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Lewis Hamilton und Nico Rosberg: Die Harmonie im Team ist nur inszeniert. Klicken Sie sich jetzt durch die Highlights des Grand Prix von Österreich!
Lewis Hamilton gewinnt 2016 endlich den Grand Prix von Österreich, wird auf dem Podium aber gnadenlos ausgebuht. Im Gegensatz zu 2001 (Schumacher vor Barrichello) ist diesmal keine Stallorder daran schuld. Vielmehr nehmen ihm die Fans die Kollision mit Teamkollege Nico Rosberg in der letzten Runde übel.
Dessen Wochenende läuft eigentlich prima, bis er am Samstagmorgen crasht. Das Getriebe des Mercedes ist hinüber und muss gewechselt werden, was Rosberg ein Plus-Fünf-Handicap beschert. Genau wie übrigens auch Sebastian Vettel: Ferrari hat nach Baku Metallspäne im Getriebeöl entdeckt.
Thema der Trainings in Spielberg sind die umstrittenen neuen Randsteine. An den vielen Aufhängungsschäden, im Bild bei Daniil Kwjat, sind aber nicht die gelben "Baguettes" schuld, sondern die inneren, roten Randsteine, die die Radaufhängungen mutmaßlich wegen ihrer Frequenz weichklopfen.
Nach Regen-Q3 sind die Top 3 happy: Hamilton als Polesetter sowieso. Rosberg, weil sein Auto mit Hilfe der Hamilton-Mechaniker rechtzeitig repariert werden konnte. Und Nico Hülkenberg, weil er den zweiten Startplatz (Rosberg-Strafe) in einer schwierigen Phase seiner Karriere bitter nötig hat. Sensationell auf P3 des Grids: Jenson Button.
Hülkenberg verschläft den Start, Hamilton gewinnt diesen vor Button. Carlos Sainz und Sergio Perez (P10/11) holen je fünf Positionen auf. Und Felipe Massa muss aus der Box starten, weil Williams kurz vor dem Start Risse an seinem Frontflügel entdeckt.
Pascal Wehrlein, mit der "Runde des Wochenendes" (Martin Brundle) sensationell Quali-Zwölfter, fightet diesmal auch im Rennen beherzt, fährt 47 Runden mit einem Reifensatz und wird mit einem WM-Punkt belohnt. Der könnte für das finanzschwache Manor-Team am Saisonende Millionen wert sein.
Bis Kimi Räikkönen in der siebten Runde endlich an Button vorbeikommt, fährt Leader Hamilton 3,6 Sekunden Vorsprung heraus. Und, wie befürchtet: Bei Button und Hülkenberg brechen die Ultrasofts ein. Bei Hamilton nicht. Der Mercedes-Fahrer schafft sagenhafte 24 Runden mit den weichsten Pirelli-Reifen.
Rosberg liegt mit 7,5 Sekunden Rückstand (0,3 vor Max Verstappen) auf P3, als er in Runde zehn von Ultrasoft auf Soft wechselt. Damit ist klar: Er setzt auf zwei Stopps. Bei Hamilton ist nur ein Stopp geplant - aber das sollte sich noch ändern. Bitter für Rosberg: Nach dem Reifenwechsel verliert er im Verkehr wertvolle Sekunden.
Trotzdem läuft das Rennen für ihn: Auch weil bei Hamiltons Boxenstopp ein Hinterrad klemmt, kommt dieser 2,5 Sekunden hinter Rosberg wieder auf die Strecke. Die Ferraris, die noch nicht an der Box waren, haben kurzzeitig eine Doppelführung: Räikkönen 5,5 Sekunden vor Sebastian Vettel.
Räikkönen wechselt in Runde 22 - und kommt hinter den beiden Red Bulls wieder auf die Strecke. Ferrari scheint der Grand Prix von Österreich in dieser Phase aus der Hand zu gleiten, ...
... denn wenig später ist Vettels Geburtstags-Grand-Prix vorbei: Reifenplatzer bei Tempo 300, ohne jede Vorwarnung. Der Deutsche, tags zuvor noch happy über den deutschen Sieg gegen Italien im Euro-Elferkrimi, reist daraufhin schwer enttäuscht aus Spielberg ab.
Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer sammelt das Feld ein und führt es wegen der bei Start und Ziel liegenden Wrackteile durch die Boxengasse. Rosberg fährt über eines der Teile, doch abgesehen von einem besorgten Funkspruch hat das keine Auswirkungen.
Die Qualifying-Helden gehen am Sonntag unter: Nach verkorkstem Start und frühem Stopp kassiert Hülkenberg eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen Pit-Lane-Speeding. Am Ende vibriert sein Force India so stark, dass er ihn abstellt. Button wird am Ende immerhin Sechster - für McLaren ein ermutigendes Ergebnis.
Mercedes schenkt Hamilton beim zweiten Boxenstopp den "Undercut", wegen eines Fehlers beim Rausfahren aus der Box bleibt er trotzdem hinter Rosberg. In Führung liegt plötzlich Verstappen, bei dem keiner auf der Rechnung hatte, dass er wie beim Sieg in Barcelona bis zum Ende durchfahren könnte.
Räikkönen schnappt sich in der Schlussphase immerhin noch Ricciardo und fährt zunächst einem vermeintlichen vierten Platz entgegen, ...
... vermeintlich deshalb, weil Hamilton gegen Rosberg noch längst nicht aufsteckt. Was die Zuschauer zunächst nicht sehen können: Bei Rosberg fällt in der vorletzten Runde das elektronische Bremssystem aus. Da ist Hamilton schon in der DRS-Sekunde.
In der letzten Runde attackiert Hamilton, und weil Rosberg nicht nachgibt, kommt es zur Kollision! Hamilton zieht unter Gelb am beschädigten Rosberg-Mercedes vorbei (legal) und gewinnt. Rosberg rettet sich als Vierter ins Ziel - und bleibt nach Zehn-Sekunden-Strafe (Verursachen einer Kollision) und Verwarnung Vierter.
So erbt Verstappen den zweiten, Räikkönen den dritten Platz - und Hamilton hat in der WM statt 31 nur noch elf Punkte Rückstand. Nach dem zweiten Mercedes-Crash denkt Toto Wolff erstmals offen über Stallorder nach. Und sagt genervt: "Am liebsten würde ich jetzt meinen Kopf in Eiswasser stecken!"
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Grand Prix von Europa in Baku verkündete Lewis Hamilton, dass sein teaminternes Verhältnis zu Nico Rosberg mehr denn je von gegenseitigem Respekt geprägt sei. Man habe sich am Swimmingpool des gemeinsamen Appartementhauses in Monaco zufällig getroffen und einige Spannungen im offenen Gespräch ausgeräumt, und seither sei wieder alles Friede, Freude, Eierkuchen. Aber schon ein paar Tage später krachte es in der letzten Kurve des Grand Prix von Österreich erneut.
Rosberg behauptet, nach dem Rennen in Spielberg auf Hamilton zugegangen zu sein, der soll aber eine Aussprache abgelehnt haben. Nur: Niki Lauda, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Mercedes-Teams, gibt offen zu, dass die "Weichspüler"-Version von der internen Harmonie schon vor dem Crash in Österreich frei erfunden war. Hamilton habe mit diesen Aussagen schlicht und einfach "gelogen", sagt Lauda in einer bereits am Freitag aufgezeichneten Sendung bei 'ServusTV'.
"Der Weichspüler war nur da, damit er irgendwas erzählt. Aber wenn die losfahren, probiert er, was er kann. Das wird immer ärger, je mehr Rosberg vorne ist", so der Österreicher. Die Story von der Aussprache am Pool und der neuen Harmonie wertet Lauda als "eine Show". Die Wahrheit ist: Nach dem Qualifying in Aserbaidschan, bei dem Rosberg Erster und Hamilton nur Zehnter wurde, zertrümmerte der Weltmeister sein Fahrerzimmer in der Mercedes-Hospitality.
"Da war ich dabei", bestätigt Lauda den Zwischenfall. "Lewis hat gesagt, ich darf hier nicht hineingehen, er zertrümmert jetzt alles. Der Weichspüler war also nur eine Lügengeschichte." Hamilton muss den finanziellen Schaden laut Aussage von Lauda aus eigener Tasche bezahlen. Aber was war der genaue Grund für die aufgestaute Wut, die sich auf diese Weise entladen musste? "Weil er in die Mauer gefahren ist", begründet Lauda.
Dass der Zwischenfall bisher nicht in den Medien transportiert wurde, obwohl das eine jener Storys ist, die das Interesse an der Formel 1 zweifellos ankurbeln würden, begründet Lauda folgendermaßen: "Lewis hat sich gedacht, was mache ich jetzt? Da gehen sie wieder alle auf mich los. Also schalte ich den Weichspüler ein. Einfach damit er Ruhe hat." Damit dürfte es nun vorbei sein. Denn die Harmonie-Beteuerungen nimmt Mercedes nun wohl keiner mehr ab...