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Das erste Siegerfoto der Saison 2017: Sebastian Vettel gewinnt erstmals seit Singapur 2015 wieder einen Grand Prix - und das mit einem Ferrari, der dem höher eingeschätzten Mercedes-Silberpfeil mindestens ebenbürtig ist. Die neue Formel 1 hat das, was der alten jahrelang gefehlt hat: Spannung an der Spitze.
Die erste Hiobsbotschaft aus deutscher Sicht am Samstagmorgen: Pascal Wehrlein fühlt sich nach den ersten zwei Trainings (Spätfolge seines Crashs beim Race of Champions) nicht fit genug, das Rennen zu bestreiten. So kommt GP2-Vizemeister (und Ferrari-Junior) Antonio Giovinazzi zu seinem Debüt. Er wird achtbarer Zwölfter.
Sowohl bei den Longruns am Freitag als auch im Qualifying gibt Lewis Hamilton zunächst den Ton an. Er holt drei Zehntel vor Vettel die Pole. Vettel ist aber optimistisch, sieht durchaus Chancen für das Rennen. Valtteri Bottas, teamintern bis dahin klar zweite Geige, steigert sich, wenn's drauf ankommt, und holt P3.
Start in die Saison 2017: Hamilton kommt am besten weg, Vettel hat ein wenig Wheelspin. Auf den vorderen Rängen bleibt aber alles unverändert, weil Max Verstappen, an und für sich top gestartet, auf dem Weg zu Kurve 3 das Beschleunigungsduell gegen Kimi Räikkönen verliert.
Weiter hinten der erste Crash: Haas-Neuzugang Kevin Magnussen probiert's innen gegen Marcus Ericsson - und rutscht unabsichtlich in den Sauber. Der Däne kommt straffrei davon, rollt nach der ersten Runde mit Reifenschaden an die Box. Später im Rennen scheiden beide aus - und parken an der exakt gleichen Position.
Hamilton versucht zunächst vergebens, Vettel aus der DRS-Sekunde abzuschütteln. Am größten ist sein Vorsprung nach zehn Runden: 2,1 Sekunden. Der "Finnen-Express" mit Bottas und Räikkönen muss abreißen lassen. Nach 17 Runden kommt Hamilton als erster Topfahrer an die Box - um Ferrari einen "Undercut" zu vereiteln.
Am Samstag noch Hero, am Sonntag nur zero: Haas-Sensation Romain Grosjean ist drauf und dran, seinen tollen 2016er-Saisonauftakt zu wiederholen. Als er in der 14. Runde ausscheidet, liegt er hinter Felipe Massa an siebter Stelle. Ausfallursache: ein Wasserleck.
Während Hamilton an Verstappen verzweifelt ("Wir müssen Verstappen überholen. Das ist rennentscheidend." - "No way I can get past this guy!"), bleibt Vettel um sechs Runden länger draußen - und erobert so die Führung im Grand Prix von Australien! Toto Wolff schlägt mit der Faust auf den Tisch.
Kein schönes Heimrennen für Daniel Ricciardo: Erst Crash in Q3, Getriebe kaputt, Rückversetzung auf Startplatz 15. Dann Sensordefekt in der Grid-Lap, Start aus der Boxengasse - mit zwei Runden Verspätung. Und am Ende geht, an 17. Stelle liegend, einfach der Motor aus.
Hamilton verliert rasch Anschluss an Vettel, dafür droht bald von hinten Gefahr: Teamkollege Bottas hat die um acht Runden frischeren Reifen und kommt bis auf 1,2 Sekunden heran. Zu einem Rad-an-Rad-Duell der beiden kommt es allerdings nicht.
Auch im Kampf um P4 wird's noch spannend: Verstappen, im zweiten Stint als einziger Topfahrer auf Supersoft- statt Soft-Reifen, wird in Räikkönens Rückspiegel immer breiter. Am Ende aber wird er von Red Bull zurückgepfiffen, weil seine Bremsen am Limit sind.
Let's do a Häkkinen: In Runde 51 ziehen bei Start und Ziel sowohl Esteban Ocon im rosaroten Force India als auch Nico Hülkenberg an Fernando Alonso vorbei. Ocon holt einen Punkt, Alonso gibt nach dem in eigenen Worten besten Rennen seines Lebens mit Radaufhängungs-Defekt entnervt auf. McLaren-Honda fährt auch 2017 hinterher.
Nach 57 Runden (Renndistanz wegen zweiter Aufwärmrunde um eine Runde verkürzt) gewinnt Vettel den Grand Prix von Australien, 10,0 Sekunden vor Hamilton und 11,3 vor Bottas. Der Jubel bei Ferrari kennt keine Grenzen. Einige liegen sich weinend in den Armen - und der Sieger umarmt anschließend jeden Mechaniker einzeln. Emotion pur!
(Motorsport-Total.com) - In Melbourne flossen nach dem Ende der schwarzen Serie die Tränen bei Ferrari - in Turin fiel der Eminenz der Mythosmarke ein Stein vom Herzen. FIAT-Boss Sergio Marchionne gratulierte seiner Scuderia am Sonntagmorgen in einem Statement mit emotionalen Worten. "Es war überfällig", lässt er sich nach dem ersten Grand-Prix-Erfolg seit 553 Tagen zitieren und lobt die Fans für ihre Geduld: "Ich bin erfreut für das Team und die Tifosi, die die ganze Zeit hinter uns gestanden haben."
Marchionne, der 2016 mit großen Versprechen auf die Nase gefallen war, hatte sich im Vorfeld der neuen Saison bedeckt gehalten und wohl auch sein Team angewiesen, die Medienarbeit auf ein Minimum zu reduzieren. Mit Sebastian Vettels Triumph in Australien scheint der Druck zumindest teilweise entwichen und sogar der harte FIAT-Sanierer besänftigt: "Wir haben auf den Sieg fast ein eineinhalb Jahre gewartet. Es war bewegend, wieder die Hymne Italiens zu hören", jubelt Marchionne.
Die Lorbeeren schüttet er nicht nur über seinem deutschen Piloten und Teamchef Maurizio Arrviaben aus, sondern über allen Mitarbeitern: "Dieser Sieg ist etwas, was es mit der gesamten Truppe zu teilen gilt - an der Strecke und in Maranello", frohlockt Marchionne, "weil Teamwork der einzige Weg ist, große Ziele zu erreichen." Die Bemerkung darf als Konter der Vorwürfe des Ex-Schumacher-Renningenieurs Luca Baldisserri verstanden werden, der ein "Terrorklima" angemahnt hatte.
Für den am Sonntag geschlagenen Räikkönen hat Marchionne aufmunternde Worte parat: "Ich bin sicher, dass Kimi bald auf der Höhe sein und an der Seite seines Teamkollegen kämpfen wird." Ferrari ist auf den Finnen angewiesen, wenn die Konstrukteurs-WM 2017 eingetütet werden soll.
Der Chef greift nach den Sternen - nicht nur Mercedes ist gemeint, wenn er Tuchfühlung mit dem Titel aufnimmt: "Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, dass wir nicht am Ziel sind. Es ist der erste Schritt auf einem langen Weg, auf dem wir und jeden Tag verbessern müssen", mahnt Marchionne, ohne konkret zu werden. Arrivabene hat die Botschaft begriffen: "Bei jedem Grand Prix ist höchste Konzentration gefragt. Wir müssen jede Ablenkung vermeiden", unterstreicht der Teamchef.