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Neue F1-Fabrik in Silverstone: Aston Martin denkt groß
Bei einer Tour durch die noch im Bau befindliche neue Fabrik von Aston Martin wird klar, wie groß die Vision von Lawrence Stroll für das Formel-1-Team wirklich ist
(Motorsport-Total.com) - Seit Lawrence Stroll seinen Plan verkündet hat, Aston Martin wieder vollständig in der Formel 1 zu etablieren, ist klar: Seine langfristigen Ambitionen mit dem britischen Team sind alles andere als gering.
© Dom Romney / Motorsport Images
So sieht die neue Fabrik in Silverstone momentan noch aus Zoom Download
Im ersten Jahr nach der Umbenennung von Racing Point stieß der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel für die letzten beiden Saisons seiner Formel-1-Karriere hinzu. Im Jahr 2023 wird Fernando Alonso seinen Platz einnehmen, ein weiterer Weltmeister, der Alpine zugunsten von Aston Martin verlassen hat.
Auch zahlreiche Ingenieurstalente haben die Seiten gewechselt, um ein Team verstärken, das nach Jahren, in denen es mit kleinem Budget über seine Verhältnisse gelebt hat, nun die Voraussetzungen hat, sich an die Spitze der Startaufstellung zu kämpfen.
Bereits im März 2021 stellte Stroll einen Fünfjahresplan vor, mit dem Aston Martin um den Formel-1-Titel kämpfen will. Ein wichtiger Teil des Plans ist eine neue, hochmoderne Fabrik, in der das Unternehmen arbeiten wird. Im September erfolgte der erste Spatenstich für das 37.000 Quadratmeter große Gelände.
Bei dieser Gelegenheit erklärte Stroll, er wolle, dass die neue Aston-Martin-Fabrik "das Gegenteil von dem ist, was Ron Dennis mit dem McLaren Technology Centre in Woking gemacht hat": Die Funktion stehe im Vordergrund, nicht die Ästhetik.
Ziel ist es, Teile des Areals rund um die bestehende Fabrik in Silverstone, wo einst der Vorgänger des Teams - Jordan - beheimatet war, im nächsten Jahr in Betrieb zu nehmen.
Tour durch die heiligen Hallen von Aston Martin
In der vergangenen Woche gehörte das Fachmagazin 'Autosport' zu einer ausgewählten Gruppe von Medienvertretern, die Aston Martins neue Fabrik besuchen und sich ein Bild von den Fortschritten der Planungen für das Projekt machen konnten.
Die Fabrik wird in drei Abschnitten gebaut, von denen der erste im Mai 2023 fertiggestellt sein soll. Dabei handelt es sich um Hauptgebäude für das Rennteam, in dem das Auto entwickelt wird und in dem alle wichtigen Abläufe stattfinden werden.
Mit Alonso & Fallows MUSS es bei Aston vorangehen!
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Das zweite Gebäude wird den neuen Windkanal beherbergen, der im dritten Quartal 2024 eröffnet werden soll, bevor dann ein drittes Gebäude als Erlebnis- und Veranstaltungsraum für die Mitarbeiter auf dem Gelände der bestehenden Fabrik eröffnet wird. Die drei Gebäude werden durch Brücken miteinander verbunden sein.
Obwohl es bis zur Eröffnung noch viel zu tun gibt, nimmt das Hauptgebäude schnell Gestalt an. Das Rennteam wird seine Tätigkeit im Erdgeschoss ausüben und war stark daran beteiligt, sicherzustellen, dass die Gestaltung des Gebäudes seinen Bedürfnissen entspricht und der Austausch mit anderen Abteilungen funktioniert.
Kleine Details wie die Anordnung von Schränken oder Schubladen können große Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe haben, weshalb es wichtig ist, dass sie berücksichtigt und entsprechend umgesetzt werden. Funktion ist wichtiger als Fashion.
Technikdirektor Fallows lobt offene Raumstruktur
Im Obergeschoss des Werks wird ein technisches Großraumbüro eingerichtet, von dem Technikdirekor Dan Fallows glaubt, dass es die Kreativität beim Autodesign fördern kann. "Ich war schon einmal in einem offenen Großraumbüro, in dem man frei herumlaufen und mit den Leuten reden kann", sagt er.
"Das macht einen großen Unterschied in Bezug auf die Interaktionen, vor allem die zufälligen Interaktionen, bei denen man sich über dieses und jenes unterhält. Das sind dann oft die kreativsten Gespräche. Das ist es, was wir versuchen, aufzubauen."
Das Herzstück der Fabrik ist eine 160 Meter lange zentrale "Straße", die das gesamte Gebäude verbindet und die labyrinthische Anordnung anderer Fabriken vermeidet.
Auch sonst wurde vieles mit Blick auf die Belegschaft konzipiert. So hat man bei der Anordnung der Fenster darauf geachtet, die sie nach Norden ausgerichtet sind, um die Computerbildschirme zu schonen und die Sonneneinstrahlung zu reduzieren.
Die obere Etage hat umlaufende Fenster, von denen man auf die Landschaft von Northamptonshire blickt. Und vom Balkon vor Strolls Büro, wo in Zukunft viele Entscheidungen für das Team getroffen werden, sieht man die Rennstrecke von Silverstone.
Wird es die beste Fabrik der Formel 1 sein? Eine Frage, die laut Teamchef Mike Krack "leicht zu beantworten" ist: "Ja." Aber so beeindruckend die neue Fabrik auch sein mag, der wirkliche Maßstab für ihren Erfolg wird das sein, was sie produziert, nämlich die zukünftigen Formel-1-Autos von Aston Martin.
Neuer Windkanal der modernste in der Formel 1
Der AMR23 wird das letzte Auto sein, das in der bestehenden Fabrik entwickelt und produziert wird. Der Umzug im nächsten Frühjahr bedeutet, dass das Modell für 2024 aus der neuen Anlage kommen wird. Ab 2025 wird der Wagen dann im modernsten Windkanal der Formel 1 getestet werden.
McLaren ist ebenfalls dabei, einen neuen Windkanal zu bauen, was bedeutet, dass nur zwei Teams eine Anlage haben werden, die innerhalb des letzten Jahrzehnts gebaut wurde.
"Es besteht kein Zweifel daran, dass es sich um eine Anlage von Weltklasse handeln wird. Und dass wir bei Bedarf rund um die Uhr darauf zugreifen können, ist natürlich sehr wichtig", sagt Fallows. "Auch wenn die Zeiten im Windkanal reglementiert sind."
"Aber eine eigene Anlage zu haben bedeutet, dass man auch andere Experimente durchführen kann, was von unschätzbarem Wert ist, und etwas, das wir uns im Moment nicht unbedingt leisten können, wenn wir den Tunnel mit einem anderen Team teilen."
Alles unter einem Dach zu haben, ist ein wichtiger Schritt für Aston Martin. Zwar hat das Team vor, die Zusammenarbeit mit Mercedes bei der Power-Unit und einigen gelisteten Teilen in der unmittelbaren Zukunft aufzugeben. Doch die Dinge, die unter der eigenen Kontrolle stehen, erhalten nun um größere Aufmerksamkeit.
"Wir haben die Möglichkeit, wenn alles vor Ort ist, viel detaillierter in Bezug auf die Analytik und den Produktionsprozess zu sein und diesen so zu analysieren, dass wir ihn viel mehr verbessern können, als wenn man externe Leute einsetzt", erklärt Fallows. "Das ist wahrscheinlich der Hauptunterschied."
Es sollte Aston Martin das geben, was es braucht, um den nächsten Schritt zu machen. Dass man sich von einem schwierigen Jahresbeginn erholen konnte, hat die Zuversicht gestärkt, für das nächste Jahr auf dem richtigen Weg zu sein. Gleichwohl erwartet Fallows beim AMR23 einige "signifikante Unterschiede".
Mike Krack: "Wir haben eine Menge Schwung"
Die Motivation, die der neue Standort in Silverstone mit sich bringt, macht sich das Team ebenfalls zunutze und veranstaltet regelmäßig Führungen, um seinen Mitarbeitern zu zeigen, wie die Pläne voranschreiten. "Wir haben eine Menge Schwung", sagt Krack.
"Man spürt diesen Geist, wenn man hierherkommt. Ich denke, wir haben allen Grund zu glauben, dass wir diesen Weg weitergehen können", blickt der Teamchef voraus.
Die Investition von rund 200 Millionen Pfund (rund 232 Millionen Euro) in eine neue Fabrik ist ein Beweis für Lawrence Strolls Engagement, das Formel-1-Projekt von Aston Matin zum Erfolg zu führen - was bedeutet, dass es langfristig angelegt sein muss.
Es wird auch die erste Anlage eines Teams sein, die vor dem Hintergrund einer Budgetgrenze der Formel 1 gebaut wird. Das bedeutet, dass die Effizienzgewinne, die dadurch entstehen, alles unter einem Dach zu haben, umso wertvoller sind. Denn wenn Entwicklungen billiger und schneller gelingen, hat das Vorteile.
Es bleibt mehr Zeit und Geld für die Herstellung weiterer Teile oder die Suche nach weiteren Upgrades, die das Team auf der Rennstrecke voranbringen. "Man hat die Möglichkeit, alles selbst herzustellen, aber man kann auch entscheiden, es zu kaufen oder herzustellen. Und man kann Dinge schneller herstellen", sagt Krack.
"Wenn man sie auch billiger herstellen kann, bedeutet das, dass man mehr herstellen kann. Man kann ein oder zwei Upgrades mehr haben als vorher, als es an zeitlichen und finanziellen Gründen scheiterte. Unter diesem Gesichtspunkt ist das ein guter Schritt."
Krack ist jedoch der Meinung, dass die größten Vorteile auf der menschlichen Seite liegen werden, da alles unter einem Dach vereint ist: "Es wird ein gewaltiger Unterschied und eine enorme Erleichterung sein. Deshalb stimme ich dem Wort 'Game Changer' voll und ganz zu, was Teamdynamik und Logistik betrifft."
Stroll hat während der gesamten Planung und des Baus der Fabrik deutlich gemacht, dass er möchte, dass sich alles "wie Aston Martin anfühlt": Es muss eine gewisse Ernsthaftigkeit, ein Bekenntnis zur Qualität und zur Jagd nach dem Erfolg vorhanden sein.
Jetzt, wo sich die Baustelle der Fertigstellung nähert und das Team sich auf den Einzug vorbereitet, kann die Dynamik, die sich hier entwickelt, nur noch zunehmen.
Aston Martin bereitet sich darauf vor, den nächsten Schritt zu machen und in die Formel-1-Elite aufzusteigen. Die neue Fabrik wird ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg sein - und könnte auch als ein klares Statement an die Konkurrenz dienen.