• 26. August 2015 · 10:40 Uhr

Geschlossene Cockpits: FIA fühlt zwei Varianten auf den Zahn

Prüfstands-Testläufe für Bügelkonstruktionen, die den Kopf des Piloten gegen Trümmerteile schützen sollen - Kampfjet-Kuppeln wurden vorerst eingemottet

(Motorsport-Total.com) - Ob IndyCar-Pilot Justin Wilson am vergangenen Wochenende in Pocono, der vor wenigen Wochen an den Folgen seines Suzuka-Unfalls verstorbene Jules Bianchi oder Formel-2-Youngster Henry Surtees in Brands Hatch: Viele tödliche Unfälle im Monoposto-Sport sind auf die Architektur der Autos mit ihren offenen Cockpits zurückzuführen. Genau deshalb forciert die FIA ihre Pläne, die Formel-1-Boliden mit geschlossenem Design zu versehen. Laut 'Motorsport.com' stehen erste Tests kurz bevor.

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Offen für alles: So viel Freiheit sollen Piloten künftig nicht mehr genießen Zoom Download

Auf der Agenda des Motorsport-Weltverbandes befinden sich schon im September zwei Varianten - und das nicht erst seit dem Bianchi-Crash. Die nach Unfällen häufig diskutierte Cockpitkanzel, die als Patentweg auf dem Pfad der Sicherheit galt, ist nicht dabei. "Wir arbeiten daran seit einigen Jahren und haben eine Reihe von Lösungen vorgeschlagen, wobei einige erfolgreicher waren als andere", erinnert sich FIA-Rennleiter Charlie Whiting im Gespräch mit 'Autosport' und fügt an: "Es liegen zwei Lösungen auf dem Tisch."

Die erste kommt von Mercedes. "Sie überdacht den Fahrer nicht, sodass er sich weiter bergen lässt", erklärt Whiting. Die Rede ist von einer Konstruktion, die einem Bogen auf einer Höhe knapp unter der Airbox gleicht und an den Seitenwänden des Cockpits endet. Mittig vor dem Fahrer wird sie von einem Federstahlbügel getragen. Eine weitere Option sind verschieden hohe Bügel rund um die Cockpitumrandung, die Trümmerteile vom Kopf des Piloten abhalten sollen, ohne die Sicht zu beeinträchtigen. Die Winkel sollen so gestaltet sein, dass der Schutz für den Piloten unsichtbar bleibt.

FIA hat Bedenken: Kuppel als tödliche Falle

Bei den anstehenden Tests nimmt die FIA die mit Dummys besetzen Autos im wahrsten Sinne des Wortes unter Beschuss: Die Konstruktion wird mit einem kompletten Rad samt Reifen beschossen und die Schutzwirkung überprüft. Whiting spricht von "verdammt harter Arbeit", Unmengen an Forschung und langer Entwicklungszeit, die in dem Projekt stecken würde. An eine Umsetzung der futuristischen Konzepte glaubt der Brite fest: "Ich sehe den Tag, an dem es kommt", schwärmt Whiting.


Fotostrecke: Unfall von Jules Bianchi

Er hofft auf ein Plus an Sicherheit im Motorsport und sagt: "Eines Tages gibt es etwas, das das Verletzungsrisiko für die Fahrer senkt." Die Cockpitkanzel ist das nach aktuellem Stand nicht: "Wir hatten den Ansatz, es wie bei Piloten in Kampfjets zu handhaben, aber die Nachteile überwogen die Vorteile." Das Hauptproblem ist die erschwerte Bergung, die sich zum Verhängnis entwickeln kann, wenn Minuten über die Überlebenschancen entscheiden. Eine deformierte Kuppel könnte zur tödlichen Falle werden.

Rennleiter Whiting macht Druck: "Müssen etwas tun"

Für die von der Luftfahrt inspirierte Alternative spricht die uneingeschränkte Sicht, die sie dem Fahrer erlaubt. "Wir haben auch an ziemlich hässliche Überrollbügel gedacht, die vor dem Piloten platziert werden sollten, aber damit lässt es sich nicht fahren - da sie nicht durchsichtig sind", meint Whiting über eine weitere Variante und macht klar, dass ein finales Design lange nicht entwickelt ist: "Ob der Schutz gegen heranfliegende Objekte so gut ist wie bei einem Kampfjet, bezweifele ich. Wir müssen aber etwas tun, selbst wenn es nicht unter allen Umständen zu 100 Prozent schützt", fordert der FIA-Rennleiter.

"Es muss doch gehen."Ex-Marussia-Pilot Chilton über Kampfjet-Cockpits
Anders sieht die Sache Max Chilton, Ex-Teamkollege des tödlich verunglückten Bianchi und in der Langstrecken-WM (WEC) mittlerweile mit Dach über dem Kopf unterwegs. Er sagt 'Sky Sports F1': "Klar, bei einem geschlossenen Cockpit ist der Nachteil, dass es bei einem Unfall schwierig ist, herauszukommen. Trotzdem glaube ich, dass sich etwas machen ließe. Dass es doch geht."

Er erkennt das Risiko eher in der seitens der FIA offenbar für testreif befundenen Mercedes-Konstruktion und glaubt, dass der Kopf durch den Federstahlbügel erst recht in Gefahr gerät: "Der Bumerang bei einer mittigen Strebe ist: Es gibt Unfälle, speziell den von Jules, bei denen ich nicht glaube, dass sie dem Aufprall gewachsen wäre. Deshalb ist für mich die Kuppel der richtige Weg."

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