Verbotene Formel-1-Ideen: Der Doppeldiffusor der Saison 2009
Das Brawn-Märchen der Saison 2009 hing eng mit dem Doppeldiffusor zusammen, den das Team damals verwendete - Wir blicken auf das später verbotene Konzept
(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2009 ist als das Jahr in die Geschichte eingegangen, in dem Brawn GP aus den Ruinen des Honda-Werksteams hervorging und beide WM-Titel gewann. Es hätte damals allerdings alles ganz anders laufen können, denn zu Beginn der Saison bestanden Zweifel an der Legalität des heute berühmten Doppeldiffusors.
Wir werfen einen Blick zurück und schauen uns an, warum das Konzept nicht sofort verboten wurde, nachdem einige Teams dadurch zu Beginn des Jahres einen enormen Vorteil hatten, und wie die anderen Teams im Verlauf der Saison darauf reagierten. Ausgangspunkt waren damals die großen Regeländerungen zur Saison 2009.
Diese sollten dafür sorgen, dass die Piloten einem anderen Auto besser folgen konnten, was wiederum für mehr Überholmanöver sorgen sollte. Die Boliden verloren durch die neuen Regeln eine Menge Abtrieb. Die Designer suchten deshalb nach Wegen, diesen Verlust irgendwie auszugleichen.
Drei Teams, die augenscheinlich keine Verbindung hatten, kamen dabei auf die Idee, ihrem Diffusor eine zweite Ebene hinzuzufügen. Angeblich existierte der Plan bereits ein Jahr zuvor, als die Designer von Super Aguri diese Idee für die Saison 2008 umsetzen wollten. Als sich das Team Mitte des Jahres auflöste, verteilten sich die Mitarbeiter in verschiedene Richtungen.
Die meisten gingen zu Honda, einige landeten aber auch bei anderen japanischen Rennställen - nämlich Toyota oder Williams, das damals mit Toyota-Motoren fuhr. Der Doppeldiffusor tauchte 2009 anschließend zunächst beim Brawn BGP001, dem Toyota TF109 und dem Williams FW31 auf.
Der Rest des Feldes, der hier eine große Möglichkeit verpasst hatte, zweifelte sofort an der Legalität. Die anderen hofften, dass den besagten drei Teams ihr Vorteil wieder abgenommen wird.
Die 2009er-Regeln begrenzten den Diffusor seitlich bei 1.000, in der Höhe bei 175 und in der Länge bei 350 Millimetern. Entscheidend beim Doppeldiffusor war damals Artikel 3.12.7 im Technischen Reglement der Formel 1. Wörtlich heißt es dort:
"No bodywork which is visible from beneath the car and which lies between the rear wheel centre line and a point 350mm rearward of it may be more than 175mm above the reference plane. Any intersection of the surfaces in this area with a lateral or longitudinal vertical plane should form one continuous line which is visible from beneath the car."
Entscheidend ist dabei das Wort "oder" im letzten Satz. Die Designer mussten den Vorgaben also nur in einer Dimension entsprechen, wodurch die Möglichkeit entstand, Kanäle hinzuzufügen, die es dem Luftstrom erlaubten, in den oberen Bereich des Diffusors zu gelangen.
Letztendlich nutzte man also einfach aus, wie die Regeln geschrieben waren. Bei den anderen Teams, die diesen Trick übersehen hatten, kam das natürlich nicht gut an. Sie wussten, dass es schwierig werden würde, in kurzer Zeit einen Doppeldiffusor an ihre eigenen Boliden zu bringen.
Deswegen legten sie beim Saisonauftakt in Australien Protest ein und forderten von der FIA, das Design nicht nur zu verbieten sondern auch das Rennergebnis aus Melbourne zu korrigieren. Gleichzeitig arbeitete man währenddessen aber auch schon an eigenen Lösungen, falls der Einspruch scheitern sollte.
Plan A ging in diesem Fall nicht auf, denn der Diffusor wurde nicht verboten. Jetzt mussten die anderen Teams so schnell wie möglich ihre eigenen Lösungen an die Strecke bringen. Den Aufwand darf man nicht unterschätzen, denn mehr Abtrieb am Heck verändert die komplette aerodynamische Balance eines Autos.
Gleichzeitig konnte man den Vorteil des Diffusors aber auch nicht einfach ignorieren, weil man dadurch so viel Abtrieb gewinnen konnte. Also setzten bald alle Teams eigene Lösungen ein.
Die größte Herausforderung lag vor Red Bull, weil man hinten auf eine Pullrod-Aufhängung setzte. Das bot beim Packaging und der Aerodynamik zwar Vorteile, allerdings erschwerte es Adrian Newey und seinem Team in diesem Fall das Leben, weil die Zugstange für einen Doppeldiffusor ungünstig angebracht war.
Obwohl es eine Menge Aufwand erforderte, nahm man bei Red Bull die notwendigen Anpassungen vor, weil man wusste, dass man nicht auf den Doppeldiffusor verzichten konnte.
Die FIA erlaubte die Verwendung des Doppeldiffusors noch für die Jahre 2009 und 2010, weil die Teams eine Menge in die Entwicklung investiert hatten. Für die Saison 2011 schloss man die Lücke im Reglement dann allerdings endgültig.