• 03. Mai 2019 · 16:47 Uhr

Wie die Ricciardo-Story auf Netflix eigentlich geplant war

Helmut Marko erklärt, warum Daniel Ricciardo Dreh- und Angelpunkt der Netflix-Serie war, und verrät den Grund für seine 1.000-Euro-Wette mit dem Australier

(Motorsport-Total.com) - Die Netflix-Dokuserie "Drive to Survive" hat inzwischen fast jeder Formel-1-Fan gesehen, der etwas auf sich hält. Daniel Ricciardo nimmt in der Serie eine prominente Rolle ein. Doch was viele nicht wissen: Die Storyline sollte eigentlich nicht sein Wechsel von Red Bull zu Renault sein. Sondern seine Entscheidung zwischen einem Ferrari- und einem Mercedes-Cockpit!

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27. Juni 2018 in Graz: Alles deutete auf eine Vertragsverlängerung hin Zoom Download

"Die Story sollte lauten, dass er sich im Sommer entscheidet, ob er zu Ferrari geht oder zu Mercedes oder bei Red Bull bleibt", erzählt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Das ist dann aber ganz anders gelaufen, als er sich das vorgestellt hat, und auch ganz anders, als die Netflix-Leute sich das gewünscht hätten."

Ricciardo war nach seinem Sieg beim Grand Prix von Monaco felsenfest davon überzeugt, dass Valtteri Bottas keinen neuen Mercedes-Vertrag erhalten würde. Marko, bekanntermaßen ein enger Vertrauter von Niki Lauda, dem Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams, wusste aber früh, dass Bottas bleiben darf.

"Ich habe mit ihm gewettet und Gott sei Dank gewonnen, dass Bottas bei Mercedes bleibt. Er hat das nicht geglaubt", schmunzelt Marko. "Ricciardo ist ein sehr sparsamer Mensch. Das hat ihm richtig wehgetan." Ricciardo verrät: "Damit hat er mir 1.000 Euro abgeknöpft!" Für Marko "nicht so viel. Ich habe es hauptsächlich in kleinen Scheinen gekriegt."

Ricciardo-Wechsel kam für Red Bull überraschend

"Helmut will immer um noch mehr Geld wetten", lacht Ricciardo. "Aber wenn er einen höheren Einsatz will, weißt du, dass er die Antwort schon kennt!" Marko nickt: "Wenn ich mit ihm wette, dann weiß ich schon, wovon ich rede!"

Trotzdem kam es für den Österreicher überraschend, als der Australier im Sommer 2018 entschieden hat, Red Bull zu verlassen. Am Mittwoch vor dem Grand Prix von Österreich, am 27. Juni, deutete noch alles darauf hin, dass Ricciardo bleiben würde.

Marko und er trafen sich am Vormittag in Graz, in Markos Büro am Schlossberg. Als die beiden am späten Nachmittag auf einer Showbühne am Hauptplatz von den Fans gefeiert wurden, standen alle Zeichen auf Vertragsverlängerung. Marko erinnert sich: "Für mich hat es an dem Tag so ausgesehen, als wäre alles in Ordnung."

"Wir haben das Angebot nachgebessert und haben alles durchgesprochen, was er als verbesserungswürdig empfunden hat. Da ist es auch um persönliche Sponsoren gegangen, die er aus Australien hatte. Und das war ein relativ langes Gespräch."


Trailer: "Drive to Survive" auf Netflix

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"Dann hatte er am Wochenende mit Mateschitz ein Gespräch, wo er auch mehr oder weniger angedeutet hat, dass das passt und er bleibt", sagt der 76-Jährige. "Aber dann kam es nie zu einer Unterschrift. Der Vertrag war fix und fertig. Aber er kam dauernd mit was anderem daher: Peanuts, Formgeschichten, immer etwas anderes."

Nach Spielberg verstrichen auch Silverstone und Hockenheim ohne eine Vertragsunterzeichnung. "Dann hat es geheißen: Ungarn. Und dann in Ungarn auch wieder nicht", erinnert sich Marko. Als Ricciardo nach Ungarn in den Flieger nach Kalifornien stieg, traf er seine Entscheidung, Red Bull zu verlassen und mit Renault eine neue (hoch dotierte) Herausforderung anzunehmen.

"Nach dem Ungarn-Test habe ich schon geahnt, dass das nichts mehr wird. In Silverstone kamen von seinem Anwalt, von dem er sich inzwischen getrennt hat, lauter Floskeln zurück. Beistrich hier, Beistrich dort", erzählt Marko.

Marko: Wie Renault an Ricciardo gebaggert hat

Einen Handschlag habe es in all den Wochen nicht gegeben, auch nicht an jenem 27. Juni in Graz. Trotzdem war man sehr nahe an einer Einigung, bestätigt Marko, wenn er erklärt: "Wir haben gesagt, wir arbeiten die Verträge aus."

Dass Ricciardo auf Renault "reingefallen" ist, überrascht ihn im Nachhinein nicht: "Renault ist ja gut. Die haben auch uns immer wieder Grafiken gezeigt, wie das im nächsten Jahr motormäßig ausschaut. Denen wird er halt geglaubt haben." Die Realität ist: Nach vier Rennen ist Ricciardo WM-13., mit einem siebten Platz in Schanghai als einziges Ergebnis.


Fotostrecke: Daniel Ricciardo begeistert Fans bei Renault-Roadshow in Nizza

"Bei Ferrari und Mercedes waren die Türen zu", rekapituliert Marko, "und bei uns war seit Baku eine gewisse Spannung zwischen den zwei Fahrern, was aber nie so nach außen aufgetreten ist. Ricciardo meinte, wir hätten vorher einschreiten müssen, und hat sich unschuldig gefühlt. Nur: Er war derjenige, der dem Verstappen reingefahren ist. Ohne Verstappen wäre er geradeaus gefahren."

"Ricciardo war zehn Jahre bei uns, immer umsorgt in einer Struktur, wo er sich um nichts kümmern musste. Irgendwie wollte er was anderes", so der Österreicher. Dass Ricciardo das Gefühl hatte, Verstappen wächst gerade in die Rolle als Nummer 1 hinein, noch dazu mit einem höheren Basisgehalt, war für eine Einigung nicht hilfreich.

Ricciardo hat inzwischen zugegeben, dass er sich von Ferrari und Mercedes insgeheim mehr Interesse erhofft hatte, als es dann tatsächlich der Fall war. Das bestätigt er auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com': "Sicher, am Anfang der Saison, so nach Monaco, habe ich schon gedacht, dass ich wahrscheinlich viele Optionen haben werde. Das habe ich zu dem Zeitpunkt wirklich geglaubt."

"Letztendlich waren es dann weniger als ich dachte", gibt er zu, betont aber: "Ich glaube nicht, dass es der Netflix-Serie geschadet hat. Und ich möchte mich nicht in einen Krieg der Worte mit Helmut verwickeln lassen. Ich mag Helmut! Die Story war trotzdem okay. Gut für die Formel 1, oder?"

Die 1.000 Euro hat sich Ricciardo inzwischen zurückgeholt: "Wir haben dann noch einmal gewettet, in Melbourne. Es ging ums Qualifying. Er dachte, dass sie ein Auto in die Top 3 bringen. Ich habe dagegengehalten. Da habe ich mein Geld zurückbekommen. Und jetzt lasse ich mich auf keine weitere Wette mit Helmut ein!"

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