• 06. April 2020 · 09:40 Uhr

Mark Blundell: Ayrton Senna war "unglaublich egoistisch"

Erinnerungen an Ayrton Senna: Mark Blundell berichtet davon, wie Ayrton Senna ihm 1992 das "Flughafen-Taxi" weggeschnappt und die Presse genau studiert hat

(Motorsport-Total.com) - Es wurde viel geschrieben über Ayrton Senna in den vergangenen Jahren. Von seinem großen Herzen für die armen Menschen in seiner Heimat Brasilien; darüber, dass er heute vielleicht Präsident des Landes wäre. Aber der dreimalige Formel-1-Weltmeister, verstorben auf tragische Weise beim Grand Prix von San Marino in Imola 1994, hatte - zumindest auf der Rennstrecke - auch eine ganz andere Seite.

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Mark Blundell beim Grand Prix von Monaco 1995 im McLaren-Mercedes Zoom Download

Senna sei ein Fahrer "zwischen Genie und Wahnsinn" gewesen, erinnert sich der ehemalige McLaren-Fahrer Mark Blundell im Interview mit dem Formel-1-Podcast 'Beyond the Grid'. "Und er war unglaublich egoistisch. Er hat sichergestellt, immer das zu bekommen, was er brauchte, um erfolgreich zu sein."

Blundell war 1992 Testfahrer bei McLaren, neben Senna und dem zweiten Stammpiloten Gerhard Berger. Es war jene Zeit in der Formel 1, in der sich Williams mit seinen elektronischen Fahrhilfen gerade anschickte, die Spitze zu erobern. Besonders die aktive Radaufhängung galt als entscheidender Wettbewerbsvorteil, und Blundell arbeitete an der McLaren-Version davon.

"Ich erinnere mich an einen Test in Imola. Ich saß im Auto mit der aktiven Radaufhängung. Meine Rundenzeit war einen Tick schneller als Sennas Zeit im passiven Auto", erinnert sich der Brite. Senna konnte es nicht fassen. Dass ein Testfahrer schneller war als er, passte nicht in sein Weltbild. Blundell: "Er studierte also die Daten und analysierte, was da los war."

"Ich sollte dann eigentlich zum Flughafen aufbrechen, und es war abgemacht, dass Josef Leberer, der Physio, mich hinfährt. Da sitzen wir also beim Debriefing, und ich sage dann: 'Okay, Jungs, ich muss jetzt zum Flughafen nach Bologna. Josef, kannst du mich fahren?' Da hob Senna kurz seinen Kopf und sagte nur: 'Nein. Er bleibt hier.'"


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"Da waren alle möglichen Leute in diesem Debriefing, sogar Dave Ryan. Aber keiner hat ein Wort gesagt", erinnert sich Blundell an das Meeting. "Ich stammelte nur: 'Aber wie komme ich dann zum Flughafen? Josef sollte mich fahren, das war doch alles abgemacht.' Senna schaute wieder auf und sagte: 'Nein. Er bleibt hier.'"

"Das war ein psychologisches Spielchen. Er hat mir damit zu verstehen gegeben: 'Verkriech dich wieder in deine Box! Du hast heute auf der Strecke geschafft, was du geschafft hast, aber du bist hier nur der Testfahrer, der Ersatzmann - du musst dich um dich selbst kümmern. Du nimmst mir sicher niemanden von meinen Leuten weg.'"

Blundell fährt fort: "So hat er gearbeitet, das habe ich später verstanden. Er hat es immer geschafft, das Maximum aus den Leuten um ihn herum herauszuholen. Er hatte diese Gabe, über etwas zu sprechen und Druck in ein System zu bringen, ohne dass die Leute um ihn herum merkten, wie groß dieser Druck eigentlich war."


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Der bald 54-Jährige (Geburtstag am 8. April) erinnert sich exemplarisch an eine weitere Begebenheit, als er mit Senna im Flugzeug saß und dieser von seiner Assistentin Beatrice eine Mappe mit Presseausdrucken gereicht bekam. Die wichtigsten Passagen der Zeitungsausschnitte waren mit kleinen Pfeilen markiert.

Blundell staunte über diese Beobachtung. Sennas Erklärung: "Das sind Kommentare, die mir gegenüber negativ sind. Und ich möchte verstehen, wer so etwas sagt." Da wurde dem McLaren-Testfahrer klar, dass Senna dazu in der Lage ist, sich neben der Rennfahrerei noch um alle möglichen Angelegenheiten zu kümmern - anders als er selbst.

Rein vom Speed her sei übrigens Mika Häkkinen einer der schnellsten Teamkollegen gewesen, die er je hatte. Aber als Gesamtpaket sei Senna unerreicht. Blundell sagt: "Ich hatte nicht verstanden, wie egoistisch ich sein muss, um zu bekommen, was ich brauchte, um mich weiterzuentwickeln. Ich war einfach nicht so gestrickt."

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