• 10. Mai 2016 · 13:12 Uhr

Diamanten, Gurus, MCJ04: Rosberg zeigt uns seinen Silberpfeil

Der Mercedes-Star gibt exklusive Einblicke rund um den W07: Nico Roberg erklärt, warum er nicht alles versteht und er zum Smartphone-Programmierer geworden ist

(Motorsport-Total.com) - Als Nico Rosberg durch die Mercedes-Box stiefelt und über seinen Dienstwagen spricht, hebt sich seine Stimme - nicht nur, weil die Fans vor den heiligen Hallen im laut zujubeln. Der WM-Leader lacht und staunt. Ihm ist die Begeisterung für den W07 anzumerken, als er mit Fingerzeigen um sich werfend den Silberpfeil umrundet. Rosberg erklärt technische Details, die sonst verborgen bleiben, mit dem Glanz von Kinderaugen, die gerade eine Tüte Süßigkeiten erspäht haben, im Gesicht.

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Nico Rosberg und unser Mitarbeiter Dieter Rencken beim Rundgang um den W07 Zoom Download

Wir sind bei der exklusiven Führung um das Auto am Rande des Russland-Grand-Prix in Sotschi dabei. Rosberg steht vor seinem Auto und zeigt auf den Frontflügel. "Schaut mal, wie klein der Ansatz ist", sagt er über die Verbindung zur Nase. "Da kann man einen Kleinwagen draufstellen." Es ist nicht zu überhören, wie sehr die Technik ihn in ihren Bann zieht. Auch über die neuesten Updates weiß er genau Bescheid und deutet in Richtung der aufgefächerten Elemente an der Seite.

"Dann hast du kleinere Winkel und die Luft bleibt länger kleben", erläutert Rosberg und zeichnet mit seiner Hand den Luftstrom über das Auto nach. Doch auch ein Formel-1-Pilot stößt an seine Grenzen, wenn es um das komplizierte Thema Aerodynamik geht. Identifizieren kann er die winzig kleinen Detailveränderungen, die Mercedes bei den in der Königsklasse viel zitierten "Update-Paketen" vornimmt, selbst nicht. "Ich könnte es nicht erkennen", räumt Rosberg kopfschüttelnd ein.

Selbst programmiert: Am Lenkrad ist nicht Hamilton

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Der Frontflügel des Mercedes: Hier kann ein Kleinwagen parken Zoom Download

Kein Grund zur Sorge: Funktionen, die ihn im Rennen schneller machen, kennt der Wiesbadener. Kameras, die die Temperatur der Reifen an fünf verschiedenen Stellen messen. Ein Ansatzpunkt für einen Schnellschrauber, um die Neigung des Frontflügels beim Boxenstopps anzupassen und so für mehr oder weniger Abtrieb zu sorgen. "Wenn ich sage, meine Balance sei schlecht, lässt er sich hier verstellen", so Rosberg. Am meisten beschäftigt er sich aber nicht nur während der Grands Prix mit einem anderen Bauteil, das sein Schicksal buchstäblich in seine Hände legt: das Lenkrad.

Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, sich im Teamduell einen technischen Vorteil gegenüber Lewis Hamilton zu verschaffen. Schließlich legt Mercedes mit seinen internen Regeln fest, dass die beiden Rivalen identisches Material zur Verfügung haben. Doch wer beharrlich tüftelt, hat die Nase vorne: "Das Lenkrad ist komplett anders als das von Lewis, es ist komplett anders gebaut", meint Rosberg, "alle Farben, alle Funktionen, auch das Display." Das hat auch mit neuen Regeln zu tun.

Warum beim Einsteigen meistens etwas zu Bruch geht

Seit Beginn der Saison sind viele Informationen im Funk tabu, Rosberg und seine Kollegen müssen sie sich über die Computer im Auto selbst besorgen. Um das schnellstmöglich zu bewerkstelligen, ist alles auf die Bedürfnisse des Piloten ausgerichtet. "Wie ein leeres Smartphone", sagt Rosberg über das Farbdisplay in Mitte des Lenkrads, das an ein modernes Handy erinnert, und von Mercedes auf Basis der Einheitselektronik selbst programmiert wurde. Dafür waren Hausaufgaben nötig.

"Ich konnte sagen, welche Zahlen ich wie und wie groß drauf haben möchte, in welchen Farben. Das musste ich komplett programmieren." Optimiert wird die Darstellung laufend weiter - so wie der gesamte W07 immer Baustelle ist. Und das nicht nur wegen der Entwicklung, sondern weil öfter als vielleicht vermutet Dinge zu Bruch gehen. Beispiel Einsteigen: "Wenn ich ins Cockpit klettere - da hat es auch schon mal geknackt und es musste etwas repariert werden. Aber das wird auch erwartet", sagt Rosberg. Es sind einfach zu viel Kleinteile ringsherum ans Chassis geschraubt.

Materialien aus der Raumfahrt: Auch für Rosberg zu hoch

Deshalb ist das Cockpit an diesem Tag auch für die Journalisten Sperrzone - selbst wenn Rosberg im Prinzip nichts gegen Besucher seines Arbeitsplatzes einzuwenden hat. Es sei denn, ihre Visite bleibt nicht spurlos. So wie beim Australien-Grand-Prix: "Kürzlich hatte ich einen Gast, der eingestiegen ist." Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dabei ein Teil geknackt hatte. Es fiel mitten im Rennen runter Bei der übrigen Rosberg-Führung bleibt alles heil.

Er deutet weiter munter auf die verschiedensten Komponenten seines W07. Erst die Trinkflasche: "Warum die so ein riesiges schwarzes Teil drumherum hat? Keine Ahnung", kratzt Rosberg sich am Kopf und denkt an eine Isolierung. "Vielleicht, damit es nicht so warm wird." Dann wandern seine Augen weiter auf die Motorabdeckung. "Wir haben die 1.000 PS durchbrochen", lacht Rosberg und lässt die Presse kurz glauben, er hätte ein gut gehütetes Geheimnis ausgeplaudert: "War ein Scherz."

Was ein britischer TV-Guru im Cockpit zu suchen hat

Die V6-Hybridtechnik lässt einem Profirennfahrer den Mund offen stehen. "Die Materialen haben Namen, die ich in meinem Leben nie gehört habe... MCJ04... und das ist anscheinend ein Metall", wundert er sich. "Verrückte Sachen, es wird mit Diamanten rumgespielt." Was dem Laien am TV-Bildschirm kaum zu verständlich zu machen ist, bleibt stellenweise selbst für Rosberg ein Buch mit sieben Siegeln. "Ich kenne Grundlagen", bemerkt er über die Antriebstechnologie und kapituliert: "Die Details sind auf einem Technologielevel, von dem wir nur träumen können."

In seiner Stimme schwingt Bewunderung mit, aber auch eine Menge Stolz. Rosberg versteht sich als Teil der knapp 800 Mitarbeiter starken Mannschaft, die in Brackley, in Brixworth und an den Rennwochenenden für den Erfolg schuftet. "Unsere Haifsichschuppen sind revolutionär", ruft er seinen Zuhörern zu und grinst über beide Backen. "Die Detailarbeit sieht gigantisch aus. Vor fünf Jahren waren wir in Sachen Aerodynamik nicht führend, jetzt sind wir auch hier die Besten."

Dank an die treuen Mechaniker: In Sotschi fuhr er mit einem Aufkleber des britischen TV-Gurus Derrick Evans. Die Idee, den exzentrischen Fitness-Experten aus Jamaika mit Motivationskursen im Frühstücksfernsehen (oft in knallbunten und hautengen Fitnessanzügen) im Cockpit zu verewigen, war die seiner "Jungs", wie Rosberg sagt. "Gerne" hätte er ihnen diesen Gefallen getan. Und auch diese revolutionäre Idee schlug bombastisch ein.

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