Die Motorenhersteller haben viele Vorschläge zur Kostensenkung bei verschiedenen Bauteilen gemacht. Es ging um Vereinfachung, den Verzicht auf bestimmte Materialien, Verfahren und Technologien", so Tombazis.

"Die erreichten Einsparungen sind nicht so groß, wie wir es uns alle gewünscht hätten. Auch wenn die Formel 1 derzeit finanziell und in puncto Popularität sehr gesund dasteht, sollten wir das nie als selbstverständlich ansehen: Kostensenkung muss immer Priorität haben."

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Mohammed bin Sulayem würde gerne etwas an den Motoren ändern Zoom Download

"Viele der Hersteller produzieren V8-Motoren für ihre Straßenfahrzeuge - wirtschaftlich ist das also sinnvoll", sagte Sulayem in Silverstone. "Wie viel [kostet das]? Ziel ist mehr als 50 Prozent [Einsparung] in allen Bereichen."

Dies könne nicht nur durch Standardisierung von Teilen erreicht werden, sondern auch durch die Vorgabe günstigerer Materialien. Es ist bekannt, dass die FIA etwa auf Aluminiumkolben umstellen wollte - eine Idee, die die Hersteller zunächst unterstützten, dann aber kollektiv wieder zurückzogen.

Das Problem mit dem Kraftstoff

Ein weiteres Problem bei der "Net-Zero"-Strategie der Formel 1 ist der Preis für vollständig nachhaltige Kraftstoffe, die ab nächstem Jahr verpflichtend sind - angeblich rund 275 bis 300 US-Dollar pro Liter. Das spiegelt sowohl die F&E-Kosten als auch die energieintensive Produktion wider. Bislang gibt es keine Lösung für eine kostengünstige Massenproduktion.

Da alle Teams kommerzielle Sprit- und Schmiermittelverträge haben, ist auch unklar, wer die Kosten letztlich trägt - und das hängt wohl vom jeweiligen Deal ab. Deshalb wird ein weiterer Vorschlag Sulayems voraussichtlich auf Widerstand stoßen: ein einheitlicher Kraftstofflieferant.

Was in den Tank kommt, ist heute weniger leistungsrelevant als früher - die chemische Zusammensetzung muss seriennah sein und einen nachhaltigen Anteil enthalten - doch die Marken bauen ihr Storytelling nach wie vor auf Performance auf. Shell etwa positioniert sein VPower-Produkt um die Partnerschaft mit Ferrari.

Würde diese Geschichte überleben, wenn Ferrari nur noch ein rollendes Werbeplakat wäre, während der eigentliche Treibstoff von einem ganz anderen Anbieter stammt? Vielleicht - schließlich leben wir in einem Zeitalter tiefgreifender Oberflächlichkeit.

Letztlich aber gilt: Wenn sich die Kosten wie vom Präsidenten gewünscht senken lassen, profitiert das gesamte Starterfeld - und niemand wird sich mehr dafür interessieren, ob ein Tiger im Tank ist oder nicht.

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