• 24. November 2021 · 08:55 Uhr

Wie das Coronavirus die Formel-1-WM 2021 entscheiden könnte

Das Coronavirus könnte 2021 in der Formel 1 noch eine Rolle spielen, weshalb wir die Protokolle der FIA studiert und mit den Protagonisten gesprochen haben

(Motorsport-Total.com) - Österreich ist gerade in einen bundesweiten Lockdown gegangen, in Deutschland wird eine Verschärfung der Maßnahmen und sogar eine Impfpflicht heiß diskutiert - aber die Formel 1 geht vorerst weiter und bestreitet ihre letzten zwei Rennen der Saison 2021 am 5. Dezember in Saudi-Arabien und am 12. Dezember in Abu Dhabi.

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Max Verstappen und Lewis Hamilton: Eine Infektion mit dem Virus wäre fatal für die WM Zoom Download

Für die beiden Titelaspiranten Max Verstappen und Lewis Hamilton ist die Herausforderung nicht nur sportlicher Natur. In diversen Medienrunden und Interviews wird immer darüber gesprochen, dass ein technischer Defekt die WM entscheiden könnte. Gleiches gilt aber auch für eine Infektion mit dem Coronavirus.

"Wenn meine Freunde [...] mal einen Tag in der Arbeit verpassen, oder auch eine Woche, dann ist deswegen nicht gleich das ganze Jahr im Eimer", sagt Hamilton in einem Interview mit ausgewählten Medienvertretern. "Für uns Fahrer aber schon. Das Jahr kann gelaufen sein, wenn du ein oder zwei Rennen verpasst."

Hamilton weiß, wie das ist, mit COVID-19 zu Hause (beziehungsweise im Hotelzimmer) sitzen zu müssen, wenn die anderen Formel 1 fahren. Er hat das 2020 beim Sachir-Grand-Prix erlebt. Der große Unterschied: Damals stand er schon als Weltmeister fest. Ein Jahr später wäre eine Erkrankung für ihn eine Katastrophe.

Eigener Abschnitt für COVID-19 im Sportgesetzbuch

Ob ein Fahrer in Zeiten der Pandemie an einem Rennen teilnehmen darf, regelt Anhang S des Internationalen Sportgesetzbuchs der FIA. Laut Artikel 5.5 gibt es drei Ausschlussgründe. Erstens: ein positiver Coronatest. Zweitens: das Auftreten von COVID-19-typischen Symptomen. Drittens: Kontakt mit jemandem, der COVID-19-typische Symptome hat.

Erfüllt ein Fahrer eine der drei genannten Bedingungen, darf er sich laut Sportgesetzbuch nicht "fit to attend" erklären und würde damit ausfallen. Sollte es dabei zu einem Grenzfall kommen, müsste letztendlich der COVID-19-Delegierte der FIA entscheiden, ob ein Fahrer starten darf oder nicht.

Hamilton nimmt das Thema sehr ernst: "Ich habe andere Sportler getroffen, die das ganz locker sehen und sich nicht drum kümmern. Wenn sie es kriegen, dann kriegen sie's halt. Ich finde das sehr befremdlich. Aber natürlich ist es schwierig. Ich weiß nicht, wie es den anderen Fahrern damit geht, aber ich nehme an genauso."

Er sitze immer noch viel allein zu Hause und halte vor allem über Zoom-Videomeetings Kontakt zur Außenwelt, verrät Hamilton. Allerdings kommt er mit der Einsamkeit besser zurecht als noch im ersten Jahr der Pandemie. "Aber du lebst immer noch in Angst", gibt er zu.


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Extra Vorsichtsmaßnahmen hat Mercedes rund um seinen Superstar nicht getroffen: "Wir haben natürlich weiterhin unsere strikten Protokolle", erklärt Teamchef Toto Wolff. Doch zusätzliche Einschränkungen wurden für die WM-entscheidende Phase der Formel-1-Saison 2021 nicht bestimmt, sagt Hamilton: "Das ist schon das ganze Jahr gleich."

Met-Gala: Auch da war Hamilton vorsichtig

Für ihn habe das die unmittelbare Konsequenz, dass er sein Jetset-Leben einbremsen musste. 2021 wurde Hamilton einmal bei der Met-Gala in New York gesehen. "Ich war nur bei zwei Events", sagt er. "Da waren aber alle geimpft und PCR-getestet. Und wenn ich irgendwo drin war, habe ich trotzdem noch Abstand zu anderen Menschen gehalten."

Außerdem hält Hamilton "die Gruppe um mich herum so klein wie möglich. Meistens sind nur Angela (Physiotherapeutin) und Timmy (Fotograf; Anm. d. Red.) bei mir. Und denen versuche ich klarzumachen, wie hoch das Risiko nach wie vor ist. Die meisten Menschen außerhalb der Formel 1, die ich kenne, nehmen das Thema nicht so ernst. Ich habe vor kurzem ein paar Fußballer getroffen, denen war das alles egal."

"Wenn die mal ein Spiel verpassen, macht es keinen großen Unterschied. Das ist bei mir ein bisschen anders", seufzt Hamilton und ergänzt: "Wir haben ja jetzt wieder Fans, die auch ohne Test an die Strecke dürfen. Und Fotografen, glaube ich, auch. Es wird immer mehr geöffnet. Aber ich tippe, dass sich daran bald was ändern muss, weil es sonst unmöglich ist, in den Bubbles zu bleiben."

Die Gefahr lauert überall. Jedes Selfie mit einem Fan kann theoretisch den WM-Titel kosten. Dafür, dass das Risiko mit der extrem ansteckenden Deltavariante so groß ist, gehen die beiden Titelrivalen relativ gelassen mit dem Thema um. Auch Verstappen lässt sich von der Angst vor einer Infektion nicht verrückt machen.

"Wenn ich in der Dusche ausrutsche und mir das Genick breche, ist es ja auch das Gleiche, nicht wahr? Und wenn ich in Monaco spazieren gehe, ausrutsche und mir das Bein breche, ist es auch nicht so toll", winkt der Red-Bull-Pilot ab. "Ich denke über sowas nicht zu viel nach. Ich lebe mein Leben so, wie ich es die letzten zwei Jahre gelebt habe, seit wir COVID haben."

Perez: Distanz zu Fans muss gewahrt bleiben

"Wir sind in unserem Sport schon ziemlich vielen Fans ausgesetzt", wirft Verstappens Teamkollege Sergio Perez ein. "Nehmen wir nur das Podium in Mexiko. Ich versuche das halt so zu lösen, dass ich in solchen Situationen möglichst viel Distanz halte. Mehr kannst du eh nicht tun. Außer 24 Stunden am Tag zu Hause zu bleiben."

Interessant: Der COVID-Anhang des Sportgesetzbuchs wurde von der FIA im Juli verändert. In Artikel 2.1.1 heißt es jetzt, dass für die Teilnahme an einem Event entweder ein PCR-Test oder (und das "Oder" ist neu) ein Nachweis über eine Vollimmunisierung (gilt für ein Jahr) vorgelegt werden muss, um als "fit to attend" zu gelten.

Wolff erklärt: "Es ist ja jeder in diesem Fahrerlager meines Wissens zweifach geimpft. Aber da es auch da Impfdurchbrüche gibt, muss man weiter vorsichtig sein. Und das sind wir. Gerade die Fahrer tragen die Masken immer."

"Ich hoffe doch, dass wir weiter Rennen fahren können, weil wir natürlich in einer anderen Position sind, auch mit den Fallzahlen, die hinaufgehen, als wir es in den früheren Monaten waren. Weil es einfach mildere Verläufe sind, die wir hier sehen. Ich bin trotzdem optimistisch, dass wir die Rennsaison zu Ende fahren können."

"Aber als Sport können wir stolz sein, und das ist natürlich gerade eine sehr hitzig geführte Debatte, dass wir diese stringenten Maßnahmen hier haben. Anders könnten wir nicht um die Welt reisen und nicht nur uns, sondern auch andere schützen. Das ist für mich, so, wie das hier gehandhabt wird, auch durch die FIA und die FOM, vorbildlich", sagt der Mercedes-Teamchef.

Horner: Teams müssen Protokolle streng einhalten

"In Europa steigen die Zahlen", sagt sein Red-Bull-Gegenüber Christian Horner. "Wir dürfen einfach mit keinem der vorgesehenen Protokolle nachlässig werden. Es ist toll, dass wir wieder Fans vor Ort haben. Austin war das erste Rennen, das sich normal angefühlt hat. Aber wir müssen unsere Protokolle als Team streng befolgen, und das tun wir auch."


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Denn es geht bei der Vermeidung einer Infektion nicht nur darum, an den letzten beiden Rennen teilnehmen zu können. Sondern Hamilton hat bei seiner Erkrankung an COVID-19 im Dezember 2020 körperlich sehr gelitten und die Langzeitfolgen monatelang mit sich geschleppt.

"Die erste Saisonhälfte war eine der schwierigsten Saisonhälften, die ich je erlebt habe", sagt Hamilton im Nachhinein. "In Zukunft kann ich das alles gern mal ausführlicher erklären, aber jetzt fühle ich mich so gut wie schon lange nicht mehr. Irgendwie habe ich es geschafft, mich da durchzukämpfen."

"Ich habe mich auf Regeneration und Training konzentriert, auf Atemtechniken. Kürzlich war ich laufen. Da habe ich mich besser denn je gefühlt. In den letzten paar Rennen, obwohl die so heiß waren, hatte ich keine Probleme, weil ich meinen Körper im Training wieder mehr belasten konnte. Seit der Sommerpause hatte ich keine Probleme mehr. Dafür bin ich sehr dankbar", sagt er.

Sollte einer der beiden WM-Kandidaten wirklich ausfallen, wäre das nicht der erste Ausfall dieser Art. Hamilton selbst fehlte in Abu Dhabi 2020. Perez verpasste im Vorjahr die beiden Rennen in Silverstone. Lance Stroll fehlte damals am Nürburgring. Und zuletzt musste Kimi Räikkönen Zandvoort 2021 aussitzen.

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