• 03. November 2015 · 13:24 Uhr

BoP: Was Oscar Pistorius mit der Formel 1 2017 zu tun hat

Von Oscar Pistorius und den 1988er-Turbos: Mercedes-Sportchef Toto Wolff zweifelt an einer BoP für die Formel 1, FIA-Präsident Jean Todt hält sie für möglich

(Motorsport-Total.com) - Sollten die FIA und Bernie Ecclestone ihren Plan, ab 2017 eine kostengünstige Alternative zu den aktuellen Hybridantrieben einzuführen, durchbekommen, würde das gleichzeitig eine Regelreform in der Formel 1 erforderlich machen. Schließlich müsste man die unterschiedlichen Motorenformate für einen ausgeglichenen sportlichen Wettbewerb auf einem ähnlichen Leistungsniveau reglementieren. Das Zauberwort dafür heißt Balance of Performance, oder kurz BoP.

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FIA-Präsident Jean Todt glaubt, dass eine BoP in der Formel 1 funktionieren kann Zoom Download

Konkret: Für den neuen Motor ohne Hybridkomponente, mutmaßlich einen 2,2-Liter-V6-Biturbo, müssten Grenzen definiert werden, damit er unterm Strich auf die gesamte Saison gesehen in etwa gleich attraktiv ist wie ein aktueller Mercedes-, Ferrari-, Renault- oder Honda-Antrieb. Keine einfache Aufgabe, denn unterschiedliche Motorenformate haben auf unterschiedlichen Strecken ganz unterschiedliche Vor- und Nachteile.

So ist es für den Hybridmotor beispielsweise auf Strecken wie Silverstone, wo über eine lange Distanz der Runde nie gebremst wird, schwer, den Energiespeicher aufzuladen. Solche und andere Faktoren gilt es auszubalancieren, und dafür müsste man eine BoP einführen. Doch eine BoP hat schon in vielen Rennserien für Streitereien gesorgt, weil sich der eine Hersteller gegenüber dem anderen benachteiligt fühlt - je nach Einstufung seitens des Verbandes.

Wolff kein Freund einer Formel-1-BoP

"Ich bin kein Freund davon", erklärt Mercedes-Sportchef Toto Wolff. "Ich glaube, dass es sehr schwierig wird, im Formel-1-Reglement eine funktionierende Balance of Performance zu implementieren." So wie letztmals im Jahr 2006, als eigentlich schon 2,4-Liter-V8-Motoren vorgesehen waren, Toro Rosso aber noch mit einem 3,0-Liter-V10 von Cosworth fahren durfte - allerdings mit maximal 16.700 Umdrehungen pro Minute.

Oder im (vorerst) letzten Jahr der Turbo-Ära in der Formel 1, 1988. Damals wurden die Turbos von der FIA mit Umluftventilen von 4,0 bar im Jahr zuvor auf einen Ladedruck von maximal 2,5 bar heruntergeregelt, und die Größe des Benzintanks wurde auf 150 Liter beschränkt. Ein Saugmotor durfte hingegen 215 Liter verbrauchen. Diese BoP diente im Übergangsjahr 1988 dazu, einen fließenden Übergang zum Turbo-Verbot ab 1989 zu schaffen.


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Weltweit prominentestes Beispiel für eine BoP ist vermutlich der beinamputierte Sprinter Oscar Pistorius, dessen Prothesen vor seinem Antreten bei den Olympischen Spielen 2012 in London so gebaut werden mussten, dass er möglichst keinen Vorteil gegenüber gesunden Beinen haben konnte. Pistorius lief, unter weltweitem Medienrummel, als erster Paralympics-Sportler bei den Spielen für körperlich nicht beeinträchtigte Menschen mit.

FIA-Präsident Jean Todt ist zuversichtlich, im Fall des Falles auch in der Formel 1 eine ausgewogene BoP erreichen zu können: "Ich bin kein Ingenieur. Aber ich bin umgeben von guten Ingenieuren", sagt er und hält fest: "Wir wissen, dass wir die richtige Balance of Performance erreichen können. In der WEC haben wir das auch geschafft. Wir haben dort drei Hersteller, die mit drei unterschiedlichen Motoren antreten."

Le Mans macht's vor

In der Langstrecken-WM (WEC) und bei den 24 Stunden von Le Mans treten in der Königsklasse LMP1 drei völlig unterschiedliche Antriebsformate gegeneinander an. Toyota fährt mit einem 3,7-Liter-V8 mit 480 PS starkem Elektromotor, Audi mit einem 4,0-Liter-V6-Turbodiesel mit 272 Elektro-PS und der aktuelle Le-Mans-Sieger Porsche mit einem 2,0-Liter-V4 mit 400 Elektro-PS. Je nach Hybridklasse werden die drei Hersteller unterschiedlich eingestuft.

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Der Mercedes-Motor kostet für Kunden rund 25 Millionen Euro pro Saison Zoom Download

So oder so: Unterschiedliche Motorenformate in der Formel 1 würden zumindest für ein breiteres Klangspektrum sorgen. "Die Mischung war früher gut", sagt der ehemalige Grand-Prix-Pilot Gerhard Berger im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Einer hatte einen Cosworth-Achtzylinder, ein anderer einen Zehnzylinder, wir bei Ferrari einen V12. Du hast einfach gehört, wer kommt: ein McLaren-Honda, ein Ferrari oder ein Benetton-Ford."

Übrigens: Wenn die Herren Todt & Co. von einer BoP sprechen, ist dies eigentlich nicht ganz korrekt. Denn der Begriff BoP wird im Motorsport-Fachjargon normalerweise dann verwendet, wenn Reglementierungen über das Gesamtpaket hinweg greifen. Wenn nur der Antrieb betroffen ist, wie in der Formel 1 geplant, dann wäre eigentlich der Begriff Equivalence of Technology (EoT) korrekt. Aber das könnte man Haarspalterei nennen...

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