Coulthard erklärt: Warum Adrian Newey besser ist als andere Ingenieure
Laut Formel-1-Experte David Coulthard würde sich niemand vor Adrian Neweys Ausbildung fürchten, doch warum ist der Stardesigner dann so gut?
(Motorsport-Total.com) - Nicht nur der Fahrermarkt der Formel 1 spielt im Jahr 2024 verrückt, denn auch bei hochrangigen Ingenieuren gibt es viel Bewegung, vor allem bei den Topteams. Königsfigur ist dabei Adrian Newey, der Star-Aerodynamiker von Red Bull, der seinen Abschied vom österreichischen Team im April bekannt gegeben hat.
Ex-Fahrer und Formel-1-Experte David Coulthard hat in einem Interview gegenüber der niederländischen Edition von Motorsport.com erklärt, was den 65-Jährigen so auszeichnet, der in den letzten Wochen immer mehr mit einem Wechsel zu Aston Martin in Verbindung gebracht wurde.
"Ich habe mit Adrian zusammengearbeitet, seit ich Testfahrer bei Williams war, als ich Anfang zwanzig war", sagt Coulthard. "Dann habe ich auch bei McLaren mit ihm gearbeitet. Adrian ist ein sehr talentierter Designer, aber das, was ihn von den anderen unterscheidet, ist, dass er wie ein Rennfahrer denkt. Er ist selbst ein Hobby-Rennfahrer."
"Er wird Max [Verstappen] zwar nicht mit seinen Rundenzeiten erschrecken, aber ich glaube, er hat dieses Jahr mit seinem Lotus am historischen Grand Prix von Monte Carlo teilgenommen. Er ist bereit, sich auszuprobieren, und deshalb versteht er, wovon ein Fahrer spricht, wenn er von Untersteuern auf der Strecke oder Untersteuern beim Übergang zum Übersteuern am Kurvenausgang spricht. Er weiß genau, was das bedeutet, weil er es selbst erlebt hat. Ich glaube, das hilft ihm wirklich."
Coulthard: Neweys Ausbildung schreckt niemanden ab
Newey gilt in Fachkreisen als absoluter Praktiker, der mit seinem Klemmbrett an der Rennstrecke oft noch etwas altmodisch daherkommt, aber die Beziehungen zwischen Reifen und Chassis sowie Chassis und Mechanik versteht wie kein anderer. Besonders im Hinblick auf das neue Reglement, was 2026 kommt, könnte der Brite ein Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Formel-1-Teams werden.
Dass Newey ein so umfangreiches und übergreifendes Wissen besitzt, liegt laut Coulthard dran, dass Newey früher auch Renningenieur war und somit "ein Komplettpaket ist". Der Formel-1-Experte erklärt: "Heutzutage gibt es Spezialisten, Leute, die Materialingenieure sind. Sie wissen, welche Materialien die richtigen sind, um Teile des Autos daraus herzustellen."
Fotostrecke: Die Weltmeister-Autos von Adrian Newey
Designguru Adrian Newey erschuf in seiner seit 1988 währenden Formel-1-Karriere 14 Autos, die WM-Titel einfuhren. Die Boliden, die er für Williams, McLaren und Red Bull auf das Zeichenbrett brachte, fuhren über 150 Grand-Prix-Siege ein. Wir zeigen die Geniestreiche des Briten. Fotostrecke
"Das ist ihr Fachgebiet, sie sind keine Rennfahrer per se. Sie sind keine Ingenieure, sie sind keine Leistungsingenieure. Sie sind Materialingenieure. Man braucht viele Leute, die sich auf eine bestimmte Rolle spezialisiert haben, aber Adrians Führungsqualitäten beruhen auf der Tatsache, dass er den Prozess vom Konzept über die Konstruktion bis hin zur Auslieferung und zum Fahren wirklich versteht."
"Ich denke, das verschafft ihm einen Wettbewerbsvorteil gegenüber sicherlich viel höher qualifizierten Ingenieuren. Er hat keinen akademischen Lebenslauf, der viele Konstrukteure abschrecken würde, aber das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Leute auf dem Papier besser sind als in der Praxis. Man braucht Leute in der Praxis, die kreativ sind und Leistung bringen."
Seit der Bekanntgabe von Neweys Red-Bull-Abschied ist die Aerodynamiklegende jedoch nicht mehr in die Entwicklung des RB20 sowie des Autos für 2025 involviert. Während zunächst Ferrari als aussichtsreicher Kandidat für eine Verpflichtung gesehen wurde, scheint sich in den letzten Wochen Aston Martin immer mehr als Topfavorit herauskristallisiert zu haben, um Newey Anfang 2025 an Bord zu holen.