• 05. Mai 2022 · 19:30 Uhr

Lewis Hamilton im Tief: Mercedes nimmt seinen Superstar in Schutz

Toto Wolff, Gerhard Berger und der ehemalige Mercedes-Ingenieur Philipp Brändle analysieren das derzeitige Tief von Lewis Hamilton in der Formel 1 2022

(Motorsport-Total.com) - Platz 13 beim Grand Prix der Emilia-Romagna in Imola war ein neuer Tiefpunkt in der Formel-1-Saison 2022 von Lewis Hamilton. Nach der dramatischen Niederlage gegen Max Verstappen beim WM-Finale 2021 in Abu Dhabi hatte der Mercedes-Pilot gehofft, 2022 mit dem heiß ersehnten achten Titel zurückzuschlagen. Doch danach sieht es derzeit ganz und gar nicht aus.

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Lewis Hamilton möchte in der Formel 1 ein achtes Mal Weltmeister werden Zoom Download

Und wenn ein Superstar seines Sports so strauchelt, wie es der siebenmalige Weltmeister gerade tut, sind die ersten Rücktrittsgerüchte nicht weit weg. 'Sky' hat daher Teamchef Toto Wolff die Frage gestellt, ob er wirklich sicher ist, dass Hamilton seinen bis Ende 2023 laufenden Mercedes-Vertrag erfüllen wird. Wolffs Antwort: "Davon gehe ich aus. Das ist das, was ich im Moment wahrnehme."

Das derzeitige Tief sei nicht Hamiltons Tief, "sondern es ist ein Tief der Performance unseres Autos", sagt der Österreicher vor dem erstmaligen Gastspiel der Formel 1 in Miami. Hamilton sei, stellt er klar, "der beste Fahrer der Welt. Er hat einfach nicht das Auto, um seine Klasse zu zeigen."

Wolff: Kein Zweifel an Hamiltons Können

"Da ist es dann auch egal, ob du Achter wirst oder Zwölfter oder 15. Das ist alles schlecht. Aber die großen Stars haben sich von solchen Phasen noch jedes Mal erholt. Mir fällt jedenfalls keine echte Sportgröße ein, die nicht auch mal eine schlechte Phase in ihrer Karriere hatte. Und bei Lewis ist es jetzt ziemlich lang ziemlich gut gelaufen."

"Wir wissen, dass er siebenfacher Weltmeister ist. Letztes Jahr haben er und wir als Team aufgeholt und uns in die WM zurückgekämpft, als diese am Samstag in Brasilien schon verloren schien. Und er wird uns jetzt dabei helfen, die Probleme zu lösen. Wir halten in guten wie in schlechten Zeiten zusammen", unterstreicht Wolff und gibt zu, dass Imola "ein schlechter Tag" gewesen sei.

Warum war Hamilton in Imola so weit hinter Russell?

Allerdings, und das ist derzeit Thema bei vielen Mercedes-Fans (und auch Mercedes-Hatern) in diversen Communitys, lässt sich nicht leugnen, dass Hamilton zumindest in Imola auch gegen seinen Teamkollegen George Russell im gleichen Auto klar das Nachsehen hatte. Eine Tatsache, die Wolff aber keine großen Kopfschmerzen bereitet.

Hamilton habe sich deswegen nicht weiter nach vorn arbeiten können, weil er im DRS-Zug feststeckte: "Lewis war sicher schneller als Gasly oder Albon oder die anderen vor ihm, aber es hat nur eine DRS-Gerade, und wenn dir der Topspeed fehlt, kannst du nicht überholen", nimmt Wolff den Mercedes-Star in Schutz.

"Beide Fahrer geben ihr Bestes und fahren derzeit über dem Niveau, das das Auto eigentlich hergibt. George wurde dafür nach einem außergewöhnlichen Start, nach dem er ein nicht ideal getuntes Auto grandios gefahren ist, mit einem Ergebnis belohnt. Während Lewis da hinten im Feld feststeckte."

Abu Dhabi der Schlüssel zu Hamiltons Tief?

Damit nimmt Wolff Kritikern den Wind aus den Segeln, die vermuten, dass Hamilton derzeit nicht auf seinem besten Niveau fährt. Das war am Mittwoch Thema bei der Formel-1-Analyse von 'Sky' mit unserem Chefredakteur Christian Nimmervoll, aber auch in einem aktuellen Video auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de (Kanal jetzt kostenlos abonnieren!).

Formel-1-Legende Gerhard Berger äußert darin den Verdacht, dass Hamilton "durch den Verlust dieser Meisterschaft letztes Jahr sein ganz großes Ziel, erfolgreichster Rennfahrer aller Zeiten [zu werden], noch nicht erreicht" und deswegen möglicherweise psychologisch einen Knacks erlitten hat, weswegen er jetzt Schwierigkeiten haben könnte, sich zu motivieren.

Hamilton sehe, glaubt Berger, "seine Felle davonschwimmen, denn wenn er ein, zwei Jahre kein Topauto hat, kann er das nicht werden, und dann hängt dieser Traum in der Luft. Und ich kann das ganz gut nachvollziehen. Das muss sein erstes Ziel gewesen sein, und das ist für ihn momentan die größte Enttäuschung, glaube ich."

Ehemaliger Ingenieur kennt Hamilton von früher

Im gleichen Video auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de äußert sich auch der ehemalige Mercedes-Ingenieur Philipp Brändle, der bis 2019 eng mit Hamilton zusammengearbeitet hat, zur derzeitigen Situation. Hamilton sei normalerweise auch in Krisen sehr besonnen und "über die Jahre ruhiger geworden, und er ist auch intern wirklich immer am Grübeln: Was kann man machen?"

"Zum Beispiel durch die Saison 2016, als Nico Rosberg Weltmeister wurde, ist er nochmal brutal gereift und hat nochmal einen extremen Schritt in seiner persönlichen Einstellung gemacht, wie hart er an sich arbeiten muss. Aber er verlangt natürlich genau das auch vom Team, und das muss man natürlich schon sehen", sagt Brändle.

"Das hat man in den letzten beiden Jahren, als es relativ eng war mit Red Bull, gesehen: Alles, was er an sich hart arbeitet und sich selbst kritisiert und einfordert, das macht er natürlich auch mit dem Team. Das darf er. Er ist der Anführer, er ist definitiv der Nummer-1-Fahrer - oder war es zumindest in der Vergangenheit immer. Und das ist schon eine persönliche Einstellung."

Dass Hamilton aufgrund der derzeit schwierigen Phase hinschmeißt und seine Karriere beendet oder Mercedes vorzeitig verlässt, glaubt Brändle nicht: "Er hat schon viel erlebt. Und er ist auch nicht immer nur mit Siegen davongegangen. Deswegen glaube ich: Da ist schon ein bisschen ein Sitzfleisch da."

Wolff über Russell: "Knallhart, ohne große Emotionen"

Erfreulich ist indes, wie positiv sich Russell entwickelt. Toto Wolff grinst, man habe auch teamintern schon "darüber gelacht. Wir haben gesagt: 'Jetzt hast du geglaubt, endlich mal die Chance zu haben, dass du hier vorn mitfährst - und jetzt ist unser Auto nicht gut genug!' Aber er arbeitet das einfach ab."

Russell sei dabei "knallhart, ohne große Emotionen - und das ist die richtige Einstellung. Die Einstellung eines zukünftigen Weltmeisters." Generell sei er "sehr beeindruckt, wie sich George eingelebt hat. Wie professionell und analytisch er dabei hilft, die Situation zu erfassen. Das ist eins der wenigen Highlights, die wir gerade auf dieser Reise erleben."

"Die beiden arbeiten ohne Friktion zusammen, sind ganz im Gegenteil sehr produktiv. Ich könnte mit unseren Fahrern nicht glücklicher sein. Ich denke, wir haben die zwei besten Fahrer - oder zwei der drei besten Fahrer - im Team. Die verdienen ein Auto, mit dem sie gewinnen können, und nicht eins, mit dem sie überrundet werden", sagt Wolff.

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