Nico Rosberg: "Konnte es Toto Wolff nicht persönlich sagen"
Wieso Nico Rosberg zum Handy griff, um Toto Wolff vom Rücktritt zu informieren, wie der Österreicher die Situation erlebte und wovor Niki Lauda Rosberg warnt
(Motorsport-Total.com) - Seit dem Grand Prix von Japan plagten Nico Rosberg Rücktrittgedanken, doch erst am Dienstagmorgen beim Rückflug von Kuala Lumpur nach Europa konnte er Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sagen, dass er seine Karriere beendet. Und das nur per Telefon. "Es war schwer", bestätigt der neue Weltmeister. "Ich konnte es ihm nicht persönlich sagen, ich musste ihn anrufen, denn ich war zu nervös. Speziell mit drei Stunden Schlaf an zwei Tagen."
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Es kostete Rosberg viel Überwindung, seinem Chef den Rücktritt mitzuteilen Zoom Download
Rosberg hatte seinen Triumph Sonntagnacht in Abu Dhabi und Montagnacht in Kuala Lumpur nach einem großen Empfang von Sponsor Petronas gefeiert. Am Dienstag flogen der Mercedes-Pilot und sein Chef über den Zwischenstopp Singapur nach Frankfurt, von wo aus Rosberg in seine Geburtsstadt Wiesbaden weiterreiste, beziehungsweise Stuttgart.
Kurz, nachdem sich die beiden nach dem gemeinsamen Essen auf dem Flughafen in Singapur verabschiedet hatten, klingelte Wolffs Telefon. "Es war in dem Moment, als ich gerade früh morgens die Lounge verlassen habe, um ins Flugzeug nach Stuttgart zu steigen", erzählt der Österreicher. "Und wie ich umdrehe, klingelt plötzlich mein Telefon und der Nico ist sehr emotional dran. Ich habe ihm gesagt: 'Komm zurück!' und er hat nur gesagt: 'Nein, nein, bleib nur weg!' Das war der Moment."
Wolff hatte seltsames Gefühl
Dass er es absolut ernst meinte, stand für Wolff außer Zweifel: "Er war so deutlich mit seinen Worten, dass es keine Zweifel an seiner Entscheidung geben konnte. Für mich persönlich war das ziemlich schwierig." Dennoch akzeptierte er Rosbergs überraschenden Vorstoß prompt, was auch daran lag, wie dieser gestrickt ist.
Nico Rosberg gibt seinen Rücktritt bekannt
Der Mercedes-Pilot erklärt, warum er mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft auch gleichzeitig der Formel 1 den Rücken kehren will Weitere Formel-1-Videos
"Man hätte streiten können und ihm nach drei Tagen Party sagen können: 'Werd' erst mal wieder nüchtern!'", erklärt Wolff. "Aber das ist bei Nico nicht der Fall. Er weiß genau, was er tut. Er denkt sehr klar. Es gab vom ersten Moment an keinen Zweifel, dass diese Entscheidung steht."
Dennoch hätte er niemals damit gerechnet, obwohl sich am Dienstag bei der Abreise aus Kuala Lumpur irgendetwas anders anfühlte: "Ich hatte keine Ahnung, aber ich hatte da so ein Gefühl, das ich aber nicht wirklich einschätzen konnte, als wir gereist sind. Aber mich hat es vollkommen überrascht. Ich hätte mir das nie vorstellen können."
Lauda völlig überrascht
Obwohl Wolff nun dringend einen Nachfolger benötigt, ringt ihm die Entscheidung seines Piloten "eine gewisse Bewunderung ab". Auch für den Mercedes-Aufsichrsratsvorsitzenden Niki Lauda kommt die Entscheidung überraschend, wie er gegenüber 'n-tv' bestätigt: "Ich habe mit vielem gerechnet, aber damit nicht." Es habe "überhaupt keine Anzeichen" gegeben.
Lauda meint, man müsse die Entscheidung absolut respektieren, er selbst hätte nach dem ersten Titel aber anders gehandelt: "Da ist man froh und erleichtert, es geschafft zu haben, weil jede weitere Weltmeisterschaft ja einfacher zu gewinnen ist. Ich wollte damals meine erste Weltmeisterschaft unbedingt verteidigen, war also auf einem ganz anderen Trip." Auch für sein Team sei dies so kurz vor der nächsten Saison wegen des plötzlich frei gewordenen zweiten Cockpits "keine gute Entscheidung" gewesen.
Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Nico Rosberg
Die Formel-1-Karriere des Nico Rosberg dauerte elf Jahre und endete auf ihrem Höhepunkt: mit dem WM-Titel 2016 für Mercedes und einer bewegenden Pressekonferenz in Wien. Wir blicken zurück auf 206 Grand-Prix-Starts, 23 Rennsiege, 57 Podiumsplatzierungen und 30 Pole-Positions. Fotostrecke
Während Rosberg die ersten Rücktrittsgedanken kamen, als der Titel beim Japan-Wochenende langsam realistisch wurde, brachten ihn auch das letzte Rennen und der große Triumph nicht mehr zum Umdenken.
Lauda: Hoffentlich fällt er in kein Loch
"Die letzten zwei Runden waren so heftig, da habe ich mir gesagt: Es reicht", schildert er. "Das war kein Problem. Ich habe es jetzt erst erzählt, weil es mir für mein Team leidtut, das jetzt durch eine schwierige Situation geht. Ich wollte, dass sie es als Erste erfahren. Und damit sie Zeit haben, eine Alternative für mich zu finden." Er selbst wisse aber "zu 1.000 Prozent", dass "es für mich richtig ist. Es ist keine Kurzschlussreaktion gewesen."
Lauda sieht währenddessen bei Rosberg die Gefahr, dass dieser in ein Loch fallen könnte: "Jetzt beginnt einmal nach dem Stressleben die Phase, in der man die Pause genießt. Aber in seinem Alter kann es passieren, dass er dann in ein Loch fällt, wenn nichts nachkommt, was eine ähnliche Intensität hat. Ich hoffe, dass er mit seiner Entscheidung auch langfristig zufrieden sein wird."