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Sergio Marchionne und Teamchef Maurizio Arrivabene haben Grund zur Freude
Der Bann ist gebrochen: 16 Jahre nach Michael Schumacher gewinnt Ferrari wieder in Monaco, und genau wie damals ist es ein Doppelsieg. Einer mit Beigeschmack: Viele Fans vermuten, dass die Scuderia Vettel im Sinne der Fahrer-WM bewusst an Räikkönen vorbeigeschleust hat!
Der wichtigste Samstag des Jahres: Rookie Stoffel Vandoorne zieht in sein erstes Q3 der Saison 2017 ein, wirft den McLaren aber am Schwimmbad in die Leitplanken. Pech für den strauchelnden Mitfavoriten Lewis Hamilton: Wegen der gelben Flaggen muss er seinen letzten Schuss abbrechen - und scheidet als 14. vorzeitig aus.
Dafür holt Räikkönen seine erste Pole seit 2008, und das denkbar knapp: 0,043 Sekunden vor Vettel, 0,045 Sekunden vor Landsmann Valtteri Bottas.
Weil nur ein Boxenstopp erwartet wird, kommt dem Start besondere Bedeutung zu. Räikkönen meistert die Aufgabe souverän und behauptet die Führung vor Vettel. Bottas kommt am besten weg, muss aber vor Sainte Devote zurückstecken. Auf den ersten acht Plätzen gibt es keine Positionsveränderungen.
Knapp wird's zwischen den Red Bulls: Daniel Ricciardo steckt seine Nase in der ersten Kurve bei Max Verstappen rein, es kommt sogar zu einer leichten Berührung. Die Situation geht für beide glimpflich aus.
Pascal Wehrlein und der aus der Box gestartete Jenson Button wechseln in der ersten Runde von Super- auf Ultrasoft, um damit das Rennen durchzufahren. Beim Rausfahren aus der Box wird's zwischen den beiden ziemlich eng - für Wehrlein mit Folgen: fünf Sekunden Zeitstrafe wegen "unsafe Release".
Ein schlechtes Wochenende nimmt für Nico Hülkenberg ein schlechtes Ende: In der 16. Runde scheidet er an zehnter Stelle liegend mit Getriebeschaden aus.
Vorne hat Räikkönen alles unter Kontrolle: Gleich in der ersten Runde schüttelt er Vettel aus der DRS-Sekunde ab. In Runde 9 ist sein Vorsprung am größten: 2,3 Sekunden. Beim Überrunden von Button und Wehrlein schrumpft Ferraris Vorsprung auf Bottas zwischenzeitlich von 7,8 auf 3,1 Sekunden.
In Runde 32 stoppt Verstappen als erster Topfahrer. Der Undercut gegen Bottas scheitert auch, weil die Red-Bull-Crew um 0,8 Sekunden langsamer Reifen wechselt. Das hat sich der Niederländer selbst zuzuschreiben: Er fährt seine Boxenstopp-Position nicht ganz präzise an.
Bei freier Fahrt wacht Ricciardo auf und dreht plötzlich im Sog von Vettel mit die schnellsten Runden. Die Taktik des Overcut geht auf: Der Australier überholt Bottas und Verstappen und kommt als Dritter wieder auf die Strecke. Sehr zum Ärger von Verstappen, dessen Boxenfunk im TV-Signal überpiepst werden muss.
Der Overcut zahlt sich auch für Vettel aus: Als Räikkönen in Runde 34 Reifen wechselt, bleibt er noch fünf Runden draußen. So werden aus 1,1 Sekunden Rückstand 3,0 Sekunden Vorsprung. Und die Verschwörungstheoretiker fragen sich: Warum hat Ferrari Vettel nicht gleich in Runde 35 reingeholt?
Den längsten ersten Stint (46 Runden) fährt Hamilton. Von P13 gestartet, landet er hinter Überraschungsmann Carlos Sainz letztendlich auf Rang sieben. Wertvolle Punkte für die WM, nachdem ihm Mercedes-Boss Niki Lauda "maximal Platz zehn" zugetraut hat.
Kurioser Crash: Wehrlein steht seitlich auf den Reifen, ganz Monaco bangt minutenlang um den Sauber-Fahrer. Dann endlich Entwarnung. In der zweiten Portier-Kurve hat ihn Comeback-Superstar Button übermotiviert zu überholen versucht. "Ziemlich dumm", urteilt Wehrlein.
Die FIA spricht gegen Button die sinnloseste Strafe der Saison aus: drei Startpositionen zurück beim nächsten Rennen. Hat nur den Haken, dass der McLaren-Star in Monaco den letzten Grand Prix seiner Karriere bestritten hat. Diesmal wirklich endgültig?
Das Safety-Car kommt auf die Strecke, und beim Restart kämpfen alle mit den kalten Reifen. Am meisten Ricciardo, der bei Sainte Devote die Leitplanke küsst und sich nur mit größter Mühe vor Bottas halten kann. Verstappen zockt und wechselt noch einmal auf Ultrasoft, bleibt aber Fünfter.
Zwischen Sergio Perez und Daniil Kwjat kracht's im Kampf um P9. Perez wird nachträglich mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt, aber das bringt Kwjat die zwei Punkte nicht zurück. Kein Wunder, dass der Russe tobt.
Für Vettel läuft's wie am Schnürchen: Erst einmal in Führung, hängt er Räikkönen binnen 17 Runden um 10,5 Sekunden ab. Dritter Sieg im sechsten Rennen: Jetzt kann er sich in Montreal schon eine Nullnummer leisten, und er würde trotzdem garantiert als WM-Leader nach Baku kommen - selbst wenn Hamilton gewinnen sollte.
(Motorsport-Total.com) - Ging Ferrari aus der Formel-1-Saison 2016 noch sieglos und als die Nummer drei unter den Herstellern hervor, reitet die Scuderia derzeit auf der Erfolgswelle. In Monaco feierte man nicht nur den ersten Sieg im Fürstentum seit 2001, sondern auch den ersten Ferrari-Doppelsieg seit 2010. Mit insgesamt drei Siegen in sechs Rennen führt Sebastian Vettel die WM-Tabelle mittlerweile mit 25 Zählern Vorsprung auf Mercedes-Konkurrent Lewis Hamilton an.
Selbst der Brite muss anerkennen: "Die Ferraris scheinen überall zu funktionieren. Die nächsten 14 Rennen werden also sehr schwierig. Sie haben über das Jahr gesehen wohl das stärkste Auto - so wie wir im vergangenen Jahr." Während Hamilton in Monaco nach einem desaströsen Qualifying um Schadensbegrenzung kämpfte, blieben die Roten auch für seinen Teamkollegen Valtteri Bottas außer Reichweite.
So konnten Polesetter Kimi Räikkönen und Monaco-Sieger Vettel am Ende nur selbst schlagen - und tauschten die Plätze. Manche witterten bereits eine Verschwörung. Doch bei Ferrari will man davon nichts wissen und genießt lieber den Moment. Diesem kann sich auch Präsident Sergio Marchionne nicht entziehen. Er spricht sogar von einem historischen Sieg für die Scuderia, auf den man sehr lange gewartet habe.
"Das ist nicht nur ein Sieg", sagt der Italiener stolz. "Wir sind bei einem Grand Prix mit einer so glorreichen Tradition wie in Monaco Erster und Zweiter geworden. Ferrari hat hier das letzte Mal ebenfalls mit einem Doppelsieg, damals von Schumacher und Barrichello, gewonnen. Diesmal war es ein sehr spannendes Rennen, in dem wir die wahre Scuderia gesehen haben." So hart seine Kritik in der Vergangenheit ausfiel, so groß ist nun sein Lob.
Marchionne schwärmt: "Mein Kompliment gilt den Fahrern und einmal mehr dem gesamten Team, sowohl an der Strecke als auch in Maranello, wo jeder Einzelne Tag für Tag unermüdlich am Auto arbeitet. Es bereitet unseren Anhängern endlich die Freude, die sie verdienen." Das dürfte nicht minder für Ferrari-Pilot Vettel gelten. Ihm hat der Präsident schon eine Vertragsverlängerung angeboten - und das auf Lebenszeit.