Franz Tost: Budgetgrenze in der Formel 1 ist sehr wohl durchführbar

Für Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost sind Argumente, eine Budgetgrenze sei in der Formel 1 nicht zu kontrollieren, schlichtweg "Unfug"

(Motorsport-Total.com) - Seit Jahren wird in der Formel 1 über eine Budget-Obergrenze diskutiert, doch eingeführt wurde sie bis heute nicht. Im Zuge der Regelments-Reform in der Saison 2021 wollen die Rechteinhaber von Liberty Media nun einen neuen Anlauf unternehmen, dem Geldausgeben in der Formel 1 eine Grenze zu setzen. In Person von Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost haben sie dabei einen Verbündeten. "Ich kämpfe seit Jahren um eine Budget-Obergrenze, und jetzt kommt sie hoffentlich", sagt der Österreicher im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Franz Tost kämpft seit langem für eine Budget-Obergrenze

Doch ob die Budget-Obergrenze 2021 wirklich kommt, ist noch nicht in Stein gemeißelt. Vor allem die Vertreter der großen Werksteams sträuben sich noch dagegen und argumentieren: Die Einhaltung dieser Grenze seit gerade bei Herstellern, die auf die Ressourcen der Entwicklungsabteilungen der Konzerne zurückgreifen können, nicht möglich.

Dem hält Tost aber entgegen: "Es ist machbar! Es wird immer argumentierte, dass man das nicht kontrollieren könne, aber das ist Unfug." Der Automobil-Weltverband FIA und das Formel-1-Management (FOM) müssten dazu nur konsequent Einblick in die Finanzen der Teams bekommen.

Kostenexplosion führt zu Zweiklassen-Gesellschaft

"Wenn ich zu entscheiden hätte, würde ich in jedes Team jemanden schicken, der jede Woche oder einmal pro Monat die Bilanzen prüft", schlägt Tost vor. Und wenn es möglich sei, alle technischen Aspekte der Formel 1 zu kontrollieren, dann sei dies auch bei den Finanzen möglich. "Wenn man will, kann man alles kontrollieren", sagt er.

Für die Kostenexplosion in der Formel 1 macht Tost vor allem die Werksteams verantwortlich. "Für einen großen Hersteller sind 500 Millionen US-Dollar einerseits zwar auch viel Geld, andererseits aber auch nicht. Denn man darf nicht vergessen, dass die Formel 1 meiner Meinung nach das beste Marketing-Tool ist", so Tost. Und da seien 500 Millionen US-Dollar, vor allem wenn man es auf die Werbebudgets der einzelnen Länder verteilt, nicht gerade viel.


Fotos: Grand Prix der USA


Doch diese Entwicklung habe dazu geführt, dass die großen Werksteams der Konkurrenz in der Formel 1 mittlerweile meilenweit voraus seien. "Momentan haben wir eine Zweiklassen-Gesellschaft in der Formel 1. Es gibt die Werksteams und den Rest, die Top-3-Teams fahren in ihren eigenen Liga", sagt Tost. "Wenn man sich die Rennen anschaut, sind die Autos hinter den Top-3-Teams 20, 30, 40 Sekunden zurück. Dem Inhaber der kommerziellen Rechte muss aber an interessanten Rennen gelegen sein."

Spannende Rennen wichtiger als technische Innovationen

"Zum Glück hat Vettel in diesem und im vergangenen Jahr gegen Hamilton um die Meisterschaft gekämpft, sonst würde keiner mehr Formel 1 schauen, weil es langweilig ist", meint der Toro-Rosso-Teamchef. "Wir müssen es hinbekommen, dass mindestens drei oder vier Fahrer und sechs oder sieben Teams um die Meisterschaft kämpfen. Und die sollte erst beim letzten Rennen und nicht schon ein paar Rennen vorher entschieden werden."

Neben fehlenden Kontrollmöglichkeiten führen Kritiker einer Budget-Obergrenze auch das Argument an, die Formel 1 würde mit einem Kostendeckel ihre Rolle als Innovationsmotor für technische Entwicklungen verlieren. Hier wirft Tost ein: "Geht es in der Formel 1 um technische Entwicklungen oder ist sie auch Unterhaltung?", und liefert gleich seine Antwort auf diese Frage. "95 Prozent der Zuschauer interessieren sich für spannende Rennen, und vielleicht fünf Prozent für die technischen Entwicklungen. Also lasst uns die vergessen, die 95 Prozent sind entscheidend."