• 02. November 2024 · 14:18 Uhr

Warum verdient ein Fußballschiri mehr als ein Formel-1-Kommissar?

GPDA-Direktor George Russell plädiert für, Marc Surer gegen permanente Rennkommissare in der Formel 1: Was sind ihre wichtigsten Argumente?

(Motorsport-Total.com) - Hätte Lando Norris in Austin wirklich eine Fünfsekundenstrafe aufgedrückt bekommen sollen? Warum hat Norris fünf Sekunden erhalten, Max Verstappen in Mexiko aber zweimal zehn? Ist das späte Aufmachen der Bremse, um am Scheitelpunkt auf Biegen und Brechen vorn zu sein, erlaubt - oder verzerrt das den Geist der Regeln? Die Fahrstandards in der Formel 1 sind aktuell ein heiß diskutiertes Thema.

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Johnny Herbert ist einer der FIA-Kommissare, deren Zukunft gerade diskutiert wird Zoom Download

Mitten hinein in die Diskussion mischt sich auch die Frage, ob das Gremium der FIA-Rennkommissare, also der "Schiedsrichter" der Formel 1, nicht neu aufgesetzt werden sollte. Denn George Russell, dessen Wort als Direktor der Fahrergewerkschaft GPDA Gewicht hat, fordert beispielsweise eine Umstellung auf permanente und vor allem professionelle Kommissare.

"Ich glaube, wir haben einen Punkt in unserem Sport erreicht, an dem wir Vollzeit-Profikommissare brauchen, die ein echtes, ordentliches Gehalt für ihren Job bekommen", sagt Russell. "Das sollten keine Ehrenamtlichen sein, und innerhalb des Pools an Kommissaren gibt es sicher Leute, die dafür in Frage kommen."

Wie werden die FIA-Kommissare nominiert?

Dazu muss man wissen: Die vier Kommissare, die über Sanktionen für Regelverstöße während der Rennwochenenden entscheiden, werden für jeden Grand Prix neu nominiert. Drei werden vom Automobil-Weltverband FIA einberufen; darunter auch mindestens ein ehemaliger Rennfahrer, der als Expertenkommissar die fahrerische Sicht auf untersuchte Vorfälle besser einordnen soll.

Ein Kommissar pro Wochenende wird vom nationalen Verband des Austragungslandes gestellt. In Brasilien ist das zum Beispiel Luciano Burti, ein ehemaliger Formel-1-Pilot, der 2000 und 2001 einige Grands Prix für Jaguar und Prost bestritten hat. Der eigentliche Expertenkommissar ist in Brasilien aber Johnny Herbert, Ex-Teamkollege von Michael Schumacher bei Benetton.

Genau der stand zuletzt im Brennpunkt der Diskussionen, "angeklagt" von Max Verstappen. Denn Herbert hatte sich nach Verstappens Mexiko-Strafen auf einer Casinoplattform öffentlich über die Entscheidungen der Kommissare geäußert, was nicht nur beim Verstappen-Camp ein Geschmäckle hinterlassen hat.

Die Kommissare werden von der FIA üblicherweise in Seminaren ausgebildet und auf ihre Aufgabe vorbereitet, und haben in der Regel Erfahrung als Sportfunktionäre in ihren nationalen Verbänden. Ein gutes Beispiel am Brasilien-Wochenende ist dafür zum Beispiel Gerd Ennser, ein gelernter Jurist (Richter), der in Deutschland Sportpräsident beim ADAC ist.

Wie viel bekommen FIA-Kommissare bezahlt?

Für ihre Einsätze als Rennkommissare in der Formel 1 erhalten sie vollen Spesenersatz für Anreise und ihre meist recht luxuriöse Unterkunft sowie ein Honorar in der Höhe von rund 1.000 Euro. Würden sie jedoch als Vollzeit-Profis bezahlt, wie Russell vorschlägt, wären sie wahrscheinlich weniger verlockt, auf dubiosen Plattformen gegen Bezahlung über ihre Entscheidungen zu sprechen.

Zum Vergleich: Im Fußball erhält ein professioneller FIFA-Schiedsrichter laut kicker-Informationen aus dem Jahr 2022 ein jährliches Grundgehalt von 82.000 Euro. Dazu kommen etwa in der deutschen Bundesliga weitere 5.600 Euro pro geleitetem Match. Das reicht, anders als bei FIA-Kommissaren in der Formel 1, um sich einen Lebensunterhalt zu verdienen.

Doch es gibt auch Argumente, die gegen permanente Kommissare, die in Vollzeit arbeiten und bei allen Grands Prix im Einsatz sind, sprechen. Marc Surer befürchtet etwa: "Wenn du einen Italiener hast, wird er immer ein bisschen für Ferrari sein. Und wenn du einen Engländer hast, wird er immer ein bisschen für Hamilton oder für Norris sein."


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"Deswegen ist es vielleicht besser, wenn sie rotieren", sagt der Formel-1-Experte in einem Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. Er schlägt als Kompromiss vor, den Pool an Kommissaren zu verkleinern, damit diese häufiger im Einsatz sind und professioneller vorbereitet werden können. Aber: Bei 24 Rennen "muss da Abwechslung sein", findet er.

Warum sich wohl erst 2025 etwas ändern wird

Indes haben seit Austin hinter den Kulissen Gespräche zwischen der FIA und der GPDA stattgefunden, um die derzeit zur Bewertung herangezogenen Richtlinien im Bereich Fahrstandards feinzutunen und zu verbessern. Ein konkretes Ergebnis gibt es jedoch noch nicht. Auch in Brasilien gelten die gleichen Grundlagen wie zuletzt in Austin und in Mexiko.

"Alle sind sich einig, was geändert werden muss", sagt Russell. "Die einzige Uneinigkeit besteht in der Frage, wann es geändert werden soll. Die Mehrheit war für sofort. Aber einige haben gesagt, wir sollten bis nächstes Jahr warten." Worauf es laut Informationen von Motorsport-Total.com wahrscheinlich auch hinauslaufen wird.

"Ich persönlich finde, und das ist", unterstreicht Russell, "nicht zwangsläufig die Meinung der Gewerkschaft: Wir müssen die derzeitigen Richtlinien nicht zerreißen neu schreiben. Es braucht nur ein paar Adjustierungen und ein paar Ergänzungen. Dann ist denke ich alles klar."

Wichtig ist seiner Meinung nach: "Die Richtlinien müssen in Kraft sein - aber es sind Richtlinien, keine niedergeschriebenen Regeln. Es ist Sache der Kommissare, letztendlich die besten Entscheidungen zu treffen, und da ist auch immer bis zu einem gewissen Grad Interpretationsspielraum mit dabei."

"Deswegen", findet Russell, "sollte man drüber diskutieren, ob es nicht sinnvoll wäre, bei jedem Grand Prix die gleichen Kommissare zu haben, weil das in der Theorie zu konstanteren Entscheidungen führen sollte. Weil sie die Dinge dann immer gleich interpretieren und die Fahrer genau verstehen, was in bestimmten Situationen geht und was nicht."

Das Interview mit Marc Surer zu diesem Thema gibt's jetzt auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de in voller Länge (18 Minuten) zu sehen. Darin setzt sich der ehemalige Formel-1-Fahrer auch mit der Frage auseinander, ob Max Verstappen aktuell den Bogen überspannt oder nicht. Kanal am besten gleich abonnieren und kein neues Formel-1-Video mehr verpassen!

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