Pirelli vs. Michelin: Das Rennen um die Formel 1

Analyse des Reifenkriegs hinter den Kulissen der Formel 1: Was alles für Pirelli spricht, und warum Michelin doch eine interessante Alternative sein könnte

(Motorsport-Total.com) - Auf der Rennstrecke gab es in der Formel 1 zuletzt in der Saison 2006 einen Reifenkrieg, ehe sich Michelin, unter anderem als Nachwirkung des Indianapolis-Skandals von 2005, aus der Serie zurückzog und Bridgestone das Feld überlies. Seitdem gibt es in der Formel 1 Einheitsreifen, allerdings tobt nun ein neuer Reifenkrieg - hinter den Kulissen.

Michelin möchte 2017 in die Formel 1 zurückkehren

Im Zuge der Ausschreibung des Automobil-Weltverbands FIA hat sich neben dem aktuellen Reifenlieferanten Pirelli auch Michelin darum beworben, die Formel 1 im Zeitraum von 2017 bis 2019 mit Pneus zu beliefern. Auf Empfehlung des Inhabers der kommerziellen Rechte soll der Motorsportweltrat der FIA noch in diesem Jahr eine Entscheidung treffen. Wenn nicht auf seiner Sitzung am 30. September in Paris, dann spätestens im Dezember bei einer Fax-Abstimmung.

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Einige Argumente sprechen dafür, dass die Formel 1 auch nach 2016 auf Reifen von Pirelli fahren wird. Das Unternehmen aus Mailand ist seit Jahren eine bekannte Größe im Fahrerlager und nach dem Ausstieg von Bridgestone Ende 2010 als einziger Bewerber für die Nachfolge der Japaner so etwas wie der Retter in der Not.

Pirelli liefert, was die Formel 1 verlangt

Zudem war Pirelli bisher ein pflegeleichter Reifenlieferant, denn die Philosophie des Unternehmens ist, den Kunden das zu liefern, was sie verlangen - innerhalb eines sicheren Rahmens. Egal, ob die Formel 1 Reifen verlangen würde, die drei Rennen lang halten oder solche, die so stark abbauen, dass pro Rennen zehn Stopps notwendig wären: Pirelli würde den passenden Reifen anbieten.

Pirelli ist seit 2011 Alleinausrüster der Formel 1

Michelin hingegen, das hat Motorsportchef Pascal Couasnon bereits deutlich klargemacht, hat seine eigenen Vorstellungen davon, welche Reifen man der Formel 1 liefern wolle. Ein Festhalten an den aktuellen 13-Zoll-Rädern sei mit Michelin nicht zu machen, hatten die Franzosen verlautbaren lassen.

Die Franzosen könnten allerdings auch gewichtige Argumente in die Waagschale werfen. Michelin ist nach Bridgestone der zweitgrößte Reifenhersteller der Welt und hat daher wirtschaftlich ganz andere Möglichkeiten als Pirelli. Während die Teams aktuell bei Pirelli für die Reifen bezahlen müssen, könnte Michelin sie durchaus kostenlos zur Verfügung stellen oder sich an den Kosten von Tests beteiligen.

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2016 könnte ein Übergangsjahr werden

Beim Engagement in den Top-Klassen des Motorsports geht es den Reifenherstellern jedoch nicht nur um den unmittelbaren Werbewert, von Interesse sind auch die Kontakte zu Automobilherstellern und Vereinbarung über die Werksausstattung der Straßenfahrzeuge. Das war vor allem in der letzten Ära von Michelin von Bedeutung, welche mit Rennställen von Toyota, Renault, Honda, Ford (über Jaguar) oder BMW die Hochphase der Werksteams war.

Pirelli präsentiert die Formel-1-Saison 2015

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Reifenhersteller Pirelli erklärt die technischen Änderungen in der Formel-1-Saison 2015 und präsentiert die neuen Reifen Weitere Formel-1-Videos

Durch sein Engagement in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) hat Michelin zwar bereits enge Verbindungen zu den dort teilnehmenden Herstellern Audi, Porsche, Toyota und Nissan, allerdings ist die wirtschaftlich wichtigste Rennserie weiterhin die Formel 1. Wer auch immer den Zuschlag erhält, Pirelli oder Michelin, auf den kommen einige Herausforderungen zu. Denn nach derzeitigem Stand wird 2017 ein neues Technisches Reglement eingeführt, das auch breitere Reifen vorsieht.

Auch mit der mangelnden Synchronität zwischen kommerziellen Verträgen und Geltungsdauer des Reglements könnte sich die FIA auch in der nachfolgenden Periode ein Bein stellen. Würde an einer dreijährigen Vertragsdauer festgehalten, könnte im Zeitraum 2020 bis 2022 eine weitere Regelnovelle auf den Reifenhersteller zukommen. Denn das aktuelle Motorenreglement ist nur bis Ende 2020 festgeschrieben.