Warum Adrian Newey immer noch am Zeichenbrett arbeitet
Er kennt es nicht anders und will dabei bleiben: Formel-1-Designer Adrian Newey erklärt, weshalb er seine Ideen auch bei Aston Martin am Zeichenbrett entwickelt
(Motorsport-Total.com) - Adrian Newey ist ein Designer der alten Schule. Und das zeigt sich vor allem daran, dass Newey seit jeher den Verlockungen moderner Computer-Technologie widerstanden hat und immer noch ganz analog am Zeichenbrett arbeitet. Dieses Vorgehen will Newey ab 2025 auch bei Aston Martin beibehalten. Er begründet das scherzhaft mit: "Ich bin jetzt zu alt, um noch zu wechseln!"
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Adrian Newey als Technischer Direktor bei McLaren mit einigen Plänen Zoom Download
Im Podcast "High Performance" spricht Newey außerdem darüber, wie er seit jeher "in zwei Richtungen" arbeite mit seinen Kollegen in der Aerodynamik-Abteilung eines Formel-1-Teams: "Einmal gehe ich herum und schaue auf die jeweiligen Bildschirme, spreche mit den Designern und stoße Überlegungen an. Ausgehend von diesen Gesprächen und mit eigenen Ideen gehen die Leute dann ans Werk und entwickeln Dinge."
Newey kennt nichts anderes als seine "Muttersprache"
Er selbst verbringe auch "Zeit für mich" vor dem Zeichenbrett, "um ebenfalls Ideen und Anregungen zu entwickeln, auch wenn das Zeichenbrett heutzutage als Dinosaurier empfunden wird", sagt Newey. Ihm sei diese Methode am liebsten, weil für ihn sei das Zeichenbrett "wie eine Sprache", die er in seiner Ausbildung als Luftfahrt-Ingenieur am Ende der 1970er-Jahre gelernt habe.
"Damals gab es eben das Zeichenbrett", meint Newey. "Digitale Programme gab es eigentlich erst ab den 1990er-Jahren, und erst ab Mitte der 1990er-Jahre waren sie wirklich brauchbar. Deshalb ist das Zeichenbrett praktisch meine Muttersprache." Und der Erfolg gibt ihm Recht: Newey-Autos haben in der Formel 1 über 200 Grands Prix gewonnen, kein Designer hat mehr WM-Fahrzeuge entworfen.
Computer oder Zeichenbrett, was ist besser?
In der modernen Formel 1 sehe er "keine entscheidenden Vor- und Nachteile" bei der digitalen oder analogen Arbeit. "Wenn, dann sind die Computersimulationen inzwischen besser", sagt Newey. "Noch vor zehn Jahren hat es ewig gedauert, digitale Zeichnungen zu erstellen. Und dann wollte man diese Zeichnungen eigentlich nicht modifizieren, weil auch das wieder lange gedauert hätte."
Fotostrecke: Die Weltmeister-Autos von Adrian Newey
Designguru Adrian Newey erschuf in seiner seit 1988 währenden Formel-1-Karriere 14 Autos, die WM-Titel einfuhren. Die Boliden, die er für Williams, McLaren und Red Bull auf das Zeichenbrett brachte, fuhren über 150 Grand-Prix-Siege ein. Wir zeigen die Geniestreiche des Briten. Fotostrecke
Er selbst habe solche Probleme nie gehabt und könne jederzeit und "problemlos den Radierer rausholen", so Newey. "Wahrscheinlich verschwinden 50 Prozent meiner Linien irgendwann wieder."
"Digital hast du heute natürlich mehr Möglichkeiten, auf eine ältere Version zurückzugehen und dergleichen. Ich gerate mit dem Zeichenbrett also allmählich etwas ins Hintertreffen!"
Was Aston Martin so sehr an Adrian Newey schätzt
Aston-Martin-Teamchef Mike Krack hält Newey aber gerade aufgrund dessen anderer Herangehensweise für besonders hilfreich für einen Formel-1-Rennstall. Im Gespräch mit Sky betont Krack, es zeichne Newey besonders aus, dass er eben "nicht nur ein Aerodynamiker" sei, sondern "dieses Gesamtverständnis" habe, "das heutzutage nicht mehr viele haben".
"Die Teams wachsen, das Spezialistentum wird immer mehr und du hast immer weniger Leute, die das Gesamte verstehen", meint Krack. Er bezieht das "nicht nur auf [das Arbeiten] an der Rennstrecke", sondern auch auf Parameter wie Wetter, Streckenprofile, Asphaltbeschaffenheiten oder "die Sprache eines Fahrers", denn "die versteht auch nicht jeder".
Fotostrecke: Die Motorsport-Karriere von Adrian Newey
Adrian Newey hat 1980 gerade die Universität in Southampton verlassen, da schließt er sich dem Fittipaldi-Team in der Formel 1 an und sammelt erste Erfahrungen im Motorsport. Fotostrecke
Newey bringe dieses umfassende Verständnis mit, sagt Krack. "Man sieht es ja auch: Er unterhält sich sehr viel mit Fahrern. Der Fahrer ist immer noch der beste Sensor. Das darf man nicht vergessen, bei allen Daten, die wir so haben. Und ich glaube, da ist Adrian auch einer der Besten, das zusammenzufügen."
Genau das soll Newey bei Aston Martin tun, denn das Team überträgt ihm im Frühjahr 2025 die technische Gesamtleitung. Erstmals in seiner Formel-1-Karriere wird Newey darüber hinaus Anteilseigner bei einem Rennstall.