Das sagen die Singapur-Daten: Wer wird der erste Nicht-Red-Bull-Sieger 2023?

Carlos Sainz, George Russell, Charles Leclerc oder doch ein anderer? Red Bulls Siegessträhne wird in Singapur wohl zu Ende gehen, doch wer schnappt sich den Sieg?

von Kevin Hermann · 17.09.2023 07:23

(Motorsport-Total.com) - Die beiden Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Sergio Perez gehen nach einem Debakel im Qualifying nur mit den Plätzen 11 und 13 in den Großen Preis von Singapur und die Daten des Wochenendes lassen vermuten, dass der bisher unschlagbare RB19 auch im Rennen am Sonntag keine Chance auf Spitzenplätze haben wird.

Ferrari, Mercedes oder vielleicht sogar McLaren? Der Rennsieger in Singapur ist alles andere als in Stein gemeißelt

In den wichtigen Longruns im zweiten Freien Training machte Fernando Alonso im Aston Martin den stärksten Eindruck, obwohl sich der Spanier mit Startplatz 7 in einer denkbar schlechten Ausgangslage für das Rennen befindet. Das Überholen auf dem Marina Bay Street Circuit gilt als schwierig und die Rennpace war verglichen zu den anderen Topteams zwar besser, aber zu ähnlich, um eine große Aufholjagd möglich zu machen.

mehr

Die Favoriten für den Rennsieg stehen somit in den ersten beiden Startreihen. Ferrari hat sich mit Carlos Sainz die Poleposition gesichert, die bessere Longrun-Pace hatte jedoch Mercedes, ebenso wie einen deutlich besseren Reifenverschleiß. Nachdem man im dritten Freien Training einen Satz gespart hat, stehen George Russell und Lewis Hamilton zudem gleich zwei Mediums für den Grand Prix zur Verfügung, Ferrari nur einer.

2 Mediums: Mercedes strategisch im Vorteil?

mehr

Simuliert man die Reifendaten des Wochenendes auf das Rennen, sollte dies jedoch kein großer Grund zur Sorge für Ferrari sein, da auf dem Papier die Einstoppstrategie Medium-Hard rund 4 Sekunden schneller ist als eine Zweistoppvariante unter Verwendung von zwei Medium-Reifen. Das Boxenstoppdelta in Singapur ist mit 28 Sekunden das höchste der Saison.

Sollte Sainz seine Führungsposition nach dem Start behalten hat er den Vorteil, dass der Ferrari auf den Geraden im Schnitt 5 km/h schneller als der Mercedes ist, was das Überholen noch weiter erschweren könnte. Zudem haben die Führenden aufgrund der Überholproblematik in der Vergangenheit - ähnlich wie es auch in Monaco üblich ist - zu taktischen Maßnahmen gegriffen. Das Feld wurde mit Absicht eingebremst und eng beisammengehalten, damit sich nach hinten kein Undercutfenster ergibt und der Rivale mit einem frühen Boxenstopp im Verkehr rauskommen würde.

Dennoch ist der Undercut in Singapur sehr mächtig, wie sich 2019 gezeigt hat. Damals führte Charles Leclerc das Rennen vor Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, wobei der Deutsche von Ferrari zuerst an die Box beordert wurde und zum Erstaunen seines Teams und Leclerc, einen erfolgreichen Undercut gegen den Monegassen durchführen konnte und das Rennen gewann. Die Teams sind somit gewarnt, selbst kleine Undercutfenster im Auge zu haben.

Bildet sich hinter Ferrari der große Pulk?

Auf eine schnelle Runde konnte Lewis Hamilton mit seinem Mercedes-Teamkollegen George Russell zwar nicht mithalten, doch in den Longruns war der siebenmalige Formel-1-Weltmeister ganz vorne mit dabei, wie auch McLaren-Pilot Lando Norris, der von Rang 4 vor Hamilton ins Rennen geht.

Gut möglich also, dass sich hinter Sainz ein Führungssextett bilden wird bis zu Fernando Alonso, sofern er am Anfang direkt an Kevin Magnussen vorbeikommt. Auf dem Papier hat der Ferrari von den Topteams die schlechteste Rennpace, dafür alle Ingredienzen selbst mit einem langsameren Auto das Rennen für sich zu entscheiden.

Da die Top 6 eng beisammen sein werden, laufen die ersten 5 allesamt Gefahr, Opfer eines Undercuts zu werden, weshalb der Overcut wahrscheinlich keine allzu große Option werden dürfte, auch aufgrund der Überholschwierigkeit. Lediglich der letzte Fahrer des Pulks könnte versucht sein, länger zu fahren und auf ein Safety-Car zu hoffen, um weniger Zeit beim Reifenwechsel zu benötigen und die anderen damit zu übertölpeln.

P7 und P8 wohl das Maximum für Red Bull

Es stellt sich natürlich auch die Frage, was für die beiden Red Bulls aus dem Mittelfeld möglich ist? Verstappens Longrun am Freitag war nicht gerade berauschend, zudem müssen er und sein Teamkollege Sergio Perez erst an einigen Mittelfeldfahrern vorbei.

Hinter Magnussen könnte sich ein DRS-Zug bilden, da der Haas laut den Daten keine gute Rennpace haben wird, was das Überholen für die Red Bulls unmöglich machen könnte. Es ist somit nicht auszuschließen, dass man daher eher auf eine unkonventionellere Strategie setzen wird, um Plätze gut zu machen. Realistischerweise dürften mehr als P7 und P8 aber nicht drin sein.

Welche Rolle wird der Regen spielen?

Es sei denn es kommt eine der großen Unbekannte ins Spiel: Zum einen gibt es in Singapur eine Safety-Car-Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent, was die Strategie der Teams über den Haufen werfen und eine Chance für die Red Bulls sein könnte. Zudem droht immer noch eine gewisse Regenwahrscheinlichkeit für den Grand Prix, der das Geschehen ebenfalls massiv beeinflussen könnte.

Dennoch sieht alles danach aus, dass Red Bulls Siegesserie von 15 Rennen in Folge am Sonntagabend auf dem Marina Bay Street Circuit zu Ende gehen wird. Wer vorne das Rennen für sich entscheidet ist jedoch komplett offen, da den Daten nach zu urteilen nicht das schnellste Rennauto auf der Poleposition steht.

Eine noch ausführlichere Rennvorschau gibt es im Übrigen auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de, wo Datenexperte Kevin Hermann mit der Formel-1-Strategiesoftware OneTiming von PACETEQ die Daten des bisherigen Wochenendes auf das Rennen hochsimuliert und die verschiedenen Strategieoptionen der Teams bespricht.